Im Bann der Versuchung
Sie bitte, hier können wir nicht reden, Mr. Stewart", sagte sie dann, drehte sich um und ging, ohne seine Antwort abzuwarten, voraus.
„Ich sorge dafür, dass Sie nicht gestört werden, Madam", rief Mrs. Shaw.
Dougal wollte zwar nicht reden, aber er hatte auch keine Ausrede parat. Und so blieb ihm nichts anderes übrig, als ihr durch die Halle zu folgen. Sie führte ihn in die Bibliothek und schloss die Tür hinter ihm.
Deckenhohe Bücherschränke bedeckten die Wände; wohl geordnet, Lederrücken an Lederrücken, standen die Bücher in den Eichenregalen. Es war ein heller, gemütlicher Raum, durch die hohen, mit goldgelben Brokatgardinen drapierten Fenster schien die Sonne, auf dem Boden lagen dicke Teppiche in einem blau-, goldrosa Ton. Das Gemälde über dem Kamin - eine Seeszene von einem berühmten Maler, unverkennbar Innish Harbor auf Caransay - hatte zweifelsohne Margaret in Auftrag gegeben. Ein wunderschöner Raum, der mehr von der Eigentümerin zeigt, als sie wohl selber weiß, dachte Dougal.
„Sie haben einmal erzählt, dass Ihr Großvater Ihnen eine Bibliothek vermacht hat. Sie haben aber nicht erwähnt, dass sie dieses Ausmaß besitzt", begann er.
„Hätte ich das, hätten Sie nicht mehr mit mir gesprochen." Was sollte er darauf antworten?
Sie schaute auf das Päckchen in ihrer Hand, schnürte das Band auf und blickte auf ihr Lederjournal. „Sie mussten es mir nicht zurückgeben. Ich habe es Ihnen geschenkt."
„Öffnen Sie den Umschlag", befahl er.
Sie brach das Wachssiegel auf, zog ein Papier aus dem Briefumschlag und las. „Ein ... ein Scheck?"
Dougal nickte. Seit er wusste, wie vermögend sie war, war er sich nicht mehr sicher gewesen, wie sie wohl auf sein Handeln und den bescheidenen Scheck des Verlegers reagieren würde. „Ich habe Mr. Samuel. Logan vom Chambers-Street-Verlag aufgesucht. Da er ein guter Bekannter ist, nahm ich mir die Freiheit, ihm Ihr Journal zu zeigen. Er war begeistert und möchte Ihre Arbeit sehr gerne veröffentlichen - das heißt, wenn Sie einverstanden sind. Er schlägt den Titel vor Tagebuch aus den Hebriden von ..."
„Von M. MacNeill", flüsterte sie, während sie den Brief las. „Ich ... ich weiß wirklich nicht, was ich sagen soll."
Dougal zuckte mit den Schultern. „Machen Sie mit dem Angebot, was Sie wollen." Er blickte sich in der Bibliothek um, bevor er weitersprach. „Als ich dem Verleger Ihr Buch gezeigt habe, waren mir Ihre finanziellen Verhältnisse noch nicht bekannt. Jetzt weiß ich, dass die kleine Summe unbedeutend für Sie ist, aber damals dachte ich ... nun ja, ich nahm an, Sie würden sich freuen." Am liebsten wäre er davongelaufen.
„Danke, Mr. Stewart. Ich freue mich sehr", sagte sie leise und legte das dicke Lederjournal auf den polierten Tisch, den Scheck platzierte sie vorsichtig daneben. Sie schniefte leise, und erst da bemerkte Dougal, dass ihr Tränen über die Wangen liefen.
„Ich wollte Sie nicht beleidigen", erklärte er peinlich berührt. „Selbstverständlich kann ich den Scheck zurückbringen."
Margaret schüttelte weinend den Kopf. „Nein ... ich bin so überwältigt" ‚brachte sie mit Mühe heraus. „Ich hatte nie gedacht, dass meine kleinen Tagebücher so viel wert seien. Sie waren eine Freizeitbeschäftigung. Insgeheim habe ich immer davon geträumt, nur nie daran geglaubt ... aber Sie haben an mich geglaubt ... an meine Arbeit." Und mit tränenerstickter Stimme fuhr sie fort: „Sie haben sich die Zeit genommen, sie jemandem zu zeigen. Sie haben sich dafür interessiert. Wirklich interessiert."
„Natürlich." Wenn sie doch nur aufhören würde zu schluchzen, dachte er. Sie brachte ihn noch dazu, sie tröstend in den Arm zu nehmen - aber dazu durfte er sich nicht wieder hinreißen lassen. „Das ist doch kein Grund zu weinen. Ich weiß, dass es ein dummer, winziger Betrag ist."
Sie verzog das Gesicht, und die Tränen flossen hemmungslos. Behutsam strich sie über den Scheck. „Doch es ist der erste dumme, winzige Betrag, den ich für meine Arbeit bekommen habe", erklärte sie.
„Aber all dies ..." Dougal zeigte in die Runde.
„All dies ist geerbt. Ich habe es mir nicht gewünscht, nicht einmal daran gedacht, dass ich es jemals erben würde. Es waren die Umstände, die mich zur Erbin machten. Ich musste meine Heimat auf der Insel verlassen und hier leben. Doch ich habe mich hier nicht zu Hause gefühlt."
„Aber nun gehört alles Ihnen - eine riesige Verantwortung."
Sie nickte und schniefte,
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