Im Bann der Wüste
an Bord mannigfaltige Verwendung. Die Hafenarbeiter hatten sich nur noch um Köpfe und Knochen zu kümmern, doch selbst dafür herrschte kein Mangel an begierigen Käufern, die sich auf der anderen Seite der Imperialen Barriere im Hafengebiet drängten.
Kalam hatte den Kapitän seit dem Morgen vor zwei Tagen, als sie an Bord gegangen waren, nicht mehr gesehen. Man hatte dem Assassinen die kleine Kabine gezeigt, die Salk Elan für Kalams Überfahrt gebucht hatte. Danach war er sich selbst überlassen worden, während der Kapitän sich aufgemacht hatte, für die Freilassung seiner im Gefängnis hockenden Mannschaft zu sorgen.
Salk Elan … Ich bin des Wartens, deine Bekanntschaft zu machen, überdrüssig …
Vom Fallreep her erklangen Stimmen. Ein schneller Blick verriet Kalam, dass der Kapitän zurückgekehrt war. Er wurde von einem großen, gebeugt gehenden Mann in mittleren Jahren begleitet. Sein scharf geschnittenes Gesicht war auffallend hager, seine schmalen Wangen entsprechend irgendeiner Mode bei Hofe hellblau gepudert, und er trug napanesische Seefahrerkleidung, die ihm allerdings viel zu groß war. Der Mann wurde von einem Paar Leibwächter flankiert. Beide waren groß; ihre roten Gesichter waren fast ganz unter verfilzten schwarzen Bärten und kunstlos geflochtenen Schnurrbärten verborgen. Sie trugen Topfhelme mit Nasenschutz, Kettenhemden, und an ihren Gürteln hingen Tulwars mit breiten Klingen. Kalam hätte nicht sagen können, welcher Kultur sie entstammten. Weder die Leibwächter noch ihr Herr schienen sich auf dem leicht schwankenden Deck besonders wohl zu fühlen.
»Ah«, sagte eine sanfte Stimme hinter dem Assassinen, »das wird wohl Pormquals Schatzmeister sein.«
Überrascht drehte Kalam sich um und sah sich dem Sprecher gegenüber, der an der Heckreling lehnte. Nahe genug, um mir einen Dolchstoß zu verpassen.
Der Mann lächelte. »Die Beschreibung von Euch war in der Tat sehr treffend.«
Der Assassine musterte den Fremden. Er war jung und schlank, in ein weites, widerwärtig grünes Seidenhemd gekleidet. Seine Gesichtszüge waren durchaus angenehm, allerdings eine Spur zu scharf geschnitten, um freundlich zu wirken. An seinen langen Fingern glitzerten Ringe. »Wer hat sie Euch gegeben?«, schnappte Kalam. Das plötzliche Auftauchen des Mannes hatte ihn nervös gemacht.
»Unser gemeinsamer Freund in Ehrlitan. Ich bin Salk Elan.«
»Ich habe keine Freunde in Ehrlitan.«
»Nun, dann war das eine etwas unglückliche Wortwahl. Es handelt sich um jemanden, der in Eurer Schuld gestanden hat; ich wiederum habe in seiner Schuld gestanden, was dazu geführt hat, dass ich mit der Aufgabe betreut wurde, für Eure Abreise aus Aren zu sorgen, was ich somit getan und mich dadurch von weiteren Verpflichtungen befreit habe – gerade noch rechtzeitig, wie ich hinzufügen möchte.«
Der Mann trug keine sichtbaren Waffen, was Kalam eine Menge über ihn verriet. Der Assassine schnaubte. »Spielchen.«
Salk Elan seufzte. »Ich spreche von Mebra, der Euch das Buch anvertraut hat, das ordnungsgemäß zu Sha’ik gebracht worden ist. Mebra hat geschlossen, dass Ihr nach Aren unterwegs seid. Er hat außerdem vermutet, dass Ihr entschlossen seid, die Heilige Sache mit Euren … hm, Talenten bis ins Herz des Imperiums zu tragen. Oder, besser, durch ein ganz bestimmtes Herz. Neben anderen Vorkehrungen habe ich auch eine Art Stolperdraht am Portal des Imperialen Gewirrs gelegt; als er ausgelöst wurde, wurden unverzüglich gewisse im Voraus arrangierte Ereignisse sozusagen ›mit ausgelöste« Der Mann wandte den Kopf und ließ den Blick über die Dächer der Stadt schweifen. »Nun, wie es sich herausgestellt hat, sind meine Aktivitäten in Aren in letzter Zeit eingeschränkt worden; dadurch war es nicht ganz einfach, die Vorkehrungen immer auf dem neuesten Stand zu halten. Was allerdings noch viel beunruhigender ist – auf mich ist ein Kopfgeld ausgesetzt worden … Das alles ist nur ein tragisches Missverständnis, das versichere ich Euch, doch ich muss gestehen, dass mein Vertrauen in die Gerichtsbarkeit des Imperiums nicht allzu groß ist – vor allem, wenn die Leibgarde der Hohefaust in die ganze Sache verwickelt ist. Daher habe ich nicht nur eine Kabine gebucht, sondern zwei. Meine liegt der Euren übrigens genau gegenüber.«
»Der Kapitän kommt mir nicht vor wie ein Mann mit billigen Loyalitäten«, sagte Kalam und versuchte seine Bestürzung zu verbergen. Wenn schon Mebra sich denken konnte, dass
Weitere Kostenlose Bücher