Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
Vom Netzwerk:
wickanischen Hunde auf, den Kopf tief gesenkt, ein einziges dahinrasendes Etwas aus Muskeln – und er kam genau auf den Historiker zu.
    Duiker versuchte, nach seinem Schwert zu greifen, obwohl er wusste, dass es bereits zu spät war. Im allerletzten Augenblick wich das große Tier geschmeidig aus und raste an ihm vorbei, und der Historiker sah, dass es einen Schoßhund im Maul hatte, dessen Augen wie dunkle Teiche des Entsetzens aussahen.
    Der Hirtenhund rannte weiter, schlüpfte zwischen zwei Zelten hindurch und verschwand außer Sicht.
    Vor dem Historiker tauchten ein paar Gestalten auf; sie waren mit Felsbrocken und – absonderlicherweise – kanesischen Sonnenschirmen bewaffnet. Alle waren gekleidet, als hätten sie die Absicht, an einem Staatsakt teilzunehmen, obwohl sich in ihren Gesichtern wilde Wut widerspiegelte.
    »He, du da!«, schrie einer von ihnen herrisch. »Alter Mann! Hast du gerade einen tollen Hund gesehen?«
    »Ich habe einen Hirtenhund vorbeirennen sehen, ja«, antwortete der Historiker ruhig.
    »Mit einem raren hengesischen Schab-Hund im Maul?«
    Ein Hund, der Küchenschaben frisst? »Rar? Ich dachte, er wäre gar.«
    Die Adligen wurden still, während sie Duiker genauer musterten.
    »Dies ist ein ziemlich schlechter Zeitpunkt, um Witze zu machen, alter Mann«, sagte der Sprecher grollend. Er war jünger als die anderen, und seine honigfarbene Haut und die großen Augen verrieten, dass er aus Quon Tali stammte. Er war schlank und besaß die Selbstsicherheit eines Duellisten – eine Einschätzung, die durch den Korbgriff eines Rapiers an seinem Gürtel bestätigt wurde. Mehr noch, etwas in den Augen des Mannes ließ Duiker vermuten, dass er hier jemanden vor sich hatte, dem es Spaß machte zu töten.
    Der Mann trat näher, und sein Gang wurde dabei zu einem großspurigen Stolzieren. »Jetzt ist eine Entschuldigung fällig, Bauer – obwohl ich zugeben muss, dass es dir eine Tracht Prügel dennoch nicht ersparen wird. Aber immerhin wirst du weiteratmen …«
    Ein Reiter kam herangaloppiert.
    Duiker sah, wie die Augen des Duellisten sich auf einen Punkt hinter ihm richteten.
    Korporal List zügelte sein Pferd. Er ignorierte die Adligen. »Ich bitte um Entschuldigung, Herr«, sagte er. »Ich wurde bei der Schmiede aufgehalten. Wo habt Ihr Euer Pferd?«
    »Es ist bei der Herde«, entgegnete Duiker. »Ich habe dem armen Biest einen Tag freigegeben – das war schon längst einmal fällig.«
    Für einen jungen Mann von niedrigem Rang gelang es List erstaunlich gut, einen Ausdruck kalter Verachtung aufzusetzen, als er schließlich von seinem Pferd aus auf die Adligen hinunterschaute. »Wenn wir zu spät kommen, Herr«, sagte er zu Duiker, »wird Coltaine eine Erklärung verlangen.«
    Der Historiker wandte sich an den Adligen. »Sind wir hier fertig?«
    Der Mann antwortete mit einem kurzen Nicken. »Für dieses Mal …«
    In Begleitung von Korporal List nahm Duiker seine Wanderung durch das Lager der Adligen wieder auf. Nachdem sie ungefähr ein Dutzend Schritte gegangen waren, beugte List sich zu ihm hinunter. »Alar hat ausgesehen, als wollte er Euch herausfordern, Historiker.«
    »Dann ist er also bekannt? Wie ist sein Name – Alar?«
    »Pullyk Alar – «
    »Was für ein Pech für ihn …«
    List grinste.
    Sie kamen zu einem freien Platz in der Mitte des Lagers, wo gerade eine Züchtigung stattfand. Der gedrungene, vierschrötige Mann, der eine neunschwänzige Katze in einer von der Hitze aufgedunsenen Hand schwang, war ihnen vertraut. Das Opfer war ein Diener. Drei andere Diener standen ein Stück abseits, die Blicke abgewandt. Ein paar andere Adlige standen in der Nähe; sie hatten sich um eine weinende Frau geschart und flüsterten ihr tröstende Worte zu.
    Lenestros mit Gold-Brokat besetzter Mantel hatte einiges an Glanz verloren, und in seiner rotgesichtigen Wut, mit der er die Neunschwänzige schwang, sah er aus wie ein schäumender Affe, der auf dem Jahrmarkt die traditionelle Posse Der Spiegel des Königs aufführte.
    »Wie ich sehe, sind die Adligen sehr erfreut über die Rückkehr ihrer Diener«, sagte List trocken.
    »Ich nehme an, das hier hat mehr mit einem gestohlenen Schoßhund zu tun«, murmelte der Historiker. »Aber wie auch immer, das hier hat jetzt sofort ein Ende.«
    Der Korporal warf ihm einen raschen Blick zu. »Dann wird er einfach später weitermachen, Herr.«
    Duiker erwiderte nichts.
    »Wer stiehlt denn einen Schoßhund?«, fragte sich List, während er gemeinsam mit

Weitere Kostenlose Bücher