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Im Bann des Feuers Drachen2

Im Bann des Feuers Drachen2

Titel: Im Bann des Feuers Drachen2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cross
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Gefährten zu überleben, sondern auch, um das Wagnis angehen zu können, ein Leben als Schüler zu überstehen.
    »Wenn du sie nimmst, dann stimmst du zu, hier wegzugehen und Waivia zu suchen«, krächzte der Vogel. »Gesundheit gegen deine Dienste.«
    »Einverstanden«, sagte ich und stürzte mich schnell wie eine Schlange auf die Feder. Der Geier erhob sich mit einem schrillen Schrei in die Luft, und der Schlag seiner Schwingen wirbelte mir Staub in Augen und Mund. Meine Finger packten die Feder; sie löste sich in eine prickelnde Wolke auf, die sich sanft wie Nebel über mich legte, so zärtlich wie die Liebkosung einer Mutter. Ein feuchter Duft breitete sich aus, ein schwacher Geruch, wie Tau auf einer Orchideenblüte.
    Mein Kopf wurde sofort klar, meine Sinne geschärft. Auch wenn die Wunden auf meinem Rücken noch pulsierten, ebbte der Schmerz ab, bis er erträglich wurde.
    Der Geier landete einige Meter entfernt wieder auf der Erde und betrachtete mich argwöhnisch.
    Du wirst jetzt diesen Ort verlassen , sagte die Kreatur in meinem Schädel. Du wirst deinen Teil der Abmachung einhalten.
    Ich zögerte, stellte mir ein Leben vor, in dem ich fruchtlos Brutstätte Re durchwanderte, auf der Suche nach meiner gewiss längst toten Schwester.
    Der Geier hackte mit dem Schnabel nach mir. Du wirst dein Leben nicht wegen der Vision eines Wahnsinnigen wegwerfen! Nein! Es ist nur eine Fantasie, eine, an die du selbst nicht glaubst.
    Es ärgerte mich, dass sie so rasch und mühelos meine Schwäche und meinen Zweifel durchschaute. Wie alle Töchter meines Alters – ich war siebzehn und ungeheuer welterfahren, oder zumindest glaubte ich das – war auch ich sogleich entschlossen, die Wahrheit abzustreiten, die in den Worten meiner Mutter lag, und wenn auch nur, weil sie die Unverfrorenheit besaß, das Offenkundige auszusprechen.
    »Ich glaube an das, was ich in seinen Augen sah!«, schrie ich. »Ich kann es schaffen. Ich muss es, und ich werde es!«
    Wenn du dem Drachenmeister folgst, dann begibst du dich auf den Weg eines langsamen Selbstmordes.
    »Und was verlangst du von mir? Dass ich mein Leben wegwerfe, um eine Schwester zu suchen, die sehr wahrscheinlich längst tot ist.«
    Betrügerin! Lügnerin!
    »Nein! Ich halte mein Wort; ich werde hier weggehen.« Ich holte bebend Luft. »Aber noch nicht. Du hast nicht gesagt, wann ich gehen sollte, und ich bin noch nicht bereit dazu. Ich kann gut mit Drachen umgehen; vielleicht kann ich das erreichen, was ich im Blick des Drachenmeisters sah.«
    Der Geier kreischte und spreizte seine Schwingen.
    Ich hielt mir die Ohren zu, aber das konnte nicht verhindern, dass die krächzenden Schreie des wütenden Vogels in meinem Kopf widerhallten.
    Niemals mehr! Du wirst niemals mehr eine meiner Federn bekommen!
    »Dann lass mich allein! Verschwinde!«
    Mit einem letzten wütenden Kreischen schwang sich der erboste Vogel in die Luft, stieg mit kräftigen Schlägen seiner Schwingen in den Himmel empor und verschwand hinter den Stalldächern. Ich sank zitternd in den Schatten des Silos zurück.
    Ich hatte den Geist wirklich wütend gemacht. Welche Konsequenzen hatte ich zu erwarten?
    Ich wusste es nicht, und diese Ungewissheit bereitete mir Kopfzerbrechen.
    Die Sorge verschlimmerte noch meine Gewissensbisse, weil ich einen raffinierten Trick angewandt hatte, um die heilende Feder von dieser Kreatur zu ergattern, die – in einer anderen Form – meine Mutter gewesen war. Dennoch, war es nicht gerade das Fehlen von Mitgefühl, welches diesen Geist veranlasste, mir unaufhörlich nachzustellen? Re mochte mich davor bewahren, in meinem Streben, das zu erreichen, was ich begehrte, blind für Mitgefühl und Anstand zu werden. Re mochte mich davor behüten, zu einem Abbild meiner Mutter zu werden, zu dem, was sie in den letzten, wahnsinnigen Jahren ihres Lebens gewesen war.
    Doch was war es, wonach mich nun am stärksten verlangte?
    Konfus, nicht vor Schmerzen, sondern nur wegen meiner verzerrten Gedanken, döste ich ein.
     
    Leises Rauschen säumte meinen Schlaf, etwa wie Wogen, die gegen den Rumpf eines Bootes lecken und sich in den Schlaf schleichen, ohne einen wirklich aufzuwecken. Die Geräusche, die ich hörte, lösten nicht den Instinkt aus, hellwach hochzuschrecken, sprachen nicht den Trieb an, wegzulaufen, sich zu verbergen oder um Gnade zu bitten.
    Es waren Laute, wie man sie vielleicht im Mutterleib hört. Das Geräusch von Arbeit, von Menschen, die schwer und ehrlich schufteten. Das

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