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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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ent­ge­gen. Im Halb­däm­mer er­kann­te der Bo­te et­wa hun­dert Pa­ra­de­pfer­de mit lan­gen, ge­bo­ge­nen Hälsen. Fuchs­rot leuch­te­te ihr Fell – ty­pisch für die Pfer­de aus Lom. Der Bo­te lä­chel­te.
    Durch einen Sei­ten­gang be­trat er we­nig spä­ter mit dem Die­ner den Nord­flü­gel der Burg. Der Weg führ­te durch end­los schei­nen­de Gän­ge, de­ren Mau­er­werk durch­bro­chen war. Wind zog durch die Rit­zen und ließ den durch­näss­ten Bo­ten vor Käl­te zit­tern. Bald en­de­te der Gang in ei­nem Kor­ri­dor mit zahl­lo­sen Tü­ren. Ei­ne da­von öff­ne­te der Die­ner.
    »Es ist ei­nes der letz­ten frei­en Quar­tie­re, Herr«, mein­te er und lä­chel­te ent­schul­di­gend. »Und des­halb ziem­lich ab­ge­le­gen. Wenn Ihr hung­rig seid, wer­de ich Euch zum Tisch­saal be­glei­ten.«
    Der Bo­te wur­de rot und nick­te ver­le­gen.
    »Und wenn Ihr sonst noch et­was wünscht, Herr …«
    »Ja! Wann kann ich zur Kö­ni­gin?«
    »Nun, ich wer­de Euch an­mel­den. Heu­te sind Ge­sand­te aus Lom und Fio­rin an­ge­kom­men. Und wei­te­re aus Ta­na wer­den je­den Au­gen­blick er­war­tet. Ihr wer­det ge­ru­fen, so­bald es mög­lich ist. Viel­leicht schon in zwei Ta­gen.«
    »Zwei Ta­ge?« Der Bo­te war ver­zwei­felt. »Bis da­hin ist es viel­leicht zu spät!«
    »Worum, wenn ich höf­lich fra­gen darf, han­delt es sich? Ihr ver­steht, wenn ich es wüss­te, könn­tet Ihr viel­leicht mit ei­nem der Rä­te spre­chen.«
    Der Rei­ter schüt­tel­te hef­tig den Kopf.
    »Das, was ich zu be­rich­ten ha­be, kann ich nur der Kö­ni­gin selbst sa­gen. Ihr müsst ihr et­was aus­rich­ten!«
    »Ge­wiss, Herr! Ich kann es dem Un­ter­rat sa­gen, der dann ent­schei­det …«
    Un­ge­duld und Är­ger blitz­ten in den Au­gen des Bo­ten.
    »Dann sagt dem Un­ter­rat, dass Jo­lon in Ge­fahr ist! Jo­lon va La­gar aus dem Tjärg­wald. Und sagt ihm, ich tra­ge den Ring mit Gis­lans Sie­gel, den die Kö­ni­gin Jo­lon schenk­te.«
    Die Au­gen des Die­ners wur­den groß.
    »Gut, Herr. Und Ihr seid?«
    »Ra­vin va La­gar, Jo­lons Bru­der.«
    Der Die­ner warf einen letz­ten Blick auf den Ring und zog sich zu­rück. Die Tür fiel ins Schloss und ließ Ra­vin mit dem Ge­räusch von Re­gen al­lein.
    Er ging zum Ka­min und ließ sich auf den Bo­den sin­ken. Die Klei­der kleb­ten an sei­nem Kör­per. Jetzt erst, als er die Wär­me des Feu­ers an sei­nen klam­men Hän­den fühl­te, wur­de ihm be­wusst, dass er jäm­mer­lich fror. Wäh­rend des Rit­tes hat­te ihn die Sor­ge um sei­nen Bru­der die Mü­dig­keit und die An­stren­gung ver­ges­sen las­sen. In der Ecke des Raum­es ent­deck­te er einen Stuhl, über des­sen Leh­ne ein Ge­wand aus hel­lem Le­der hing. Ra­vin ü ber­leg­te, dann tapp­te er über den Stein­bo­den und nahm es an sich. Er wür­de es nur für kur­ze Zeit über­zie­hen, sag­te er sich, nur so lan­ge, bis sei­ne ei­ge­nen Sa­chen tro­cken wa­ren. Has­tig zog er sich aus, brei­te­te sei­ne Klei­dung vor dem Ka­min zum Trock­nen aus und streif­te das Ge­wand über. Das Le­der er­wärm­te sich rasch auf sei­ner Haut. Sei­ne ver­krampf­ten Mus­keln be­gan­nen zu schmer­zen. Um sie ein we­nig zu lo­ckern ging er im Zim­mer um­her und be­trach­te­te die glat­ten Wän­de, auf de­nen der Wi­der­schein des Ka­min­feu­ers tanz­te. Je nach­dem von wel­cher Sei­te das Licht der Flam­men auf­traf, leuch­te­ten sie in ver­schie­de­nen Far­ben. Schließ­lich blieb er vor dem Tisch aus ro­tem Holz ste­hen. Ernst und ver­wun­dert blick­te sein Spie­gel­bild ihn an. Ra­vin er­in­ner­te sich, dass Jo­lon ihn vor vie­len Jah­ren zur Re­gen­bo­gen­burg mit­ge­nom­men hat­te. In sei­ner Er­in­ne­rung war die Burg strah­lend weiß und ge­heim­nis­voll, nicht re­gen­grau und wuch­tig, wie er sie heu­te er­lebt hat­te. Er setz­te sich vor den Ka­min und bet­te­te den Kopf auf die Knie. In sei­nen Ge­dan­ken zo­gen Bil­der der ver­gan­ge­nen Ta­ge an ihm vor­bei. Wie­der sah es das blas­se Ge­sicht sei­nes Bru­ders vor sich und muss­te sich zu­sam­men­neh­men um nicht zu wei­nen. Krampf­haft rieb er sich die Au­gen, doch der Kum­mer und die Angst lie­ßen sich nicht ver­trei­ben.
    Den­noch muss­te er im Sit­zen

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