Im Bann der Wasserfee
wäre so schlimm daran?«
Dahut runzelte die Stirn. »So etwas sollte nicht unter Zwang geschehen. Das wäre der falsche Weg. Zudem wäre Rhain mein neuer Gefängniswärter. Oder denkst du, Gradlon lässt mich jemals Ys verlassen?«
»Ich dachte, du liebst Ys.«
Dahut seufzte. »Sie ist eine schöne Stadt, ein goldenes Gefängnis.«
»Dein Vater will dich beschützen.«
Ein verzweifelter Ausdruck trat auf Dahuts Gesicht. »Von wegen beschützen. Er ist froh, Ys und mich bald loszuwerden. Nach der letzten Steuererhöhung ist er hier nicht mehr gut angesehen. Er will ohne mich zu Kaira nach Huelgoat ziehen. Du weißt, wie sehr sie mich hasst.«
»Etwas, das du eifrig erwiderst.« Niamh blickte in den Topf. Es hatte sich kein neuer Schaum gebildet. Sie gab die zerkleinerten Kräuter hinzu und verrührte sie mit der Masse.
»Sie hat damit angefangen. Aber das ist mir egal. Rhain wird mich mit nach Gwragedd nehmen.«
Niamh erstarrte vor eiskaltem Entsetzen. »Gehe nicht nach Gwragedd!« Die Worte waren ihr entwichen, bevor sie weiter darüber nachdenken konnte.
Dahuts Lächeln schwand. »Warum nicht?«
»Gehe einfach nicht.« Sie biss sich auf die Lippen. Verdammt, sie konnte sich Dahut nicht offenbaren. Sie hatte bereits jetzt zu viel gesagt. »Das Meer ist zu gefährlich.«
»Ständig fahren Leute übers Meer, ohne abzusaufen. Jetzt fang du nicht auch schon so an wie mein Vater. Ich bin erwachsen, verdammt! Ich kann gut auf mich selbst aufpassen. Versteht das denn keiner?« Dahut drehte sich abrupt um, durchmaß mit schnellen Schritten den Raum und verschwand durch die Tür.
Ups, falsche Antwort , dachte Niamh. Dahut durfte nicht übers Meer, doch sie konnte sie nicht aufhalten. Im Gegenteil. Dahuts Entscheidung kam den Plänen der dunklen Königin entgegen. Doch warum fühlte Niamh sich dann so elend?
Dahut rannte zum Tempel der Brigantia. Ihr Leibwächter Armel, der vor Niamhs Tür auf sie gewartet hatte, folgte ihr.
Sie hätte sich besser Aouregwenn anvertrauen sollen. Diese hätte sie eher verstanden als Niamh, da sie sich viel länger kannten. Genau genommen verstand sie sich selbst nicht. Schließlich hatte Ragnar sie ermorden wollen! Sie musste verrückt geworden sein, dass sie sich derart zu ihm hingezogen fühlte. Andererseits hatte er sie für ihre Mutter gehalten. Er schien aufrichtig betroffen gewesen zu sein, als er die Verwechslung bemerkte. Warum hatte er Malgven töten wollen und warum hatte laut ihm diese nicht auf natürlichem Weg zu Tode kommen können? Natürlich kannte sie die Gerüchte über die nichtmenschliche Abstammung ihrer Mutter.
Endlich erreichte sie mit ihrem Leibwächter Armel im Schlepptau den Tempel der Brigantia. Im Gegensatz zu den rechteckigen Tempeln der Römer war dieser quadratisch. Er lag umgeben von Himbeersträuchern, Gebüschen und Bäumen, die ihn vor neugierigen Blicken verbargen.
Der Duft der Buschwindröschen wehte zu ihr herüber, als sie den Tempel betrat.
Dahut erstarrte. Der Altar war verwüstet, die mit höchster Sorgfalt geflochtenen Kränze zerstört. Jemand musste darauf eingeschlagen haben.
Der Helm und die Nase der Göttin waren abgebrochen. Brigantia, die Dahut mit ihrem Helm, Schild, Speer und Rüstung stets an eine Kriegsgöttin erinnert hatte, war zu einem Opfer geworden und irreparabel zerstört.
Wer tat so etwas? Warum hatte das niemand gehört?
Nur wenige Bewohner von Ys hingen noch dem alten Glauben an. Es würde schwer, wenn nicht gar unmöglich sein, den oder die Täter zu finden. Dass jemand, der so etwas tat, ungestraft davonkam, belastete sie. Wer hinderte ihn daran, die Zerstörung nicht zu wiederholen?
Sie musste ihren Vater über den Vorfall informieren. Auch wollte sie Wachen von ihm am Tempel postieren. Dazu benötigte sie seine Genehmigung. Wieder wurde Dahut ihre eigene Machtlosigkeit bewusst.
Sie machte auf dem Absatz kehrt und lief hinaus. Beinahe wäre sie mit ihrem Leibwächter zusammengestoßen.
»Was ist, Prinzessin? Ihr seht so blass aus.«
»Ich will zurück zum Palast.«
Armel nickte und folgte ihr.
Am Palast angekommen, bat er sie zu warten, da die Wachablösung bevorstand. Es dauerte nicht lange, da kam Ewen auf sie zu.
Dahut rannte mit Ewen im Gefolge die Gänge entlang bis zu den Gemächern ihres Vaters. Dessen Leibwächter stoppten sie, seine eigene Tochter!
»Ich muss zu ihm. Es ist wichtig. Der Tempel ...«
»König Gradlon ist für niemanden zu sprechen.«
»Ich bin seine Tochter!«
»Es gibt
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