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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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werden?«
    Der Wickaner lächelte. »Dann werden wir alle uns hier beim Vermummten versammeln. Wenn diese Geschichte ein Ende haben muss, dann sollte es angemessen sein.«
    »Haltet aus, so lange Ihr könnt«, flüsterte Duiker. »Wenn es sein muss, ziehe ich Pormqual die Haut vom Gesicht und gebe den Befehl durch seine Lippen – «
    »Überlasst die Hohefaust der Imperatrix – und ihrer Mandata.«
    Der Historiker griff nach dem Glasfläschchen um seinen Hals.
    Coltaine schüttelte den Kopf. »Dies ist Eure Geschichte, Historiker, und gerade jetzt ist niemand wichtiger als Ihr. Und wenn Ihr Dujek eines Tages begegnen solltet, dann sagt ihm dies: Es sind nicht die Soldaten des Imperiums, die zu verlieren die Imperatrix sich nicht erlauben kann, es ist die Erinnerung.«
    Eine Truppe Wickaner kam auf sie zugeritten. Sie führten Ersatzpferde am Zügel – unter ihnen Duikers treue Stute. Hinter ihnen tauchten die ersten Wagen mit den Flüchtlingen aus dem Staub auf, und an einer Seite warteten drei zusätzliche Wagen, bewacht von Nil und Neder, wie Duiker sehen konnte.
    Der Historiker holte tief Luft. »Was Korporal List betrifft – «
    »Er wird sich nicht umstimmen lassen«, unterbrach ihn Hauptmann Lull. »Er hat mich darum gebeten, Euch seine Abschiedsworte mitzuteilen, Duiker. Ich glaube, er hat irgendwas von einem Geist auf seiner Schulter gemurmelt – was auch immer das bedeuten mag –, und dann hat er gesagt: ›Sagt dem Historiker, dass ich meinen Krieg gefunden habe.‹«
    Coltaine blickte zur Seite, als ob diese Worte zu ihm durchgedrungen wären – etwas, was alle anderen Worte bisher nicht vermocht hatten. »Hauptmann, gebt den Kompanien Bescheid: Wir greifen in einer Stunde an.«
    Angreifen! Beim Atem des Vermummten! Duiker fühlte sich in seinem eigenen Körper unbeholfen, seine Hände hingen wie Bleiklumpen an seiner Seite, als hätte die Frage, was er mit seinem eigenen Fleisch und Blut tun sollte – was er im nächsten Augenblick tun sollte –, ihn in eine Krise gestürzt.
    »Euer Pferd ist da, Historiker«, hörte er Lulls Stimme.
    Bebend stieß Duiker die Luft aus. Er drehte sich zu dem Hauptmann um und schüttelte langsam den Kopf. »Historiker? Nein. Vielleicht werde ich in einer Woche wieder ein Historiker sein. Aber in diesem Augenblick und angesichts dessen, was geschehen wird …« Er schüttelte ein zweites Mal den Kopf. »Mir fällt nichts ein, wie ich jetzt genannt werden sollte.« Er lächelte. »Ich glaube, ›alter Mann‹ genügt vollauf – «
    Duikers Lächeln schien Lull aus der Fassung zu bringen. Der Hauptmann wandte sich an Coltaine. »Faust, dieser Mann hier hat das Gefühl, er hat keinen Titel. Er hat für sich ›alter Mann‹ ausgewählt.«
    »Eine armselige Wahl«, sagte der Wickaner grollend. »Alte Männer sind weise – keine Narren.« Er warf Duiker einen finsteren Blick zu. »Kein einziger der Menschen, die Euch kennen, hat ein Problem damit, wer oder was Ihr seid. Wir kennen Euch als Soldat. Ist diese Bezeichnung eine Beleidigung für Euch, mein Herr?«
    Duiker kniff die Augen zusammen. »Nein. Zumindest glaube ich es nicht.«
    »Bringt die Flüchtlinge in Sicherheit, Soldat.«
    »Jawohl, Faust.«
    Die namenlose Seesoldatin meldete sich zu Wort. »Ich habe etwas für dich, Duiker.«
    Lull grunzte. »Was denn, hier?«
    Sie gab ihm einen Fetzen Stoff. »Warte eine Weile, bevor du liest, was darauf steht. Bitte.«
    Er konnte nur nicken, als er den Fetzen in seinen Gürtel stopfte. Er schaute die drei Menschen an, die ihm gegenüberstanden, und wünschte sich, auch Bult und List wären hier gewesen. Doch es würde keinen inszenierten Abschied geben, nicht den Trost, in eine Rolle zu schlüpfen. Wie alles andere war auch dieser Augenblick schmutzig, unangenehm und unvollkommen.
    »Steigt auf Eure dürre Mähre«, sagte Lull. »Und bleibt aus dem Blickfeld des Vermummten, mein Freund.«
    »Das wünsche ich Euch auch, euch allen.«
    Coltaine zischte und drehte sich nach Norden um. Er bleckte die Zähne. »Das ist ziemlich unwahrscheinlich, Duiker. Wir haben vor, uns einen blutigen Pfad zu bahnen … dem Bastard genau in den Rachen.«
     
    Duiker ritt an der Spitze des Flüchtlingstrecks, flankiert von Nil und Neder; sie hielten auf den Stamm auf dem Hügelkamm zu. Die wickanischen Vorreiter und diejenigen, die die Wagen bewachten, die direkt vor ihnen rollten, waren alle noch sehr jung -Jungen und Mädchen, die noch ihre ersten Waffen trugen. Ihre gemeinsame Empörung

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