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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Tonfall zurück. »Welche Abmachung? Hat Schattenthron irgendeine Antwort auf seine Frage erhalten? Hat der Azath sein uraltes, steinernes Gesicht enthüllt? Nein. Schweigen war die Antwort  – in jeder Hinsicht. Mein Herr hätte die Absicht verkünden können, im Eingang des Hauses seinen Darm zu entleeren, und die Antwort wäre immer noch die gleiche gewesen. Schweigen. Nun, es hat sicherlich so ausgesehen, als gäbe es eine Übereinstimmung. Schließlich wurden keinerlei Einwände erhoben, oder? Nein, ganz und gar nicht. Gewisse Annahmen waren notwendig, oh ja, sogar sehr notwendig. Und am Ende hat es eine Art Sieg gegeben, oder nicht? Wenn man mal von diesem Jhag in den Armen des Trell absieht.« Er blieb stehen, keuchte und versuchte wieder zu Atem zu kommen. »Ihr Götter, wir gehen ja schon eine Ewigkeit.«
    »Wir sollten unsere Reise beginnen«, sagte Apsalar.
    »Ich bin dafür«, murmelte Fiedler. »Nur – in welche Richtung?«
    Rellock hatte sich hingekniet und musterte die Mosaik-Fliesen. Sie waren die einzige Lichtquelle – über ihnen war es pechschwarz. Jede Fliese war gerade eben handgroß. Das sanfte Licht, das sie von sich gaben, pulsierte in einem langsamen, gleichmäßigen Rhythmus. Der alte Fischer grunzte.
    »Was ist, Vater?«
    »Das Muster hier – « Er zeigte auf eine ganz bestimmte Fliese. »Diese gesprenkelte Linie …«
    Fiedler kauerte sich hin und musterte den Fußboden. »Wenn das ein Pfad oder so was ist, dann ist er ziemlich krumm.«
    »Ein Pfad?« Der Fischer schaute auf. »Nein, hier, auf dieser Seite. Das ist die kanesische Küstenlinie.«
    »Was?«
    Der Mann fuhr die Linie nach mit der Fingerspitze. »Sie fängt an der Küste von Quon an, geht runter nach Kan, dann rauf nach Cawn Vor – und das da ist die Insel Kartool, und im Südosten, da, in der Mitte der Fliese, ist die Insel Malaz.«
    »Du willst mir erzählen, dass diese eine Fliese vor deinen Füßen eine Karte ist, auf der der größte Teil des Kontinents Quon Tali eingezeichnet ist?« Doch noch während er seine Frage stellte, konnte er plötzlich das Muster erkennen: Vor ihm lag tatsächlich genau das, was Apsalars Vater gesagt hatte. »Was ist denn dann«, fragte er sanft, »auf all den anderen?«
    »Nun, sie sind nicht folgerichtig aneinander gereiht, wenn du das gemeint hast. Es gibt Brüche – andere Karten von anderen Orten, nehme ich an. Es ist alles durcheinander, aber ich würde sagen, der Maßstab ist auf allen gleich.«
    Fiedler stand langsam wieder auf. »Aber das bedeutet …« Seine Stimme wurde immer leiser und verklang schließlich, während er über den endlosen Fußboden blickte, der sich meilenweit in alle Richtungen erstreckte. Bei all den Göttern im Abgrund! Sind dies alle Sphären, die es gibt? Und in jeder Welt – an jedem Ort gibt es ein Azath-Haus? Königin der Träume, was für eine Macht ist das hier bloß?
    »Im Gewirr des Azath«, sagte Mappo, und Ehrfurcht schwang in seinem Tonfall mit, »kann man überall hingehen.«
    »Seid ihr sicher?«, fragte Crokus. »Hier sind also die Karten, na gut, aber – «, er deutete auf die Fliese, auf der sich die Karte von Quon Tali befand, »wo ist das Tor? Der Weg hinein?«
    Längere Zeit sagte niemand ein Wort. Schließlich räusperte sich Fiedler. »Hast du eine Idee, mein Junge?«
    Der Daru zuckte die Schultern. »Karten sind Karten – die hier könnte genauso gut auf einem Tisch liegen, wenn du verstehst, was ich meine.«
    »Was schlägst du also vor?«
    »Ignoriert sie. Diese Fliesen beweisen nur, dass jedes Haus an jedem Ort Teil einer Struktur, eines großen Musters ist. Doch das zu wissen heißt noch lange nicht, dass wir auch begreifen, was es wirklich bedeutet. Der Azath steht noch über den Göttern. Wir können uns bis in alle Ewigkeit in Mutmaßungen verstricken, in Gedankenspiele, die nirgendwo hinführen.«
    »Das ist wohl wahr«, grunzte der Sappeur. »Und wir sind in der Frage, in welche Richtung wir gehen müssen, noch keinen Schritt weiter gekommen.«
    »Vielleicht hat ja Iskaral Pustl die richtige Idee«, sagte Apsalar. Ihre Stiefel knirschten auf den Fliesen, als sie sich umdrehte. »Leider scheint er verschwunden zu sein.«
    Crokus wirbelte herum. »Dieser verdammte Bastard!«
    Der Hohepriester des Schattens, der sie bisher unablässig umkreist hatte, war in der Tat nirgends zu sehen. Fiedler zog eine Grimasse. »Also hat er es herausgefunden und sich nicht damit aufgehalten, es uns zu erklären, bevor er verschwunden ist –

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