Im Bann des blauen Feuers
Wasserfalls erinnerte. Es sah aus, als würde der Heuschreckendämon anfangen, von innen heraus zu glühen – immer heller und heller, bis Ash den Blick abwenden musste, um nicht geblendet zu werden. Dann – ganz plötzlich – war es vorbei. Und als Ash dorthin blickte, wo gerade noch die dämonische Kreatur gestanden hatte, entdeckte er nur noch ein rauchendes Häufchen Asche.
Er schüttelte den Kopf. So etwas hatte er noch nie zuvor erlebt, und ihm war im Laufe der Jahrtausende schon so einiges untergekommen. Die meisten der gefallenen Engel und auch viele der Nephilim, also der Nachkommen aus verbotenen Liebschaften zwischen Angeli und Menschen, besaßen irgendwelche besonderen Fähigkeiten. Doch Céleste war anders. Sie war ein Mensch – definitiv. Kein Tropfen Angelusblut floss in ihren Adern, davon war Ash felsenfest überzeugt. Wie konnte es also sein, dass sie trotzdem …?
Er kam nicht dazu, seinen Gedanken zu Ende zu bringen, denn nun griff der Lamarch an. Sein heiseres Kreischen zerriss die Stille, die sich nach der Vernichtung des Heuschreckenwesens über den Hinterhof gesenkt hatte. Der Dämon breitete seine fledermausartigen Schwingen aus und erhob sich mit einem einzigen, kraftvollen Flügelschlag in die Luft.
Ash zückte das Messer, das er stets bei sich trug. Er wusste, dass es angesichts des Gegners, mit dem er sich anlegen wollte, ein geradezu lächerliches Verteidigungswerkzeug war. Doch seine effektivste Waffe – Globus Igneus , der Ball aus Feuer, mit dem er einst die meisten seiner Gegner besiegt hatte – war ihm bei der Verbannung aus dem Elysium abgenommen worden. Er musste mit dem vorliebnehmen, was ihm geblieben war. Seine einzige Chance bestand darin, dem Lamarch die Klinge bei der Landung in die Brust zu stoßen, in die schwächste Stelle der Panzerung des Dämons, wie er wusste. Dass er vermutlich bei dem Versuch sterben würde, ließ ihn überraschend kalt.
Warum tust du das? Auch wenn Céleste über einige wirklich erstaunliche Fähigkeiten verfügt, ist sie dennoch nur ein Mensch. Willst du wirklich dein Leben für sie riskieren?
Zu seiner eigenen Überraschung lautete die Antwort: Ja. Über das Warum konnte er sich später Gedanken machen – wenn er dazu noch eine Gelegenheit erhielt.
Er schlich sich von hinten an den Lamarch heran, der seine Aufmerksamkeit allein auf Céleste gerichtet hielt, hob das Messer und … verfehlte die Höllenkreatur, als diese, wie zuvor schon das Heuschreckenwesen, von einer heftigen Druckwelle erfasst und durch die Luft geschleudert wurde.
Auch Ash prallte zurück. Er sah noch, wie der Körper des Lamarch in einer immer greller werdenden Kugel aus Licht verschwand. Dann schlug er mit dem Kopf voran auf den Boden auf, und er sah Sterne vor seinen Augen aufblitzen.
Dunkelheit!
Eine verzerrte Stimme, die wieder und wieder ihren Namen rief – oder war es nur das Echo, das in ihrem Kopf hin und her geworfen wurde?
Céleste stöhnte leise.
Ihr Schädel schmerzte so sehr, als wolle er zerspringen, und ihr Mund war so trocken, dass ihre Zunge sich wie ein nutzloses Stück Holz anfühlte. Irgendjemand zog sie an den Schultern und schüttelte sie, was das Hämmern in ihrem Kopf noch verstärkte. Sie versuchte, die Hände abzuschütteln. „Afffffffhööönnnn“, krächzte sie protestierend.
„Aufwachen, Céleste! Hey, nicht wieder einschlafen, hörst du? Wach auf!“
Vorsichtig öffnete Céleste die Augen – zuerst das eine, dann das andere. Ein helles Oval schwebte über ihr. Ein Gesicht?
Sie blinzelte, und langsam klärte sich ihr Blick. Philippe …? Nein, das war nicht Philippe, sondern …
„Ash …?“
War das etwa Besorgnis, die in seinen dunklen Augen lag? Er hockte neben ihr auf dem Boden und hielt sie in den Armen. Es fühlte sich alles andere als unangenehm an, ihm so nah zu sein. Seltsam, aber irgendwie … tröstlich. Warm. Geborgen. Sie kniff die Augen zusammen und versuchte, den letzten Rest von Benommenheit abzuschütteln. Langsam ebbte auch der Kopfschmerz ab, wurde zu einem leisen Klopfen am Rande des Spürbaren.
Erst jetzt wurde Céleste bewusst, wo sie sich befand. Sie runzelte die Stirn. Warum lag sie am Boden? Und was hatte Ash hier zu suchen? War sie etwa überfallen worden?
„Was … ist passiert?“, fragte sie mit heiserer Stimme.
Überrascht schaute er sie an. „Du weißt es nicht mehr?“
Sie versuchte noch einmal, etwas Ordnung in das Chaos hinter ihrem Schädel zu bringen, doch es wollte
Weitere Kostenlose Bücher