Im Bann der Sinne
seinen Schoß. „Nun mach schon."
Zögernd gehorchte er - und erstarrte, als er mehrere Stücke Leinwand, Pinsel und Farbtuben sah.
„Ich weiß, du hast viel zu tun", erklärte Jasmine eifrig. „Aber sicher findest du doch eine Stunde Zeit am Tag? Stell dir vor, du tust es für dein Land."
Er hob fragend eine Braue.
„Nun ja, ein Workaholic als Scheich wird auf die Dauer seinem Volk nicht von großem Nutzen sein, da der Stress ihn krank machen wird", verkündete Jasmine strahlend. „Du hast früher doch auch gemalt, um dich von der Anspannung des Tages zu befreien. Warum willst du es nicht wieder versuchen?"
„Meine Pflichten ..."
Jasmine legte ihm eine Hand auf die Lippen. „Eine Stunde. Das ist doch nicht zu viel?
Und ich helfe dir."
„Wie?"
„Ich bin sicher, ich kann dir einen Teil der Last abnehmen. Mich um die Ablage kümmern? Berichte lesen und zusammenfassen? Ich bin intelligent, weißt du?"
Er schmunzelte. „Ich weiß, Mina. Na schön, du darfst mir helfen, und du darfst mir auch Modell sitzen."
„Du willst mich malen?" Sie küsste ihn auf die Wange, glücklich über seine positive Reaktion, und sprang von seinem Schoß. „Ich habe auch eine Staffelei gekauft." Sie sammelte die Malutensilien wieder ein. „Ich bringe alles in mein Studio, und dann komme ich wieder und helfe dir."
So kam es, dass sie den Rest des Tages mit Tariq verbrachte und Berichte las, um sie anschließend zusammenzufassen. Er hatte ihr freigestellt, jederzeit zu gehen, wenn es ihr zu viel werden sollte, aber wenn sie sich die Stapel ansah, die er zu bewältigen hatte, konnte sie ihn gar nicht damit allein lassen.
Einer der Berichte schockierte sie. „Tariq?"
Er hob den Kopf, überrascht über ihren scharfen Ton.
„Hier steht, der Scheich kann mehr als eine Frau haben?" Ihre Brauen waren dicht zusammengezogen.
Tariqs Mundwinkel zuckten. „Ein uraltes Gesetz."
„Wie uralt?" Auf keinen Fall würde sie ihren Ehemann teilen. Niemals.
„Sehr. Praktisch ein archaisches Relikt. Sowohl mein Großvater als auch mein Vater hatten nur eine Frau."
„Und dein Urgroßvater?"
„Vier."
Sah sie da so etwas wie Belustigung in seinem Blick?
„Mach dir keine Sorgen. Ich glaube nicht, dass ich Kraft für mehr als eine Frau habe."
„Ich werde dafür sorgen, dass dieses Gesetz abgeschafft wird."
„Die Frauen von Zulheil würden es dir danken. Es gilt nur für den Scheich, aber manche halten dieses Gesetz für nicht sehr geeignet, um unserem Land ein modernes, fortschrittliches Image zu geben."
Jasmine nickte. Sein trockener Kommentar hatte sie ein wenig beruhigt. Mit einer zweiten Ehefrau würde sie sich also nicht herumärgern müssen. Sie machte sich wieder an die Arbeit. Ihrem Mann auf diese Weise beistehen zu können, war auf eine stille, ruhige Art sehr erfüllend, fand sie.
„Genug, Mina." Tariq stand auf und streckte sich. „Hoffentlich bereust du dein Angebot nicht. Ich finde, du machst das ausgezeichnet. Ich werde deine Hilfe von jetzt an oft anfordern."
Strahlend legte Jasmine ihre Hand in seine. „Gut. Und jetzt lass uns gehen, bevor jemand anders dich mir wegnimmt."
Heute war ihr zum ersten Mal aufgefallen, wie viele Menschen glaubten, Tariq sei der einzige Schlüssel zur Lösung ihrer Probleme. Oft kamen sie persönlich. Hiraz und Mumtaz fingen die meisten ab, aber manche waren sehr beharrlich. Jasmine fand diese offene Form der Regierung immer wieder erstaunlich. In diesem kleinen, spärlich bevölkerten Land schien das System jedenfalls sehr gut zu funktionieren.
„Würdest du mich denn beschützen, Jasmine?", fragte er und schmunzelte, denn er war praktisch doppelt so groß wie sie.
„Ich denke, du brauchst jemanden, der dich abschirmt. Mumtaz und Hiraz haben Probleme damit, weil sie nicht als Mitglieder der Königsfamilie gelten", erklärte Jasmine ernsthaft. „Ich aber schon. Ich könnte die meisten Dinge, deretwegen die Leute zu dir kommen, regeln, ohne dass du überhaupt damit belangt wirst. Du hättest dann den Kopf frei für wichtigere Dinge."
Tariq war plötzlich ganz still und blickte sie nachdenklich an.
„Ich meine, natürlich nur, wenn du möchtest." Plötzlich war sie sich ihrer selbst wieder unsicher. „Ich weiß, ich bin Ausländerin und ..." Rasch schob sie den Gedanken an ihr hässliches Geheimnis beiseite. Nicht jetzt daran denken, wo ihr Mann sie mit einem Blick bedachte, der geradezu zärtlich war.
Tariq legte einen Finger auf ihre Lippen. „Du bist meine Frau.
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