Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Bann der Versuchung

Im Bann der Versuchung

Titel: Im Bann der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan King
Vom Netzwerk:
er mutig und integer war. Unter normalen Umständen hätte sie einen Mann mit all diesen Eigenschaften als sehr anziehend empfunden. Sie wünschte, sie könnte ihn mögen.
    Aber er war der halsstarrigste Mensch, mit dem sie jemals hatte verhandeln müssen, und er bedrohte all das, was ihr lieb und teuer war. Nur auf Caransay konnte sie Frieden finden, nur dorthin konnte sie vor den Anforderungen eines Lebens flüchten, das sie so für sich nie geplant hatte. Und dieser Stewart war dabei, ihre Insel für immer zu verändern. Sein Leuchtturm würde die Abgeschiedenheit und Ruhe auf Caransay vernichten, Sgeir Carans Geheimnis und seine Tradition zerstören. Wenn es eine Möglichkeit gab, den Leuchtturm an anderer Stelle zu errichten, wollte sie dafür kämpfen und war sogar bereit, dann die Kosten für den Bau aus eigener Tasche zu zahlen. Mr. Stewart könnte sich ihretwegen zur Hölle scheren, wenn er nur Sgeir Caran und Caransay in Ruhe ließ.
    Sgeir Caran. Plötzlich sah sie ganz deutlich wieder einen wunderschönen Mann im Orkan auf dem schwarzen Felsen stehen. Sie spürte, wie ihr heiß wurde, und steckte das Schreiben schnell zurück in den Umschlag.
    Man durfte Mr. Stewart nicht erlauben, diesen heiligen Ort zu zerstören.

Kapitel 2
    D ougal Stewart sprach gerade mit seinem Vorarbeiter, als er mitten im Satz innehielt und zu der jungen Frau hinüberschaute, die seine Aufmerksamkeit erregt hatte. Sie stand ein wenig abseits, zart und strahlend wie ein Goldschimmer und auffällig anders als die übrigen Inselbewohner mit ihren groben Gesichtern und kräftigen Gestalten, die am Strand ihrer Arbeit nachgingen.

    „Ach ja, die topographische Karte", wiederholte er und sah dabei wieder Alan Clarke an. „Konnten Sie schon einen Blick darauf werfen?"
    „Ja. Und gestern Abend bin ich über die Hügel im Innern der Insel gewandert. Es lässt sich dort hervorragender Granit abbauen. Aber Mackenzie hat diesbezüglich die bessere Ausbildung, er wird uns Genaueres sagen können. Ich nehme an, dass er mittlerweile wieder im Lager ist."
    Dougal nickte zufrieden. Erneut schaute er zu der blonden Frau hinüber. Im Schein der untergehenden Sonne erschien ihm die Schöne wie eine märchenhafte Lichtgestalt. Sie erinnerte ihn an das Mädchen, das ihn immer noch in seinen Träumen heimsuchte, obwohl er genau wusste, dass es nicht existierte - zumindest nicht in dieser Welt. Es sei denn, es gäbe wirklich Wasserfeen, so wie die eine, die er vor Jahren aus dem Nichts hervorgezaubert hatte und die er seitdem nicht vergessen konnte.
    Verlegen räusperte er sich. Alan wird mich für verrückt halten, wenn er wüsste, welchen Gedanken ich eben nachgegangen bin, dachte Dougal. Wasserfeen! Die junge Frau dort am Strand war bildschön, und nur aus diesem Grund bezauberte sie ihn.
    „Oho, wer ist denn das hübsche Ding da bei Norrie?" fragte Alan, dem das Mädchen nun auch aufgefallen war.
    Goldblond und gertenschlank war sie. Die Hand gegen die blendende Sonne über die Stirn haltend, beobachtete sie die Frauen und Kinder, die den Fischern beim Einholen der Boote halfen. Laut und fröhlich riefen die Leute sich die Kommandos zu, während sie die Boote auf den Strand schoben und prall gefüllte Fischnetze und Körbe randvoll mit Hummern aus dem Wasser hievten. Ab und zu liefen ein paar Kinder zu der jungen Frau und sprachen mit ihr, dann nickte sie freundlich, und die Kleinen rannten wieder weiter.
    Ein älterer Mann ging langsam zu ihr hinüber. Dougal erkannte den großen, weißhaarigen Alten: Es war Norrie MacNeill, ein Kleinpächter und Fischer, der zweimal die Woche nach Mull segelte, um dort die Post und Lebensmittel für die Inselbewohner zu holen. Widerstrebend hatte er eingewilligt, auch die Post für die Leuchtturmcrew mitzubringen.
    Dougal beobachtete, wie das Mädchen lächelnd Norries Arm nahm und der alte Mann liebevoll ihre Hand tätschelte. Sicherlich stammt sie auch von den Hebriden, dachte Dougal. Sie war genauso einfach und praktisch wie alle Frauen auf der Insel gekleidet, und jeder schien sie zu kennen. Jetzt zerrte eine frische Brise an ihrem schwarzen Rock und brachte ihre nackten Füße und Waden zum Vorschein. Sie trug zwar wie alle Inselfrauen den karierten Arisaid-Schal, doch sie hatte ihn nur um Schultern und Brust geschlungen und verhüllte nicht den Kopf damit.
    Nun drehte sie sich um und schaute, die Hand schützend über den Augen, in Dougals Richtung. Er spürte ihren Blick, und ein seltsames Gefühl

Weitere Kostenlose Bücher