Im Bann der Sinne
steht darin?"
„Nur dass sie vielleicht in ein, zwei Wochen nach Auckland kommt und dann mit mir Kontakt aufnimmt. Iss." Sie winkte ab und steckte den Umschlag in die Gesäßtasche ihrer Jeans.
Caleb überlegte, ob Vicki wirklich so unbeschwert war, wie sie sich gab. Danica Wentworths seltene Besuche wühlten Vicki in der Regel immer ziemlich auf. Mehr als einmal hatte er versucht, mit ihr
darüber zu reden. Aber das wehrte sie jedes Mal mit einer Heftigkeit ab, die dafür sprach, wie verletzt sie war, und er war nie weiter in sie gedrungen. Auch in seiner Vergangenheit gab es Dinge, über die er absolut nicht sprechen wollte.
Er hatte Verständnis für Vickis Zurückhaltung. Welches Kind würde sich an eine Mutter erinnern wollen, die es wegen eines Liebhabers im Stich gelassen hatte?
Obwohl dieser Mann dann eine andere geheiratet hatte, führte Danica bis zum heutigen Tag mit ihm eine Beziehung. Sie hatte ihn nie verlassen, wie sie damals ihre vier Jahre alte Tochter verlassen hatte. Schlimmer, sie hatte Vicki der Mutter ihres Exmannes anvertraut, einer Frau, die so mütterlich war wie eine Schlange.
Vicki warf ihm einen neugierigen Blick zu, weil er sie nachdenklich ansah. „Was ist denn?"
„Nichts." Zumindest nichts, das er jetzt in Worte fassen konnte.
Gern wäre er jetzt zu ihr gegangen, hätte Vicki in die Arme genommen und ihr gezeigt, was er für sie empfand. Danach sehnte er sich schon eine Ewigkeit. Aber er hielt sich zurück, weil er wusste, dass sie diesen Vorstoß nicht begrüßen würde.
„Gehst du heute ins Gericht?" Sie musterte seinen schwarzen Anzug und ging zu seiner Überraschung zu ihm, um seinen Hemdkragen zu richten. Ihr zarter Duft stieg ihm in die Nase.
Caleb nickte und bemühte sich, nicht so verblüfft auszusehen, wie er war. Vicki berührte ihn äußerst selten von sich aus. „Der Fall Dixon gegen McDonald."
Ihre Blicke trafen sich, und Vicki ließ die Hände sinken, als wäre sie selbst überrascht. „Zwei Firmen, die sich um ein Patent streiten, richtig?" Eine zarte Röte erschien auf ihren Wangen. Sie ging wieder hinter den Tresen und nahm die Kanne, um ihm Kaffee nachzufüllen. „Glaubst du, ihr werdet gewinnen?"
„Callaghan & Associates gewinnen immer." Er lächelte, obwohl er jetzt noch mehr durcheinander war. Vicki war irgendwie völlig anders.
Obwohl sie seinem Blick auswich, lachte sie. „Was macht ihr eigentlich mit einem Patentfall? Ich dachte, das wäre ein echtes Spezialgebiet."
Wie sehr habe ich ihr Lachen vermisst! dachte Caleb. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie lange er es nicht mehr gehört hatte - schon
Monate bevor er ins Hotel gezogen war. „Wann hast du angefangen, meine Akten zu lesen?", fragte er im Plauderton, obwohl sich sein schlechtes Gewissen meldete.
Warum hatte er nicht früher bemerkt, wie unglücklich sie war? Sogar als sie mit ihrer Bitte um Scheidung seine heile Welt erschüttert hatte, war ihm das nicht klar geworden. Warum nicht? War er so beschäftigt mit seiner Arbeit, dass er darüber die Frau vergessen hatte, die er versprochen hatte zu lieben, zu achten und zu ehren?
Nach einer Weile hob sie den Kopf. „Schon immer."
„Aber du hast nie mit mir über irgendeinen Fall gesprochen." Sie hatte auch nie über die Anwaltskanzlei gesprochen, die er mit so viel Mühe und Schweiß aufgebaut hatte, obwohl sie Teil ihres gemeinsamen Lebens war. „Selbst wenn du Dinnerpartys für meine Mandanten gegeben hast, hast du kaum Fragen gestellt."
„Weil ich nicht dumm wirken wollte. Schließlich habe ich keine juristische Ausbildung. Außerdem hatte ich den Eindruck, du wolltest nie über deine Arbeit reden, wenn du nach Hause gekommen bist. Ich
dachte immer, das hätte vielleicht irgendetwas mit Vertraulichkeit zu tun.
Erstaunt über ihren unsicheren Ton sah er auf. „Du könntest nicht einmal dumm wirken, wenn du das wolltest. Außerdem hält uns die Schweigepflicht nicht davon ab, Dinge im Allgemeinen zu diskutieren, wie wir das gerade gemacht haben. Ich habe nie über meine Arbeit gesprochen, weil ich dachte, das würde dich nicht interessieren." Warum habe ich das eigentlich gedacht?, überlegte er.
Darauf fiel ihm keine Antwort ein, aber er entschied, diesen Fehler wiedergutzumachen. „Der Grund, weshalb wir in diesen Fall verwickelt sind, ist der, dass der Mandant bei Marsha Henrikkson geblieben ist, als sie in unsere Kanzlei wechselte." Marsha Henrikkson war der Name einer neuen Mitarbeiterin. „Sie ist eine sehr
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