Im Bann der Versuchung
ein schmales schwarzes Band, und daran hing - wie um das Ganze zur Perfektion zu bringen - der goldgefasste Aquamarinanhänger, den er ihr geschenkt hatte.
Besonders wertvoll war er nicht, sicher besaß sie wesentlich edleren Schmuck. Dennoch - der kleine Stein, um dessen Bedeutung nur sie beide wussten, passte sehr gut zu ihrem Kleid und zu ihrer Augenfarbe. Weshalb trägt sie ihn wohl? fragte er sich verwundert.
Und dann verstand er. Sie wollte ihm zeigen, dass sie auf ihrem kleinen Inselparadies eine Zeit lang zueinander gehört hatten. Nichts würde sich verändern, selbst wenn sie nie wieder zusammenkommen konnten.
Er war wie benommen, lächelte höflich, aber distanziert.
„Mr. Stewart", sagte sie. „Schön, Sie wiederzusehen."
Dougal sah sie erstaunt an. Er hatte nicht erwartetet, dass sie ihn wie einen guten Freund begrüßen würde.
„Lady Strathlin. Sehr erfreut, Madam", erwiderte er leise.
Margaret drehte sich um zu der älteren Dame und dem Gentleman, die neben ihr standen. „Darf ich vorstellen: Mr. Stewart ... Lord Provost aus Edinburgh und seine Gattin, Lady Lawrie. "
„Guten Abend, Madam ... Sir", begrüßte Dougal die beiden.
„Mr. Stewart hat in der Nähe der Insel Caransay gearbeitet. Dort, wo ich manchmal Ferien mache", erklärte Margaret. „Ich weiß, er wird es nicht gerne hören, aber er ist ein Held."
„Wirklich? Wie das?" Lord Provost musterte Dougal neugierig.
„Während meines letzten Urlaubs auf der Insel habe ich beobachtet, wie Mr. Stewart einen gefährlichen Hai vertrieben hat, um einen kleinen Jungen aus dem Meer zu retten. Eine mutige Tat!"
„Oh, Mr. Stewart!" staunte Lady Lawrie.
„Lady Strathlin übertreibt, Madam. Ich habe den Hai nur ein wenig getreten und mir den Jungen gegriffen."
„Oje!" Lady Lawrie fächelte aufgeregt mit ihrem Fächer.
„Hören Sie, wie bescheiden er ist?" meinte Margaret lächelnd. „Madam", sagte Dougal in leicht warnendem Ton und blickte sie dabei beschwörend an. Er wusste wirklich nicht, was sie mit dieser Unterhaltung bezweckte.
Wie um ihn zu besänftigen, legte sie ihre Hand auf Dougals Arm, während sie sich wieder an Lord Provost wandte. „Ich muss noch einige andere Gäste begrüßen, Sir. Sicherlich können Sie Mr. Stewart überreden, Ihnen die ganze Geschichte zu erzählen."
Dann schaute sie Dougal mit einem strahlenden Lächeln an. „Ich freue mich, Mr. Stewart, dass Sie es einrichten konnten, heute Abend zu kommen."
„Lady Strathlin ...", begann er, aber da hatte sie sich schon umgedreht und begrüßte das Paar, das hinter ihm stand. Er selbst fand sich plötzlich umringt von Leuten, die offensichtlich gerne seine Bekanntschaft machen und Details über seine Begegnung mit dem Hai hören wollten.
Nachdem er nicht umhingekommen war, die Geschichte zweimal in voller Länge zu erzählen, weigerte er sich, sie ein drittes Mal zu wiederholen. Die Kunde von seiner heroischen Tat verbreitete sich in Windeseile unter den Gästen. Den ganzen Abend über schwamm Dougal auf einer Welle der Bewunderung. Freundlich beglückwünschte man ihn, stellte ihn immer wieder neuen Leuten vor; er musste unzählige Hände drücken, sich anerkennend in den Arm nehmen und immer wieder auf die Schulter schlagen lassen. Er tanzte mit so vielen Frauen, bis ihn ihre Namen, ihre Gesichter, die bunten Roben völlig verwirrten. Er hörte überschwängliches Lob, erwiderte lächelnd schüchterne oder verliebte Blicke und lehnte drei kokette Einladungen ab, durch den Wintergarten hinaus ins Freie zu schlendern.
Alte wie neue Bekannte versicherten ihm immer wieder, wie sehr Lady Strathlin ihn bewunderte. Vielen Gästen gegenüber hatte sie betont, dass sie ihn für einen mutigen, integeren Mann hielt, dass sie seine Fähigkeiten über alle Maßen bewundere und dass seine Arbeit für Schottland von großer Bedeutung sei. Man berichtete ihm auch, dass sie den Übereifer ihrer Anwälte bedauere, die ihm und seinem Projekt Unannehmlichkeiten bereiteten.
Gelassen nahm er die Entschuldigungen der Geschäftsleute entgegen, die ihm verlegen erklärten, dass man sie falsch über ihn informiert habe und dass sie selbstverständlich auch in Zukunft daran interessiert seien, das Leuchtturmprojekt finanziell zu fördern, wenn er es noch wolle.
Selbst Sir Edward Hamilton, ein hagerer, ruppiger Gentleman, und Sir John Shaw, ein stämmiger Kerl mit einer Brille, die ihm schief auf der langen Nase saß, sprachen ihn im Verlaufe des Abends an. Zuvor hatte
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