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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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sind weg!«, schrie Crokus. »Sie sind einfach durchgefallen! Es hat nicht die geringste Warnung gegeben, Fiedler! Überhaupt keine!«
    Der Sappeur fluchte leise vor sich hin und ließ sich unbehaglich in die Hocke sinken. Wir sind hier Eindringlinge … Er hatte Gerüchte über Gewirre gehört, in denen es keine Luft gab und in denen jeder Sterbliche, der es wagte, sie zu betreten, unverzüglich den Tod fand. Es lag einige Arroganz in der Annahme, dass jede existierende Sphäre nach den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtet wäre. Wir sind Eindringlinge – dieser Ort schert sich nicht um uns, und es gibt auch keine Gesetze, nach denen wir fordern könnten, dass er uns hilft.
    Das gilt allerdings auch für jede andere Welt.
    Er stand langsam wieder auf und kämpfte dabei gegen den Kummer an, den der Verlust zweier Männer, die er mittlerweile als Freunde betrachtet hatte, in ihm aufwallen ließ. Und wer von uns ist der Nächste? »Zu mir«, knurrte er. »Ihr alle – und seid vorsichtig.« Er nahm seinen Rucksack ab, suchte ein Weilchen darin herum, bis er ein zusammengerolltes Seil fand. »Wir werden uns aneinander festbinden – wenn einer von uns verschwindet, werden wir ihn auf diese Weise retten, oder wir verschwinden alle zusammen. Einverstanden?«
    Erleichtertes Nicken war die Antwort.
    Tja, der Gedanke, allein in diesem Gewirr herumzuwandern, ist wirklich alles andere als angenehm.
    Schnell seilten sie sich an.
    Die vier Reisenden waren vielleicht weitere tausend Schritte gegangen, als sie plötzlich eine Luftbewegung wahrnahmen – das erste Mal, dass sie so etwas wie Wind spürten, seit sie das Gewirr betreten hatten –, und sie duckten sich wie auf Kommando, als etwas Gewaltiges direkt über sie hinwegzog.
    Fiedler griff nach seiner Armbrust und drehte sich um, um zum Himmel emporzublicken. »Beim Atem des Vermummten!«
    Doch die drei Drachen waren bereits vorbeigezogen; sie hatten die Menschen überhaupt nicht beachtet. Sie flogen in einer Dreiecks-Formation wie ein Gänseschwarm und waren alle von der gleichen Art, mit ockergelben Schuppen, einer Spannweite von etwa fünf Wagenlängen und langen, gewundenen Schwänzen.
    »Es war ziemlich närrisch von uns«, murmelte Apsalar, »zu glauben, dass wir die Einzigen wären, die diese Sphäre nutzen.«
    Crokus grunzte. »Ich hab schon mal welche gesehen, die viel größer – «
    Ein schwaches Lächeln huschte über Fiedlers Gesicht. »Ich weiß, mein Junge, ich weiß.«
    Die Drachen waren schon beinahe außerhalb ihrer Sichtweite, als sie alle zugleich seitlich abkippten, dem Boden entgegenstürzten, durch die Fliesen brachen und verschwanden.
    Etwa eine Minute lang sagte keiner der vier ein Wort. Dann räusperte sich Apsalars Vater. »Ich glaube, das hat uns einiges klar gemacht.«
    Der Sappeur nickte. Du fällst durch, wenn du dorthin kommst, wo du hinwillst – seihst wenn du es nicht ganz so geplant hast. Er dachte an Mappo und Icarium. Der Trell hatte keinen Grund, sie nach Malaz zu begleiten. Schließlich musste Mappo seinen Freund heilen, ihn wieder zu Bewusstsein bringen. Er würde nach einem sicheren Ort suchen, um das zu tun. Und was Iskaral Pustl anging … Der ist wahrscheinlich jetzt schon wieder am Fuß seiner Klippe und schreit nach den Bhok’arala, damit sie ihm das Seil runterlassen …
    »In Ordnung«, sagte Fiedler und richtete sich auf. »Sieht aus, als ob wir einfach nur weitergehen müssten … bis Zeit und Ort stimmen.«
    »Mappo und Icarium sind nicht wirklich verloren; sie sind nicht tot«, sagte Crokus, während sie sich wieder in Bewegung setzten. Seine Erleichterung war offensichtlich.
    »Genauso wenig wie der Hohepriester«, fügte Apsalar hinzu.
    »Nun ja«, murmelte der Daru, »ich nehme an, wir müssen das Schlechte in Kauf nehmen, um das Gute zu bekommen …«
    Fiedler machte sich kurz Gedanken über die drei Drachen – wohin sie wohl unterwegs waren, welche Aufgaben auf sie warten mochten –, doch dann zuckte er die Schultern. Ihr Auftauchen, ihr Verschwinden und – zwischendrin und am wichtigsten – die Gleichgültigkeit, die die drei Drachen den vier Sterblichen am Boden entgegengebracht hatten, war eine nüchterne Erinnerung daran, dass die Welt bei weitem größer war als der Teil, der von seinem Leben, seinen Wünschen und Zielen umrissen wurde – und das galt natürlich auch für seine Gefährten. Der anscheinend so ungestüme Sprung, zu dem sich diese Reise entwickelt hatte, war in Wirklichkeit nur eine

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