Im Bann der Versuchung
Mahagonitisch. „Hier saß er immer und arbeitete. Als ich noch klein war, erzählte ich ihm von unseren jungen Hunden auf Caransay oder zeigte ihm meine Bilder. Er schrieb oder las, und ich plapperte ohne Unterlass. Nach einiger Zeit befahl er mir dann zu gehen."
Sie zuckte mit den Schultern. „Ich dachte, er würde mich nicht lieben, würde mich nur aus Pflichtgefühl tolerieren, ganz besonders nach dem Tod meiner Mutter."
„Aber dann hat er dir alles vermacht. Seine Söhne waren tot. Gab es keine anderen Verwandten?"
Sie schüttelte den Kopf. „Nur entfernte Cousins. Ich war seine einzige Erbin. Und dann, als ich nach seinem Tod hierher kam, da fand ich dieses Kästchen."
„Er hat deine Briefe aufbewahrt."
„Jeden Brief, den ich ihm geschickt habe, jedes Bild, das ich für ihn gemalt habe."
„Er muss dich sehr geliebt haben. Vielleicht konnte er es nur nicht ausdrücken und hat dir deshalb all seinen Besitz vermacht."
Sie nickte, legte die Briefe zurück in das Kästchen und verschloss es wieder im Schrank. „Fast zwei. Millionen Pfund, sagte man mir bei der Testamentseröffnung, außerdem noch Titel, Liegenschaften und andere Besitztümer, allerdings nicht die Vollmacht über die Bank."
„Erstaunlich", sagte Dougal leise.
„Unverständlich für mich. Ich wollte es nicht, habe mich dagegen gewehrt. Ich wollte auf Caransay bleiben, denn dort war mein Zuhause. Aber das Testament enthielt eine unumstößliche Klausel. Ich hatte keine Wahl. Aller Besitz wäre in die Kontrolle der Bank gegangen, dieses wundervolle Haus und alle anderen Häuser wären für Lord Strathlins Nachkommen verschlossen gewesen. Ich konnte das Erbe nur als Ganzes annehmen, einschließlich des Titels, wie es ja in Schottland möglich ist. In den ersten Jahren hatte ich ungeheuer viel zu lernen. Glücklicherweise stand mir Mrs. Shaw als Lehrerin und Gesellschafterin zur Seite, und natürlich Mrs. Berry, die schon vor dem Tod meines Großvaters in den Wintermonaten auf Strathlin Castle meine Gouvernante gewesen war."
„Aha! Mrs. Berry. Die Lady, die so gern schwimmt", meinte er lächelnd.
„Auch die Bankiers und Anwälte waren hilfreich, sehr bemüht - wenn auch nicht gewohnt, mit jungen Damen außerhalb ihres Familienkreises .zu verhandeln. Aber sie kamen Lord Strathlins Wunsch nach, machten mich mit meinen Aufgaben vertraut, führten mich an der Hand wie ein Kind, das gehen lernt. Einschließlich", fügte sie hinzu und sah dabei zu Dougal auf, „einschließlich Sir Frederick."
Er nickte ein wenig ärgerlich. „Du hast bereits erwähnt, dass er dir geholfen hat."
Sie schaute zum Fenster. Tiefe Sorgenfalten standen ihr auf der Stirn. „Meine Großmütter auf Caransay glauben, die Erbschaft kam zu mir durch einen ... einen Zauber in jener Nacht, die wir zusammen auf dem Felsen verbracht haben."
„Wahrlich eine zauberhafte Nacht", murmelte er.
„Die Legende vom Kelpie von Sgeir Caran, der auf den Fels kommt, um sich seine Braut zu holen. Er beschert seiner Braut und Caransay Glück ..."Sie schwieg und blickte ihn an. Sorge und Angst las er wieder in ihren Augen, so wie schon einige Male zuvor.
Sanft strich er ihr übers Haar. „Es sieht fast so aus, als wäre an der Legende etwas Wahres."
Sie nickte. „Mir wurde sehr viel Glück beschert nach dieser Nacht auf dem Felsen, genau wie es die Legende besagt", murmelte sie.
„Obwohl dir der Kelpie gar nicht erschienen ist." Er lachte leise.
Sie lächelte nicht einmal, blieb seltsam ernst. „Meine Großmütter glauben fest daran. Und sie haben ... ihre Gründe. Dougal, ich muss dir etwas zeigen."
Sie langte mit dem Finger in den Ausschnitt ihrer karierten Bluse, zog eine kleine Goldkette heraus, an der ein Medaillon hing, und öffnete es. Zwei ovale Bilder kamen zum Vorschein.
Er sah das Ringlein aus blondem und braunem Haar, geflochten an jenem Morgen, und auf der anderen Seite das Bildnis eines strohblonden Kindes. Dougal hielt es für ein Kinderbild von ihr.
„Ja. Der Ring, ich weiß", sagte er mit rauer, leiser Stimme, zog seine Taschenuhr heraus, öffnete im doppelten Boden das Geheimfach mit dünnem Glas und hielt es ihr hin. Margaret rang nach Luft.
Unter dem Glas lag das Ringlein, das sie für ihn geflochten und ihm während des Schlafs an den Finger gesteckt hatte. „Ich habe es immer bei mir getragen", gestand er. „Es war das Einzige, was ich von dir hatte ... und doch war ich nie ganz sicher, ob es dich überhaupt gab. Ich besaß dieses hier, es
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