Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
Vom Netzwerk:
verschwand in der Dunkelheit jenseits des fahlen Schimmers, der von dem Buch ausging.
    Der Riese grunzte vor Schmerzen.
    Heboric ließ die Handgelenke des Toblakai los, packte den Riesen im Nacken und am Gürtel und schleuderte ihn mit einem gewaltigen Kraftausbruch in die Dunkelheit. Es gab ein dröhnendes Krachen, als er auf dem Boden aufprallte, und der Lehmboden erzitterte unter ihren Füßen.
    Heboric taumelte rückwärts. Sein Gesicht war verzerrt vor Entsetzen, und die flammende Wut, die seine Hände umlodert hatte, verschwand.
    »Jetzt haben wir sie also sehen können«, sagte Felisin zu ihm. »Deine Hände. Du bist niemals gottverlassen gewesen, Heboric – unabhängig davon, was die Priester geglaubt haben, als sie getan haben, was sie getan haben. Du bist schlicht und einfach vorbereitet worden.«
    Der alte Mann sank auf die Knie.
    »Und so ist der Glaube eines Mannes neu geboren worden. Dies solltest du noch wissen: Fener würde es niemals wagen, dich und nur dich einzusetzen, Heboric Leichte Hand. Denk darüber nach und fürchte dich nicht …«
    Irgendwo in der Dunkelheit stöhnte der Toblakai.
    Felisin stand auf. »Gib mir jetzt das Buch, Leoman. Es wird bald dämmern.« Felisin, die sich ein weiteres Mal ausliefert. Neu erschaffen. Wieder geboren. Ist diesmal das letzte Mal? Oh nein, ganz sicher nicht.
    Ungefähr eine Stunde vor Anbruch der Morgendämmerung führte Icarium die anderen zum Rand des Gewirrs. Den Kolben seiner Armbrust gegen eine Hüfte gestemmt, händigte Fiedler Crokus die Laterne aus und warf dann einen Blick auf Mappo.
    Der Trell zuckte die Schultern. »Die Barriere ist undurchsichtig  – von dem, was dahinter liegt, ist nichts zu sehen.«
    »Sie haben keine Ahnung davon, was geschehen wird«, flüsterte Iskaral Pustl. »Ein ewiges Auflodern von Schmerz … aber soll ich Worte an sie verschwenden, um sie darauf vorzubereiten? Nein, ganz und gar nicht, niemals. Worte sind zu wertvoll, um einfach so verschwendet zu werden, daher mein schüchternes Schweigen, während sie in einem Anfall von Unwissenheit zögern.«
    Fiedler winkte mit seiner Armbrust. »Ihr geht zuerst, Pustl.«
    Der Hohepriester glotzte ihn mit offenem Mund an. »Ich?«, kreischte er. »Bist du verrückt?« Er duckte sich. »Sie sind schon wieder getäuscht, selbst dieser mürrische, dürftige Ersatz eines Soldaten – oh, das ist viel zu leicht!«
    Zischend trat Crokus vor, hob die Laterne in die Höhe und schritt durch die Barriere, verschwand aus dem Blickfeld der anderen. Icarium folgte ihm unverzüglich.
    Grollend winkte Fiedler Iskaral Pustl vorwärts.
    Als die beiden verschwanden, drehte sich Mappo zu Apsalar und ihrem Vater um. »Ihr beide seid schon vorher hier durchgegangen«, sagte er. »Die Aura des Gewirrs umgibt euch immer noch.«
    Rellock nickte. »Die falsche Fährte. Wir mussten sichergehen, dass die Wechselgänger und Vielwandler ihr folgen.«
    Der Trell blickte Apsalar an. »Was für ein Gewirr ist dies?«
    »Ich weiß es nicht. Es ist tatsächlich in Stücke gerissen worden. In Anbetracht des Zustands, in dem es sich jetzt befindet, gibt es wenig Hoffnung, etwas über seine Natur herauszufinden. Und meine Erinnerungen sagen mir nichts über ein Gewirr, das auf diese Weise zerstört wurde.«
    Mappo seufzte. Er bewegte die Schultern, um die Spannung in seinen Muskeln zu verringern. »Ah, nun gut, warum sollten wir auch unterstellen, dass die Älteren Gewirre, die wir kennen – Tellann, Omtose Phellack, Kurald Galain – auch wirklich die einzigen sind, die es gibt?«
    Die Barriere machte sich durch eine Veränderung des Luftdrucks bemerkbar. Mappo schluckte und spürte, wie seine Ohren knackten. Er blinzelte; seine Sinne versuchten, der Vielzahl von Eindrücken Herr zu werden, die auf sie einstürmten. Der Trell stand zusammen mit den anderen in einem Wald aus hoch aufragenden Bäumen, einem Gemisch aus Fichten, Zedern und Rotholz, alle dick mit Moos bewachsen. Blau getöntes Sonnenlicht fiel hier und dort auf den Boden. Die Luft roch nach verrottender Vegetation. Insekten summten. Die ätherische Schönheit der Szene wirkte auf Mappo wie kühlender Balsam.
    »Ich weiß zwar nicht, was ich erwartet habe«, murmelte Fiedler, »aber ganz sicher nicht so etwas.«
    Direkt vor ihnen erhob sich ein großer Dolomitblock aus dem Mulch; er war höher als Icarium. Das Sonnenlicht tauchte ihn in ein blasses Grün und ließ die Schatten von Höhlungen, Löchern und anderen Zeichen erkennen, die in seine

Weitere Kostenlose Bücher