Im Bann der Wüste
die Hauptleute Sulmar und Chenned auf. Sulmars Haltung und sein Gesichtsausdruck verrieten Empörung, während Chenned spöttisch und amüsiert zugleich dreinblickte.
»Blut und Gedärm!«, zischte Sulmar, und sein eingefetteter Schnurrbart sträubte sich entrüstet. »Diesmal haben es diese verdammten Sappeure und ihr Hauptmann, den der Vermummte in diese Welt geschickt haben muss, wirklich versaut.«
Chenned fing Duikers Blick auf und schüttelte den Kopf. »Coltaine ist ganz bleich geworden, als er es gehört hat.«
»Was gehört hat?«
»Die Sappeure sind letzte Nacht abgehauen!«, knurrte Sulmar wütend. »Möge der Vermummte die verdammten Feiglinge ausrotten, alle miteinander! Möge Poleil sie mit Pestilenz segnen und ihre illegitime Brut mit ihrem eitrigen Kuss beglücken! Möge Togg auf den Eiern dieses verdammten Hauptmanns herumtrampeln und – «
Chenned brach in ungläubiges Gelächter aus. »Hauptmann Sulmar! Was würden Eure Freunde im Rat der Adligen zu solch unflätigen Verwünschungen sagen?«
»Brand soll Euch holen, Chenned! Ich bin in allererster Linie Soldat, verdammt! Wir sehen ein erstes Tröpfeln, das schon bald zu einer gewaltigen Flut werden wird – «
»Niemand wird desertieren«, unterbrach ihn Lull. Er fuhr sich langsam mit schwieligen Fingern durch den Bart. »Die Sappeure sind nicht weggeglaufen. Die haben irgendwas vor, da halte ich jede Wette. Es ist nicht leicht, diese ungewaschene, zusammengewürfelte Kompanie im Zaum zu halten, wenn man noch nicht einmal ihren Hauptmann ausfindig machen kann. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Coltaine diesen Fehler noch einmal machen wird.«
»Er wird auch gar keine Gelegenheit mehr dazu haben«, murmelte Sulmar. »Noch ehe der Tag zu Ende ist, werden uns die ersten Würmer in die Ohren kriechen. Heute feiern wir alle das Fest des Abschieds, denkt an meine Worte.«
Lull zog die Augenbrauen hoch. »Wenn das alles ist, was Ihr Euren Soldaten an Ermutigung mitgeben könnt, dann tun sie mir Leid.«
»Nur die Sieger haben Mitleid, Lull.«
Ein einzelnes Horn stieß einen klagenden Ton aus.
»Das Warten hat ein Ende«, sagte Chenned erleichtert. »Lasst mir ein Fleckchen Gras übrig, wenn ihr zu Boden sinkt, Kameraden.«
Duiker schaute den beiden Hauptleuten der Siebten nach. Diese Abschiedsworte hatte er schon lange nicht mehr gehört.
»Chenneds Vater war in Dassem Ultors Erstem Schwert«, sagte Lull. »Zumindest erzählt man sich das. Die Vergangenheit zeigt selbst dann ihr Gesicht, wenn die Namen aus der offiziellen Geschichtsschreibung getilgt werden, stimmt’s, alter Mann?«
Duiker war nicht in der Stimmung, um auf eine dieser Sticheleien einzugehen. »Ich glaube, ich überprüfe noch mal meine Ausrüstung«, sagte er und wandte sich ab.
Es war Mittag, bis endlich alle in Position waren. Als die Flüchtlinge schließlich begriffen, dass die Hauptarmee ohne sie den Fluss überqueren würde, hätte es beinahe einen Aufruhr gegeben. Dass Coltaine sich ausgerechnet den Wiesel-Clan ausgesucht hatte, um sie zu eskortieren – mit ihrer von Fäden durchzogenen Haut, ihren schwarzen Tätowierungen und den spitz zugefeilten Zähnen boten die Reiterkrieger wirklich einen erschreckenden Anblick –, bewies einmal mehr seine Gerissenheit, obwohl die Wiesel das blutdürstige Hohngeschrei, das sie jenen entgegenschleuderten, die sie eigentlich zu schützen geschworen hatten, fast ein bisschen übertrieben. Eine oberflächliche Ruhe kehrte ein, trotz der fieberhaften, verängstigten Bemühungen des Rates der Adligen und ihrer anscheinend unerschöpflichen Kapazität, Protestnoten und Eingaben zu verfassen.
Nachdem die Hauptstreitmacht schließlich versammelt war, gab Coltaine den Befehl vorzurücken.
Der Tag war glühend heiß, und vom ausgetrockneten Boden stiegen Staubwolken auf, sobald das kümmerliche Gras von Hufen und Stiefeln weggetrampelt worden war. Lulls Vorhersage, dass sie Staub fressen würden, erwies sich als niederschmetternd korrekt, wie Duiker feststellte, als er einmal mehr seine Gürtelflasche aus Zinn an die Lippen hob, um einen Schluck Wasser in den Mund und die ausgedörrte Kehle hinunterrinnen zu lassen.
Zu seiner Linken marschierte Korporal List; sein Gesicht war mit einer weißen Kruste überzogen, und immer wieder rutschte ihm der Helm in die schweißnasse Stirn. Zur Rechten des Historikers marschierte die Veteranin, die an dem Überfall auf den Tithansi-Kriegshäuptling beteiligt gewesen war. Duiker kannte
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