Im Bann der Wüste
Scheißer, bevor ich den Hafenverwalter holen und Euch in Ketten legen lasse!« Er hob eine bleiche Hand mit ungewöhnlich langen Fingern. »Megara, prügele den Kerl anständig durch!«
Der Leibwächter, der noch immer die Hand am Griff seines Schwerts hatte, trat vor.
»Lasst das!«, bellte der Kapitän. Ein halbes Dutzend Seeleute traten vor und bauten sich zwischen dem bärtigen Leibwächter und Salk Elan auf, wobei sie drohend Knüppel und Messer schwangen. Der Leibwächter zögerte und wich dann wieder zurück.
Der Kapitän lächelte, die Hände in die Hüften gestemmt. »Und jetzt«, sagte er in ruhigem, vernünftigem Tonfall, »werden ich und der Münzenstapler diesen Disput in meiner Kabine fortsetzen. In der Zwischenzeit werden meine Männer diesen beiden Dienern aus ihren verdammten Rüstungen – die der Vermummte holen soll – helfen und sie an einem sicheren Ort verstauen. Besagte Diener werden dann baden, und unser Feldscher wird sie auf Ungeziefer untersuchen – denn das dulde ich nicht an Bord der Lumpenpfropf ’-, und wenn sie entlaust sind, können sie dabei helfen, die letzten Vorräte ihres Herrn an Bord zu bringen – abgesehen von der Bleiholz-Bank, die wir dem Offizier des Zollbüros schenken werden, um unsere Abreise etwas einfacher zu machen. Und schließlich – alle weiteren Flüche auf diesem Schiff, ganz egal wie einfallsreich sie auch sein mögen, kommen von mir und niemand anderem. Das wäre alles, meine Herren.«
Falls der Schatzmeister zu widersprechen beabsichtigt hatte, wurde das dadurch zunichte gemacht, dass er plötzlich auf dem Deck zusammenbrach. Bei dem dumpfen Geräusch wirbelten die beiden Leibwächter herum, blieben dann stocksteif stehen und starrten auf ihren bewusstlosen Herrn hinunter.
Nach einem Augenblick sagte der Kapitän: »Nun, das wäre wohl doch nicht alles, wie’s scheint. Bringt den Münzenstapler nach unten und zieht ihm dieses Seehundfell aus. Wir haben noch nicht mal Anker gelichtet, und schon hat der Feldscher noch mehr zu tun.« Er drehte sich zu Salk Elan und Kalam um. »Und nun könnt Ihr Herren zu mir in meine Kabine kommen.«
Der Raum war nicht viel größer als der, den der Assassine bewohnte, und fast völlig leer. Es dauerte ein paar Minuten, bis der Kapitän drei Becher gefunden hatte, in die er einheimisches saures Bier aus einem Tonkrug goss. Ohne jeden Trinkspruch leerte der Mann seinen eigenen Becher zur Hälfte und wischte sich anschließend den Mund mit dem Handrücken ab. Seine Blicke huschten hierhin und dorthin, verweilten jedoch nie auf den beiden Männern vor ihm. »Die Regeln«, sagte er und verzog das Gesicht zu einer Grimasse, »sind einfach. Geht dem Schatzmeister aus dem Weg. Die Situation ist … verwirrend. Seit der Admiral unter Arrest steht – «
Kalam verschluckte sich an seinem Bier. »Was? Auf wessen Befehl?«, brachte er ein paar Augenblicke später krächzend heraus.
Der Kapitän starrte stirnrunzelnd auf Salk Elans Schuhe. »Auf Befehl der Hohefaust natürlich. Es gab wohl keine andere Möglichkeit, müsst Ihr wissen, die Flotte in der Bucht zu halten.«
»Die Imperatrix – «
»Weiß wahrscheinlich nichts davon. Es sind schon seit Monaten keine Klauen mehr in der Stadt gewesen. Niemand weiß, warum.«
»Und ihre Abwesenheit«, sagte Elan, »verleiht Pormquals Entscheidungen absolute Autorität, nehme ich an.«
»Mehr oder weniger«, räumte der Kapitän ein. Jetzt waren seine Blicke auf einen Querbalken gerichtet. Er trank sein Bier aus, schenkte sich nach. »Wie auch immer, der persönliche Schatzmeister der Hohefaust ist mit einem Schreiben hier aufgekreuzt, das ihm für die Dauer dieser Reise den Rang eines Kommandeurs verleiht, was bedeutet, dass er sich über meine Befehle hinwegsetzen kann, wenn er es wünscht. Nun besitze ich zwar einen Imperialen Freibrief, doch weder ich noch mein Schiff noch meine Mannschaft sind wirklich in der Imperialen Flotte, was die Dinge etwas verwirrend macht, wie ich vorhin schon gesagt habe.«
Kalam stellte seinen Becher auf dem einzigen Tisch in der Kabine ab. »Direkt gegenüber liegt ein Imperiales Frachtschiff am Kai, und genau wie wir macht es sich zum Auslaufen bereit. Warum, beim Vermummten, hat Pormqual seinen Schatzmeister mitsamt seiner Beute nicht auf das Schiff geschickt? Es ist schließlich größer und besser geschützt – «
»So ist es. Und es ist in der Tat von der Hohefaust beschlagnahmt worden und wird kurz nach uns in Richtung Unta
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