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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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hatten, wurde es so weit weg wie möglich aufgebaut. Duiker schaute sich um; er konnte es zwar nicht auf Anhieb entdecken, doch er wusste nur zu gut, dass er es finden würde, wenn er wollte. Halt nach der unordentlichsten Ansammlung von Zelten Ausschau, nach übelriechenden Dämpfen, zwischen denen Schwärme von Moskitos und Mücken herumschwirren – und du wirst das Lager der malazanischen Pioniere finden. Und dort wirst du dann auch Soldaten sehen, die wie Espenlaub zittern, Soldaten mit Pockennarben, die von Spritzern heißer Flüssigkeit stammen, mit versengten Haaren und einem dunklen, manischen Glanz in den Augen.
    Korporal List stand bei Hauptmann Lull am Rande des Lagers der Seesoldaten; nicht weit von ihnen erhoben sich die Befestigungen, hinter denen die Zelte der loyalen Hissari-Garde standen – jener Soldaten, die in grimmigem Schweigen ihre Tulwars und runden Schilde bereitmachten. Coltaine hatte absolutes Vertrauen zu ihnen, und die Einheimischen aus dem Reich der Sieben Städte hatten sich dieses Vertrauens wieder und wieder mit fanatischer Wildheit als würdig erwiesen. Es schien, als hätten sie sich eine Bürde aus Scham und Schuld auferlegt, derer sie sich nur entledigen konnten, indem sie alle verräterischen Mitglieder ihres Volkes niedermetzelten.
    Hauptmann Lull lächelte, als der Historiker zu ihnen trat. »Habt Ihr ein Stück Tuch für Euer Gesicht? Wir werden heute eine Menge Staub fressen, alter Mann.«
    »Wir werden am hinteren Ende des Keils sein, Herr«, sagte List. Er wirkte nicht besonders erfreut.
    »Nun, es ist mir immer noch lieber, Staub zu schlucken als kalten Stahl«, meinte Duiker. »Wissen wir schon, was uns erwartet, Lull?«
    »Für Euch immer noch ›Hauptmann‹.«
    »Sobald Ihr aufhört, mich ›alter Mann‹ zu nennen, spreche ich Euch mit Eurem Rang an.«
    »Ich habe nur einen Witz gemacht, Duiker«, sagte Lull. »Ihr könnt mich nennen, wie Ihr wollt, von mir aus auch schweineköpfiger Bastard, wenn Euch das gefällt.«
    »Das könnte wohl sein.«
    Lull verzog das Gesicht. »Ihr habt wohl wieder keinen Schlaf bekommen, was?« Er drehte sich zu List um. »Du hast die Erlaubnis, dem alten Kauz eins auf seinen verbeulten Helm zu geben, wenn er einnickt, Korporal.«
    »Wenn ich es schaffe, selbst wach zu bleiben, Hauptmann. Diese fröhliche Stimmung fängt allmählich an, mich müde zu machen.«
    Lull schnitt eine Grimasse und warf Duiker einen Blick zu. »Der Bursche zeigt zurzeit ja richtig Feuer.«
    »Recht hat er.«
    Die Sonne stand knapp über dem Horizont. Vögel mit hellen Schwingen flatterten über die buckligen Hügel im Norden. Duiker starrte auf seine abgetragenen Stiefel hinunter. Tau war durch das abgeschabte Leder gesickert. Spinnwebenfäden formten ein glitzerndes, ausgedehntes Muster über seinen Zehen. Er fand es unerklärlich schön. Altweibersommernetze … komplizierte Fallen. Doch ich bin gedankenlos hindurchgegangen und dadurch wurde die Arbeit dieser Nacht zerstört. Werden die Spinnen deswegen jetzt heute hungern?
    »Ihr solltet nicht zu lange darüber nachdenken, was alles geschehen könnte«, sagte Lull.
    Duiker lächelte, richtete den Blick zum Himmel hinauf. »Wie lauten die Befehle für heute?«
    »Die Seesoldaten der Siebten bilden die Speerspitze. Sie werden auf beiden Seiten von Reitern des Krähen-Clans flankiert – das sind die Widerhaken. Der Tollhund-Clan – jetzt schwere Kavallerie, die gewaltig wie Togg über das Land prescht – ist hinter den Seesoldaten; er wird für den nötigen Druck sorgen. Dann kommen die Verwundeten, die auf allen Seiten von den Fußsoldaten der Siebten beschützt werden. Das Ende werden die Hissari, die Roten Klingen und die Kavallerie der Siebten bilden.«
    Es dauerte einige Zeit, bis Duiker reagierte; dann blinzelte er den Hauptmann überrascht an.
    Lull nickte. »Die Flüchtlinge und die Herden bleiben auf dieser Seite des Tals, allerdings etwas nach Süden versetzt. Es gibt dort eine niedrige Felsplatte, die in den Karten als ›die Untiefen‹ verzeichnet ist; südlich davon befindet sich eine Hügelkette. Der Wiesel-Clan wird sie bewachen. Es ist am sichersten so; seit wir den Sekala überquert haben, sind die Mitglieder dieses Clans düster und gehässig geworden. Ob Ihr’s glaubt oder nicht – die Wiesel-Krieger haben sich alle die Zähne spitz zugefeilt.«
    »Wir ziehen also unbelastet in diese Schlacht.«
    »Wenn man von den Verwundeten absieht – ja.«
    Aus dem Lager der Infanterie tauchten

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