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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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dem Historiker auf Lenestro zuschritt.
    »Wer würde es nicht tun? Wir haben zwar Wasser, aber wir sind noch immer hungrig. Wie auch immer, einer der wickanischen Hirtenhunde ist bereits vor uns auf die Idee gekommen – zu unserer allgemeinen Betroffenheit.«
    »Ich sollte mich wegen meiner Voreingenommenheit selbst tadeln, Herr.«
    Lenestro hatte sie mittlerweile bemerkt und legte eine Pause beim Auspeitschen ein. Sein Atem ging laut wie ein Blasebalg.
    Ohne den Adligen weiter zu beachten, ging Duiker zu dem Diener hinüber. Der Mann war alt; er kauerte auf Ellenbogen und Knien und hatte die Hände schützend über den Kopf gelegt. Rote Striemen zogen sich über seine Finger, seinen Nacken und den knochigen Rücken. Daneben waren die Spuren älterer Narben zu sehen. Im Staub neben ihm lag eine juwelenbesetzte Leine mit einem zerrissenen Halsband.
    »Dies hier geht Euch nichts an, Historiker«, schnappte Lenestro.
    »Diese Diener haben am Sekala einen Angriff der Tithansi aufgehalten«, sagte Duiker. »Und das hat nicht zuletzt dazu beigetragen, dass Ihr Euren Kopf noch immer auf Euren Schultern tragt, Lenestro.«
    »Coltaine hat uns unser Eigentum gestohlen!«, kreischte der Adlige. »Zu diesem Urteil ist der Rat gekommen. Den Bußgeldbefehl hat er schon erhalten.«
    »Stimmt«, sagte List. »Und prompt drauf gepisst.«
    Lenestro wirbelte zu dem Korporal herum, die Peitsche erhoben.
    »Eine Warnung«, sagte Duiker und richtete sich auf. »Wenn Ihr einen Soldaten der Siebten schlagt – oder, was das betrifft, sein Pferd –, werdet Ihr dafür gehängt.«
    Lenestro kämpfte sichtlich um Beherrschung; er hatte den Arm noch immer erhoben, die Peitsche zitterte.
    Andere kamen herbei. Ihre Sympathie lag eindeutig auf Seiten Lenestros. Dennoch erwartete der Historiker nicht, dass es zu Gewalttätigkeiten kommen würde. Die Adligen mochten völlig unrealistische Ansichten haben, doch sie waren alles andere als Selbstmörder.
    Duiker ergriff das Wort. »Korporal, wir nehmen diesen Mann mit zu den Heilern der Siebten.«
    »Jawohl, Herr«, antwortete List und stieg geschwind vom Pferd.
    Der Diener hatte mittlerweile das Bewusstsein verloren. Gemeinsam trugen sie ihn zum Pferd und legten ihn bäuchlings über den Sattel.
    »Wenn er geheilt ist, muss er aber zu mir zurückgebracht werden«, sagte Lenestro.
    »Damit Ihr wieder von vorne anfangen könnt? Falsch. Er wird Euch nicht zurückgegeben werden.« Und wenn du und deine Kameraden deswegen empört seid, dann wartet einfach noch eine Stunde …
    »Alle Taten, die im Widerspruch zu den malazanischen Gesetzen stehen, werden festgehalten«, protestierte der Adlige mit schriller Stimme. »Und es wird Vergeltung geben, mit Zins und Zinseszins.«
    Duiker hatte genug gehört. Mit zwei schnellen Schritten überwand er die Entfernung zu dem Adligen, packte Lenestro mit beiden Händen am Kragen und schüttelte den Mann so kräftig, dass dessen Zähne zu klappern begannen. Die Peitsche fiel zu Boden. Lenestro hatte die Augen vor Entsetzen weit aufgerissen – irgendwie erinnerte er den Historiker jetzt an den Schoßhund, den der Hirtenhund im Maul gehabt hatte.
    »Ihr glaubt wahrscheinlich«, flüsterte Duiker, »dass ich vorhabe, Euch etwas über die Situation zu erzählen, in der wir alle uns befinden. Aber es ist mir längst klar, dass das nicht viel Sinn hätte. Ihr seid ein schrumpfhirniger Schläger, Lenestro. Wenn Ihr mich noch einmal reizt, werde ich Euch Schweinescheiße fressen lassen und dafür sorgen, dass es Euch gefällt.« Er schüttelte den jämmerlichen Adligen ein letztes Mal und ließ ihn dann los.
    Lenestro brach zusammen.
    Duiker starrte mit finsterem Gesicht auf ihn hinunter.
    »Er ist ohnmächtig geworden, Herr«, sagte List.
    »Es scheint so.« Na, hat dich der alte Mann in Angst und Schrecken versetzt?
    »War das wirklich nötig?«, fragte eine wehleidige Stimme. Nethpara löste sich aus der Menge. »Als ob unsere anstehende Petition nicht schon umfangreich genug wäre; jetzt müssen wir auch noch persönliche Schikanen zu unseren Beschwerden hinzufügen. Ihr solltet Euch schämen, Historiker – «
    »Entschuldigt, Herr«, mischte List sich ein. »Aber Ihr solltet vielleicht etwas wissen, bevor Ihr damit fortfahrt, den Historiker zu tadeln – dass nämlich dieser Mann erst spät zum Gelehrten wurde. Ihr werdet seinen Namen unter denen der Berühmten auf der Säule der Ersten Armee in Unta finden, und wenn Ihr eben nicht zu spät gekommen wärt, hättet Ihr

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