Im Bann der Sinne
- er liebte seine maman, doch er wünschte keinem Kind eine Mutter mit einem solchen Lebensstil.
Vor Charlotte hatte noch keine Frau auch nur annähernd den Weg zu seinem Herzen gefunden. Aber durfte er sie überhaupt mit seiner Vergangenheit belasten? Sie war so frisch wie der Morgentau - warum sollte er ihr die Träume von Liebe und Treue nehmen?
Er holte tief Luft und verdrängte die unerwartet auf ihn einstürzenden Fragen.
Dieser Abend war für sie. Und auch er würde ihn genießen. Er war fasziniert von der Vorstellung, mit dieser bezaubernden Frau einen romantischen Abend im Mondschein zu verleben. „Sieh nach vorn, meine kleine, unschuldige Charlotte."
„Hör auf damit, du ... oh ... Es sieht aus wie eine ... Wiese? Wie hast du sie gefunden?" Ihr Blick wanderte über das frische Gras, das im Mondlicht silbern schimmerte.
„Ich bin ein Zauberkünstler, chérie. Ich kenne viele Dinge."
Charlotte war begeistert von der Schönheit der Natur. Die Wiese mit den bunten Frühlingsblumen, die jetzt am Abend ihre Blüten geschlossen hatten, war ein Traum.
Ihr Traum. Kaum hielt der Wagen, löste sie ihren Sicherheitsgurt und wollte aussteigen.
„Warte, ich öffne dir die Tür."
Überrascht beobachtete sie, wie er ausstieg, um den Wagen herumging und ihr die Tür aufhielt. „Es gibt also immer noch Kavaliere", stellte sie entzückt fest und stieg aus.
Er schloss die Tür und nahm ihre Hand. „Du hast es verdient, Charlotte."
Sie liebte es, wie er ihren Namen aussprach. Aus seinem Mund klang er so wundervoll exotisch. „Ich wollte immer einen Lakota-Sioux-Namen", vertraute sie ihm an. „Meine Mutter hieß Mary Little Dove - ist das nicht ein schöner Name?"
Er neigte den Kopf zur Seite. „Bist du eine Sioux?"
„Meine Mutter war eine Oglala Lakota Sioux." Walker hatte ihr das erzählt, als sie ihn gefragt hatte, warum sie anders als die anderen Ashtons aussahen.
„Ich weiß leider nicht viel über den Stamm."
Sie lächelte schwach. „Ich auch nicht. Ich bin mit meinen Cousinen aufgewachsen.
Und niemand hielt es für notwendig, mir von der Familie meiner Mutter zu erzählen."
Er legte die Arme um ihre Taille. „Vielleicht solltest du versuchen, mehr über deine Abstammung herauszufinden."
Sie spürte, dass sie Alexandre vertrauen konnte. „Ich habe gehört, dass der Stamm meiner Mutter sehr abgeschirmt lebt und es äußerst schwer ist, das Vertrauen der Stammesangehörigen zu gewinnen. Was ist, wenn ... wenn sie nicht mit mir sprechen wollen?"
Alexandre runzelte die Stirn. „Warum sollten sie dich zurückweisen? Du bist eine von ihnen."
„Das ist ja das Problem. Ich gehöre nicht zu den Sioux ... und auch nicht hierher. Ich stehe mittendrin, gehöre nirgendwo hin." Bestürzt darüber, wie viel von ihrem tief sitzenden Schmerz sie mit ihren Worten verraten hatte, sprach sie nicht weiter. „Tut mir leid ..."
„Es muss dir nicht leidtun, dass du mir vertraut hast." Alexandre küsste sie. Es war eine unglaublich zärtliche Geste. „Anstatt das Gefühl zu haben, dass du nirgendwo zu Hause bist, solltest du dich vielleicht darüber freuen, zwei Welten anzugehören."
„Ich werde darüber nachdenken. Aber nicht heute Abend. Dieser Abend gehört uns."
Seine dunklen Augen strahlten. „Ich hole die Decke und den Picknickkorb."
Als sie über die Wiese zu einem der großen Bäume wanderten, dachte Alexandre über Charlottes Worte nach. Sie und ihre Blumen gehörten so sehr auf das Anwesen der Ashtons, dass er nie auf die Idee gekommen wäre, dass sie sich dort nicht zu Hause fühlte. Und doch, jetzt, wo er so darüber nachdachte, erkannte er, wie anders sie war. Einzigartig.
Es lag nicht nur an ihrem atemberaubenden exotischen Aussehen.
Diese langen, blauschwarzen Haare, die dunklen Augen, der honigfarbene Teint - in allem unterschied sie sich von den vornehmen Ashtons. Vor allem in ihrer Persönlichkeit, in ihrem Wesen.
Sie liebte die Pflanzen mehr als die Menschen, fuhr lieber Fahrrad als ein protziges Auto und strahlte eine Unschuld aus, die eigentlich gar nicht in die Welt passte, in der sie aufgewachsen war. Charlotte hatte etwas Reines, Unverbrauchtes an sich, eine innere Schönheit und Sinnlichkeit, die ihn mit jedem Moment, den er mit ihr verbrachte, mehr reizte.
Er stellte den Korb unter den Baum und breitete die Decke aus. „Setz dich, ma belle.
Heute Abend bedient der edle Ritter die schöne Prinzessin."
Trotz des schummerigen Lichts sah er, dass sie leicht errötete.
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