Im Bann der Versuchung
während sie ein Taschentuch aus ihrem Ärmel zog. „Sicher", antwortete sie leise. „Aber ich habe so viele Ratgeber, Bankiers und Buchhalter, so viele Angestellte in jedem meiner Häuser, dass ich die Verantwortung nicht so sehr spüre."
„Wie viele Häuser haben Sie denn?" wollte er wissen.
„Vier. Dieses Schloss, das Stadthaus am Charlotte Square, das Landhaus auf Caransay und dann noch ein kleines, bescheidenes Haus in der Nähe von Inverness."
Sicherlich ist keines der Häuser bescheiden, dachte er, während er sie schweigend beobachtete.
Margaret legte die Hand auf das Journal. „Aber dieser dumme, winzige Betrag, wie Sie es nennen, ist ein wundervolles Geschenk. Dafür danke ich Ihnen von ganzem Herzen."
„Gern geschehen, Madam", erwiderte er steif. „Nun muss ich aber gehen. Ich will noch den Nachmittagszug nach Glasgow erreichen."
Margaret sah ihn erschrocken an. „Sie verlassen Edinburgh?"
„Ja, ich muss unbedingt zurück nach Sgeir _Caran. Ich bin schon viel zu lange hier. Während meiner Abwesenheit ist die Arbeit dort zwar weitergegangen, aber einige Dinge können erst in Angriff genommen werden, wenn ich zurück bin."
„Und der Schaden, den der Sturm kurz vor unserer Abreise angerichtet hat? Es gab wohl viel zu reparieren? Haben Sie von Mr. Clarke und Mr. Mackenzie gehört?"
„Ja. Die beiden haben inzwischen fast alles erledigt. Nur einige Arbeiten konnten noch nicht ausgeführt werden - es fehlten die Mittel. Aber diese Schwierigkeiten scheinen nun überwunden, ich hoffe es jedenfalls." Er verbeugte sich leicht. „Leben Sie wohl, Lady Strathlin." Es schmerzte, gehen zu müssen, aber es musste sein.
Margaret knüllte ihr Taschentuch in der Hand, die Augen füllten sich wieder mit Tränen. „Leben Sie wohl? Ist das alles?"
„Viel mehr gibt es nicht zu sagen.” Er kämpfte innerlich mit sich, versuchte Wut und Verlangen zu unterdrücken. „In Ihrem Leben hier ist kein Platz für einen Menschen wie mich. Das ist mir sehr bewusst. Sie haben Verpflichtungen. Deshalb gibt es nur ein „Leben Sie wohl'." Er drehte sich um und ging zur Tür, obwohl sein Herz ihm sagte: Bleib.
„Nein", befahl sie mit fester Stimme.
Er blieb stehen, sah sich aber nicht um. „Man kann mir nicht befehlen, Lady Strathlin. Ich habe mein eigenes Leben, meine eigenen Verpflichtungen."
„Was wollen Sie?" fragte sie mit brüchiger Stimme. „Was kann Sie hier halten?"
Dougal schloss die Augen und schwieg. „Nichts, Mylady", antwortete er nach einer Weile. „Nichts, was Sie besitzen."
„Ich biete Ihnen kein Geld, wenn Sie das meinen. Obwohl Sie haben können, was Sie brauchen. Nein, sagen Sie mir nur, was Sie wollen." Ihre Stimme war nur noch ein trauriges, sehnsuchtsvolles Flüstern. „Bitte, Dougal."
„Meg MacNeill", antwortete er leise. „Die will ich, die brauche ich."
Sie schwieg lange. „Und für Lady Strathlin haben Sie keine Verwendung?" flüsterte sie.
„Die Baroness ist, soweit ich weiß, mit einem Bankier verlobt." Dougal glaubte ein Wimmern hinter seinem Rücken zu hören, blickte sich jedoch nicht um, sondern schaute nur auf ihre Bücher, ihren Besitz, den Beweis ihres überwältigenden Reichtums. ;,Ich glaube nicht, dass Sie mich hier halten könnten."
„Warum müssen Sie gehen?" Ihre Stimme zitterte.
Aus verletztem Stolz, wollte er sagen. Aber das war nicht alles, es gab noch andere Gründe. Er drehte sich nicht um, denn er wusste genau, dass er sie dann in den Arm nehmen würde. All sein Stolz, all sein beharrlicher Widerstand würden dahinschmelzen. Doch er fühlte sich immer noch zu sehr verletzt, um nachzugeben. „Weil ich die Freiheit und das Risiko liebe", antwortete er schließlich. „Ja, und weil ich Stolz besitze. Adieu, Madam."
Er ging zur Tür, doch als er die Klinke in der Hand hatte, traf ihn ein Gegenstand an der Schulter. Er schaute zu Boden. Zu sei nen Füßen lag ein schmaler Lederschuh. Bevor er verwundert aufschauen konnte, traf ihn ein zweiter Schuh an der Hüfte. Dougal wirbelte herum.
Kapitel 21
M argaret saß ohne Schuhe im Sessel und löste gerade die Strumpfbänder, dann rollte sie die Seidenstrümpfe hinunter, zog sie aus und warf sie nacheinander auf den Teppich.
„Zum Teufel, was soll das?"
Wortlos stand sie auf, langte unter ihren weiten Rock und zerrte an den Bändern der Krinoline. Das unförmige Unterkleid sank zu Boden. Dann entledigte sie sich eines weißen Seidenpetticoats, eines Unterkleides aus Baumwolle und eines aus rotem
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