Im Bann der Versuchung
vergangenen sieben Jahren eine unschätzbare Hilfe gewesen. So wie Mrs. Berry heute Morgen unaufdringlich mit einem Buch in der Ecke saß, so war stets eine der beiden Frauen anwesend, wenn Margaret sich mit ihren männlichen Ratgebern und Geschäftspartnern traf.
Es klopfte an der Tür, und ein zierliches junges Zimmermädchen in grauem Kleid mit weißer Schürze und weißem Häubchen auf dem braunen Haar schaute ins Zimmer.
„Mr. Hamilton ist eingetroffen, Mylady."
„Danke, Hester. Führen Sie ihn herein."
Kurz darauf erschien ein großer, schlanker Mann und durchquerte den Raum mit festem, schnellem Schritt. Margaret lächelte glücklich, als sie ihren Sekretär sah.
„Guten Morgen, Lady Strathlin", begrüßte er sie, und die braunen Augen in dem offenen Gesicht zwinkerten dabei fröhlich. Margaret machte eine einladende Geste, und Guy Hamilton nahm ihr gegenüber auf dem blauen Brokatsessel Platz. Die schmale Gestalt strahlte Ruhe und Gewandtheit aus, und von seinem unterschwelligen Enthusiasmus fühlte sich Margaret stets ein wenig angespornt. „Entschuldigen Sie, dass ich so spät komme."
„Das macht nichts. Ich freue mich, dass Sie da sind. Sir John war hier. Mit meinem Plan von dem Heim für junge Mädchen habe ich ihn völlig verwirrt."
„Er mag ein alter, griesgrämiger Geizkragen sein, aber er handelt immer in Ihrem Interesse. Auf meinem Weg hierher musste ich kurz in der Anwaltskanzlei von Onkel Edward vorbeischauen, sonst hätte ich Ihnen geholfen, Sir John zu überzeugen." Erst jetzt schien er die Gesellschafterin zu bemerken. „Ach, Mrs. Berry! Hallo! Halten Sie heute Morgen hier die Stellung?" rief er fröhlich zu ihr hinüber. Sie schaute auf, nickte lächelnd und vertiefte sich wieder in ihr Buch.
„Sehen Sie sich das bitte einmal an, Mr. Hamilton." Margaret schob dem Sekretär einen Stapel Briefe hinüber. „Ich habe eine Liste der meiner Meinung nach erforderlichen Antwortschreiben hinzugefügt."
„Sehr gut. Wo ist eigentlich Mrs. Shaw heute Morgen?" Er ließ seinen Blick durch die Bibliothek schweifen, und Margaret war sich sicher, dass eine leichte Röte über Mr. Hamiltons Wangen huschte.
„Unten. Sie bespricht den Speiseplan mit Mrs. Louden. Die Angestellten sind schon jetzt alle völlig aus dem Häuschen, wie Mrs. Berry es zu nennen pflegt. Und dabei findet die Soiree doch erst in zwei Monaten statt."
„Nun ja, es ist schon etwas Außergewöhnliches", antwortete Hamilton lächelnd.
Während er durch die Briefe blätterte, fielen Margaret wieder die feinen Sorgenfältchen unter seinen braunen Augen auf. Hamiltons Frau war vor Jahren gestorben, aber er hatte seinen Kummer für sich behalten und sich nach außen immer gefasst und zuversichtlich gegeben. Seine Arbeit als Sekretär verrichtete er mit äußerster Umsicht, und darüber hinaus kümmerte er sich auch um ihre persönliche Korrespondenz, um ihre Reisen und die Obliegenheiten ihres sozialen Engagements. Damals, als Margaret dem jungen Anwalt und Witwer die Stelle ihres Privatsekretärs anvertraut hatte, hatten sie Hamiltons feinsinniger Humor, seine Freundlichkeit, sein ausgesprochenes Taktgefühl und seine übergroße Güte überzeugt, und mit den Jahren war er zu einem geschätzten Freund geworden.
„Sir John sagte, dass Sir Frederick auch nichts von dem Matheson-Haus für junge Mädchen hält. Außerdem hat ihm Sir Frederick wohl mitgeteilt, dass er mit mir verlobt sei."
Hamilton runzelte die Stirn. „Eigenartig. Vielleicht fühlte sich Sir Frederick fälschlicherweise durch Ihre Liebenswürdigkeit ermutigt."
Margaret nickte. In den ersten Jahren nach Antritt ihres Erbes hatte sie Sir Fredericks Ratschläge in Bankangelegenheiten geschätzt und auch gerne den gesellschaftlichen Umgang mit ihm gepflegt. Später, als er um seine Frau getrauert hatte und in finanziellen Schwierigkeiten gewesen war, hatte sie ihn vor dem Bankrott gerettet. „Das Geld hat mir nichts bedeutet. Für mich war es wichtiger, mich einem Freund gegenüber loyal zu verhalten."
„Sie sind eine sehr großzügige Freundin, Madam. Das habe ich selbst erfahren, als Sie vor Jahren die Medizin für meine Frau bezahlt .haben, da ich die Rechnungen fast nicht mehr begleichen konnte. Sie sind nicht nur großherzig und gütig, sondern auch schön - und die reichste Frau in Schottland. Lady Strathlin, als Mann muss ich Ihnen sagen, dass dies eine äußerst gefährliche Kombination ist."
„Oh." Margaret fühlte, wie sie errötete.
„ Es gibt
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