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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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ich vorhabe, die Imperatrix zu töten – wer könnte dann außer ihm noch daraufgekommen sein? Und dieser Salk Elan – wer immer er auch sein mag – hat ganz eindeutig keine Ahnung, wann es besser ist, den Mund zu halten … Es sei denn natürlich, er will mit seinem Getue irgendetwas aus mir herauskitzeln. Außerdem geht er möglicherweise nach einer schon klassischen Taktik vor: Man hat keine Zeit, die Wahrheit herauszufinden, wenn man gerade am Taumeln ist …
    Vom Hauptdeck klang die schrille Stimme des Schatzmeisters zu ihnen herauf, der sich mit einer Reihe von Beschwerden an den Kapitän wandte. Die Erwiderung konnte Kalam nicht verstehen; wenn der Kapitän überhaupt geantwortet hatte, dann hatte er es sehr leise getan.
    »Nein, billig nicht«, stimmte Salk Elan zu. »Nicht existent würde den Sachverhalt besser treffen.«
    Kalam grunzte. Er war gleichermaßen enttäuscht, dass seine Finte kein Ergebnis gebracht hatte, wie auch erfreut, dass er sich im Charakter des Kapitäns nicht getäuscht hatte. Beim Atem des Vermummten. Imperiale Freibriefe sind in diesen Tagen noch nicht mal das Pergament wert, auf dem sie geschrieben wurden …
    »Es gibt noch einen anderen Grund zur Bestürzung«, fuhr Elan fort. »Der Mann ist überdurchschnittlich intelligent, und er scheint sein einziges Vergnügen darin zu sehen, sich in Ausflüchten und Verschleierungen zu ergehen. Bei dem geheimnisvollen Treffen mit Euch in dem Gasthaus ist er ohne Zweifel wieder einmal weit übers Ziel hinausgeschossen.«
    Kalam musste gegen seinen Willen grinsen. »Kein Wunder, dass er mir auf Anhieb sympathisch war.«
    Elans Lachen war sanft, aber anerkennend. »Es sollte somit keine Überraschung sein, dass ich mich schon jetzt auf das allabendliche gemeinsame Essen an seinem Tisch freue.«
    Kalam behielt sein Lächeln bei, als er sagte: »Ich werde kein zweites Mal den Fehler machen, Euch meinen ungeschützten Rücken zuzukehren, Salk Elan.«
    »Ihr wart natürlich abgelenkt«, sagte der Mann gelassen. »Ich gehe nicht davon aus, dass sich eine solche Gelegenheit wiederholen wird.«
    »Ich bin froh, dass wir uns verstehen. Vor allem, da Eure Erklärung bisher mehr Löcher hat als dieses Schiff.«
    »Froh? Was für eine Untertreibung, Kalam Mekhar! Ich bin entzückt, dass wir uns so gut verstehen.«
    Kalam trat zur Seite und warf einen Blick hinunter zum Hauptdeck. Der Schatzmeister war mit seiner Tirade gegen den Kapitän noch immer nicht am Ende. Die Mannschaft rührte im Augenblick keinen Finger; alle Blicke waren auf das Schauspiel gerichtet.
    »Ts, ts«, schnalzte Salk Elan. »Was für ein eklatanter Verstoß gegen die Etikette, meint Ihr nicht auch?«
    »An Bord eines Schiffes hat der Kapitän das Sagen«, meinte der Assassine. »Wenn er wollte, hätte er das Ganze mittlerweile längst beenden können. Für mich sieht das eher so aus, als wollte der Kapitän diese Woge einfach über sich hinwegrauschen lassen.«
    »Trotzdem würde ich vorschlagen, dass wir beide uns einmischen.«
    Kalam schüttelte den Kopf. »Das geht uns nichts an, und es bringt auch nichts, wenn wir so tun als ob. Aber das ist meine Meinung; ich will Euch natürlich von nichts abhalten.«
    »Ah, aber es geht uns etwas an, Kalam. Wollt Ihr, dass alle Passagiere von der Mannschaft geteert werden? Aber vielleicht gefällt es Euch ja auch, wenn der Koch Euch in die Schleimsuppe spuckt.«
    Der Bastard hat Recht.
    Er schaute zu, wie Salk Elan gelassen zum Hauptdeck hinunterstieg, und folgte ihm einen Augenblick später.
    »Edler Herr!«, rief Elan mit lauter Stimme.
    Der Schatzmeister und seine beiden Leibwächter drehten sich um.
    »Ich vertraue darauf, dass Ihr die Geduld des Kapitäns voll und ganz zu schätzen wisst«, fuhr Elan fort. »Auf den meisten Schiffen wärt Ihr und Eure verweichlichten Diener schon längst über Bord gegangen, und zumindest zwei von euch wären wie Ballaststeine untergegangen – eine überaus befriedigende Vorstellung.«
    Einer der beiden Leibwächter stieß ein Knurren aus und schob sich ein Stück vorwärts; seine große, haarige Hand schloss sich um das Heft seines Tulwar.
    Der Schatzmeister war unter seiner Kapuze aus Seehundfell merkwürdig blass; trotz der Hitze und des schweren napanesischen Regenumhangs, den er um seine dürre Gestalt gewickelt hatte, zeigte sich auf seinem Gesicht kein einziger Schweißtropfen. »Ihr unverschämter Ersatz eines Krabbenafters!«, kreischte er schrill. »Trollt Euch in Euer Loch, blutbesudelter

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