Im Bann der Wasserfee
abgemurkst wurde!« Die kleine, dicke Alte humpelte davon.
Der Kommandant winkte seinen Mannen. »Führt Rhain Bedwyn ab! Er ist in Untersuchungshaft, bis seine Unschuld bewiesen ist.«
Ragnar erstarrte. »Was geschieht, wenn meine Unschuld nicht bewiesen wird?« Er konnte sie ja kaum selbst beweisen, solange er hinter Gittern war.
Der Kommandant kratzte an seinem grauen Bart. »Dann werdet Ihr in ein paar Wochen hingerichtet. In Ys gab es niemals schwere Verbrechen, weil wir so hart durchgreifen. Wir werden alles tun, um weitere Übeltäter abzuschrecken.«
Die Wachen stürzten sich auf Ragnar.
»Nein!«, hallte eine Frauenstimme durch den Raum. In der zweiflügeligen Tür stand Dahut. Sie war leichenblass. Ragnar hoffte, sie würde alles nicht noch schlimmer machen.
Dahut drückte die Schultern nach hinten, hob den Kopf und sah starr geradeaus. »Ich habe die ganze Nacht bei Rhain Bedwyn verbracht und bezeuge, dass er Jacut Herve nicht getötet haben kann.«
Der Kommandant wandte sich Ragnar zu. Er hob eine Augenbraue. »Aber Ihr sagtet doch, Ihr wäret allein gewesen?«
»Eine Lüge, um sie zu schützen.« Jetzt war es ohnehin zu spät.
Stimmen erhoben sich. Die alten Weiber grinsten schadenfroh.
An Gradlons Stirn schwoll eine Zornesader an. Seine Gesichtsfarbe wechselte von fahlem Weiß zu Rot.
Ragnar bewunderte Dahut für ihren Mut. War sie gar nicht wie Malgven? Wenn er lebend aus dieser Geschichte herauskam, sollte er ernsthaft überlegen, sie zu heiraten. Gradlon würde ihm zwar dafür nach dem Leben trachten, doch das tat er ohnehin schon. Außerdem dürfte es dies wert sein. Dahut war es wert.
»Könnte es sein, dass sie seine Handlangerin bei dem Mord war, wenn sie schon bei ihm liegt?«, fragte das zuvor verhörte alte Weib, das auf den König zulief.
»Mäßigt Euch! Ihr redet von meiner Tochter!«
Des Königs Worte und sein Blick ließen die Alte zusammenschrumpfen. Sie humpelte zurück zu ihren Freundinnen. Missbilligung war an ihrer Miene abzulesen.
»Mitkommen!«, sagte der König zu Dahut. Allein der Klang seiner Stimme verriet, dass er keinen Widerspruch duldete. Sie folgte ihm in sein Hinterzimmer.
»Was fällt dir ein? Wie konntest du das tun? Mich so bloßzustellen und dein Leben zu ruinieren. Brioc Jaouen wird uns Schwierigkeiten machen. Bist du denn wahnsinnig?«, fragte Gradlon, der unruhig in seinem hinteren Raum hin und her ging.
Dahut, die vor ihm stand, senkte den Blick. »Ich wollte Euch keine Schwierigkeiten bereiten.«
»Das hast du aber getan und zwar gründlich.« Er raufte sich die Haare. »Was soll ich nur machen!«
»Ich werde Rhain Bedwyn heiraten, wenn Ihr das verlangt. So bald wie möglich, um aufkommende Gerüchte im Keim zu ersticken.«
Gradlon stöhnte. »Mir gefällt Bedwyn nicht. In ein paar Wochen werde ich darüber entscheiden. Geh jetzt in dein Zimmer. Ich will dich nicht mehr sehen.«
»Aber Vater.«
»Verschwinde aus meinen Augen!«
Dahut eilte hinaus. Obwohl sie es nicht bereute, sich Ragnar hingegeben zu haben, bedauerte sie es, ihrem Vater Kopfzerbrechen verursacht zu haben.
Sie blickte sich nach Ewen und ihrem neuen Leibwächter um, doch die waren damit beschäftigt, einen Aufruhr, in dessen Mitte sich die drei alten Weiber befanden, zu beschwichtigen.
Wie leichtsinnig von ihrem Vater, ihr keine Anstandsdame zugewiesen zu haben. Offenbar war er derzeit mit den Gedanken woanders, denn seine geistige Abwesenheit war ihr schon öfters aufgefallen. Seine Sorgen wollte sie nicht haben. Brioc schien ein Mann zu sein, mit dem man nicht spaßen sollte. Eine Vorahnung drohenden Unheils beschlich sie. Dabei hatte sie erst Ragnars Tod verhindert, denn wie hätte er sonst seine Unschuld beweisen können?
Sein Ableben hätte sie in die Verzweiflung gestürzt. In den vergangenen Wochen waren ihre Gefühle für ihn stetig gewachsen und auch er schien etwas für sie zu empfinden. Zwar hatte er dies nie gesagt, doch die zärtliche Art, wie er mit ihr umging, verriet es ihr. Wie tief seine Gefühle wirklich gingen, konnte sie jedoch nur erraten.
Schnell schlüpfte sie aus dem Empfangsraum. Dort stieß sie fast mit Ragnar zusammen. Sie packte ihn am Arm und bedeutete ihm, ihr zu folgen. Sie eilten den Gang entlang bis zum Angestelltentrakt. Dort schob sie ihn in eine Kammer, wo Besen und Eimer abgestellt wurden.
In der vergangenen Nacht hatte sie ihm ihren Körper geschenkt. Gleich zweimal. Konnte sie ihm vertrauen? Dahut lehnte sich an ihn, um seine
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