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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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als er Iril, den kö­nig­li­che Stall- und Ross­meis­ter, er­kann­te. Er grüß­te Ra­vin mit ei­nem Ni­cken und ließ sei­nen Blick fach­män­nisch über Va­jus Hals und Bei­ne glei­ten. Ra­vin konn­te sich des Ein­drucks nicht er­weh­ren, dass er prüf­te, ob dem Re­gen­bo­gen­pferd kein Scha­den zu­ge­fügt wor­den war. End­lich schi­en Iril zu dem Schluss ge­kom­men zu sein, dass es Va­ju gut er­gan­gen war, und er lä­chel­te Ra­vin kurz zu.
    Der Nie­sel­re­gen perl­te an den Re­gen­bo­gen­pfer­den wie an ei­nem Spie­gel ab. Die Wie­sen, über die sie rit­ten, wa­ren nass, die Po­nys rutsch­ten und schlit­ter­ten, wenn es einen stei­len Weg bergab ging. Ra­vin er­tapp­te sich da­bei, wie er im­mer wie­der zu den Süd­ber­gen blick­te und das Land ab­such­te, nach ei­nem Au­gen­paar, nach ei­ner flie­hen­den Ge­stalt mit licht­lo­sem schwar­zem Haar. Er stell­te sich vor, wie die Wor­an zwi­schen den Fel­sen nach oben klet­ter­te, im­mer wei­ter nach oben, bis dort­hin, wo die Bäu­me auf­hör­ten zu wach­sen und das Grün matt und tro­cken wur­de. Ob sie von dort aus, wo sie jetzt war, in das Tal her­un­ter­blick­te?
    »Hör auf dich zu quä­len«, sag­te Dari­an ne­ben ihm. »Nichts bringt sie zu­rück.«
    Ra­vin senk­te er­tappt den Kopf.
    »Ich weiß«, ant­wor­te­te er un­ge­hal­ten. »Ich ha­be ver­stan­den, dass es Ami­na nicht mehr gibt. Aber soll ich an Jo­lon den­ken und an Finn und Di­la – und an all die an­de­ren, de­nen ich er­klä­ren muss, dass ich Jo­lon nicht hel­fen kann?«
    Dari­an schwieg.
    Es war be­reits Mit­tag, als die ers­ten Alsch­bäu­me in Sicht ka­men. Plötz­lich sah Ra­vin, wie Don­do­lo sich auf­bäum­te und einen Satz zur Sei­te mach­te. Re­flexar­tig griff er zu sei­ner Schleu­der. Am Wald­rand war nichts zu se­hen. Va­ju scheu­te, Don­do­lo bock­te und hät­te Dari­an um ein Haar ab­ge­wor­fen. Die an­de­ren Pfer­de blie­ben ru­hig. Ra­vin glitt aus dem Sat­tel, band Va­ju die Zü­gel hoch und ließ sie lau­fen. Dari­an tat es ihm nach. Rat­los stan­den sie auf der Wie­se und be­ob­ach­te­ten, wie die Pfer­de mit an­ge­leg­ten Oh­ren da­von­presch­ten, mit­ten in den Wald hin­ein. Sie schim­mer­ten durch die dunklen Baum­stäm­me, bis sie end­lich, an ei­ner Lich­tung an­ge­langt, ste­hen blie­ben und mit den Na­sen durch das ho­he Gras schno­ber­ten. Ra­vin er­kann­te et­was Hel­les im Grün. Hil­fe su­chend sah er sich nach Dari­an und Iril um, die eben­falls auf den hel­len Fleck starr­ten. Iril war es, der schließ­lich zu Va­ju trat und einen Blick in das ho­he Gras warf.
    Ra­vin sah, wie der große Mann schwank­te. Ein Ge­räusch kam aus sei­ner Keh­le, das er erst im zwei­ten Mo­ment als un­ter­drück­tes Schluch­zen er­kann­te. Dann sank der kö­nig­li­che Stall- und Ross­meis­ter auf die Knie.
    »Das dür­fen sie nicht tun!«, schrie er. »Das … das durf­ten sie nicht!«
    Dari­an war zu ihm ge­tre­ten und wur­de eben­falls blass. Trä­nen ran­nen über Irils Ge­sicht und ver­si­cker­ten in sei­nem schwar­zen Bart. Ra­vins Knie wa­ren weich, es war, als wür­de er sich selbst da­bei zu­se­hen, wie er zu den Pfer­den trat und sei­nen wi­der­stre­ben­den Blick auf das rich­te­te, was dort im Gras lag.
    Das Re­gen­bo­gen­pferd lag ver­dreht, als hät­te es einen schmerz­haf­ten Sturz er­lit­ten. Die Au­gen weit auf­ge­ris­sen, die Bei­ne an den Kör­per ge­presst wie im Krampf lag es da. Schaum troff aus sei­nem Maul und be­netz­te die Gras­hal­me. Über den ma­kel­lo­sen Hals floss Blut aus ei­ner tie­fen Schwert­wun­de, hin­ter­ließ ei­ne Spur von run­den Blut­per­len auf dem Fell und tränk­te den Bo­den. Die ver­krus­te­ten Wun­drän­der deu­te­ten dar­auf hin, dass das Pferd be­reits lan­ge, viel zu lan­ge in Qua­len auf dem Wald­bo­den lag. Iril streck­te die Hän­de aus und bet­te­te den Kopf so, dass er den Blut­fluss stil­len konn­te. Ra­vin fuhr das Stöh­nen des Pfer­des durch Mark und Bein. Noch ein­mal er­zit­ter­te es, dann at­me­te es mit ei­nem letz­ten ras­seln­den Laut aus und war ru­hig.
    Ein Ra­scheln hin­ter ih­nen, dann trat die Kö­ni­gin auf die Lich­tung. An ih­rem Ge­sicht konn­te Ra­vin nicht

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