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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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zer­brech­lich sein fried­li­ches Le­ben im Wald ge­we­sen war. Er hat­te ge­dacht in ei­ner stei­ner­nen Burg zu le­ben und stell­te nun fest, dass die Wän­de aus Luft und das Dach aus Wol­ken ge­macht wa­ren, die je­der Sturm­wind hin­weg­fe­gen konn­te, ihn und al­le Men­schen im Wald schutz­los dem Ge­wit­ter aus­lie­fernd.
    Er wisch­te sich die Trä­nen vom Ge­sicht und schnief­te. Der Wald wur­de dich­ter, ei­ni­ge Pfa­de kann­te Ra­vin be­reits, bei an­de­ren muss­te er sich auf die Zei­chen ver­las­sen, die er an den Äs­ten fand. Auf der letz­ten Stre­cke muss­ten sie ab­stei­gen und die Pfer­de un­ter den tief hän­gen­den Zwei­gen hin­durch­füh­ren. Da, wo das La­ger ge­we­sen war, be­fand sich ei­ne lee­re Lich­tung. Die Feu­er­stel­len wa­ren noch er­kenn­bar, auch die Plät­ze, auf de­nen die Zel­te ge­stan­den und die Po­nys ge­grast hat­ten.
    Dari­an war an Ra­vins Sei­te ge­tre­ten.
    »Sie schei­nen erst vor kur­z­er Zeit auf­ge­bro­chen zu sein«, sag­te er. Ra­vin fiel ein Stein vom Her­zen, selt­sa­mer­wei­se muss­te er la­chen, ob­wohl ihm zum Wei­nen zu­mu­te war. Dari­an hat­te Recht. Sie wa­ren ein­fach auf­ge­bro­chen – nichts deu­te­te dar­auf­hin, dass ein Über­fall oder ein Kampf statt­ge­fun­den hat­te.
    Es sah nicht so aus, als wä­re das La­ger schon lan­ge auf­ge­löst wor­den. Rechts von ihm er­kann­te er den Ab­druck ei­nes großen Zel­tes im Gras, viel­leicht war es das, in dem Jo­lon auf ihn ge­war­tet hat­te. Und vor ihm, un­ter ei­nem Alsch­baum, stand ein großer Ver­samm­lungs­tisch aus schar­ti­gem Holz. Selbst die Klöt­ze, die als Stüh­le dienten, wa­ren dort, so als hät­ten die Men­schen den Tisch le­dig­lich für ei­ni­ge Mo­men­te ver­las­sen.
    Ra­vin senk­te den Kopf. Und den­noch misch­te sich in die bren­nen­de Ent­täu­schung ein an­de­res Ge­fühl, ein Quänt­chen Er­leich­te­rung, wie er be­schämt fest­stell­te. In­zwi­schen hat­ten auch Ladro, Mel Amie und die an­de­ren das La­ger be­tre­ten und schau­ten sich ver­blüfft um.
    »Wo sind sie hin?«, frag­te Ladro.
    »Viel­leicht sind sie zu Gis­lans Burg auf­ge­bro­chen und wir ha­ben sie ver­passt?«, ver­mu­te­te Mel Amie.
    Doch Ra­vin schüt­tel­te den Kopf und ging ziel­stre­big auf den Alsch­baum zu. Mit of­fe­nen Mün­dern be­ob­ach­te­ten sei­ne Ge­fähr­ten, wie er sich zum nied­rigs­ten Ast han­gel­te und sich von dort aus mit ein paar ge­ziel­ten Grif­fen zur Baum­kro­ne hin­auf­schwang. An ei­nem Ast­loch an­ge­kom­men griff er hin­ein und zog ein Stück Le­der her­vor. Finns ver­trau­te Zei­chen­schrift leuch­te­te ihm ent­ge­gen wie ein war­mes Will­kom­mens­lä­cheln. Ein Blatt war auf das Le­der ge­malt, ein Alsch­blatt, und drei stei­le Za­cken. Ra­vin lach­te und sprang vom Baum.
    »Ich weiß, wo sie sind«, sag­te er und rann­te mit dem Le­der­lap­pen zu Dari­an und Ladro hin­über. »Das Alsch­blatt be­deu­tet, dass sie in Rich­tung Nor­den ge­rit­ten sind. Über den Alsch­hain. Und die drei Za­cken ste­hen für die drei Tür­me, die die Stein­burg einst hat­te. Sie ha­ben sich al­so in Si­cher­heit ge­bracht.«
    »Und nun?«, frag­te Dari­an.
    »Na, was wohl? Wir rei­ten so­fort hin­ter­her!«, sag­te Ladro barsch. Al­le Bli­cke rich­te­ten sich auf ihn. Ladro wur­de rot und senk­te den Kopf. »Ich mei­ne, weil die Kö­ni­gin uns dort er­war­tet«, mur­mel­te er.
    »Ladro hat Recht«, mein­te Mel Amie mit fes­ter Stim­me.
    Ra­vin über­leg­te.
    »Wenn die La­ger be­reits ih­re Plät­ze ver­las­sen, dann heißt es, dass sie ge­warnt wur­den oder be­reits von der Ge­fahr wuss­ten. Je­mand soll­te der Kö­ni­gin Be­scheid ge­ben.«
    »Der Mei­nung bin ich nicht«, sag­te Mel Amie ru­hig. Und beim Blick auf Ladros Ge­sicht wuss­te Ra­vin, dass er den Freund nicht wür­de über­re­den kön­nen. Dari­an war eben­so sprach­los wie Ra­vin. Als sie zu den Pfer­den zu­rück­gin­gen, sag­te nie­mand ein Wort. Ver­stoh­len be­trach­te­te Ra­vin Ladro, als er auf das Ban­ty stieg. Er sah be­drückt aus. Als sich Ra­vin wäh­rend des Ritts nach ihm um­dreh­te, be­merk­te er, dass er ein Stück zu­rück­ge­blie­ben war und of­fen­sicht­lich nach

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