Im Bann des Fluchträgers
»Badok ist ein Taktiker. Wohlweislich hat er seine Vorhut nach Tamm geschickt. Hundert Krieger, um uns abzulenken, und tausend, um die Burg einzunehmen, Tjärg zu erobern und die seelenlose Hexe zu töten.«
Furcht huschte über die Gesichter der Anwesenden. Die Königin lachte bitter.
»Deine Annahme trifft wohl zu«, sagte sie.
»Leider ja, Majestät«, antwortete Ljann. »Zumindest wenn wir davon ausgehen, dass Badok nur Tjärg unter seine Herrschaft bringen will. Doch Laios und ich haben uns gefragt, was Badoks wahre Motive sein könnten. Warum ausgerechnet Tjärg?«
Auf Ljanns Geheiß rollte ein Diener etwas in die Mitte des Raumes, das auf den ersten Blick aussah wie ein seltsames Kunstwerk aus Erde und Ton. Stuhlbeine schleiften über den Boden, als die Räte aufstanden und sich weit vorbeugten um besser sehen zu können. Nur Laios blieb sitzen. Ravin kniff die Augen zusammen – und erkannte plötzlich die Südberge.
»Laios und ich haben eine besondere Landkarte von Tjärg erstellen lassen«, wandte sich Ljann nun an die Räte.
»Diese Karte zeigt nicht nur Tjärg, sondern auch die Nachbarländer, wie ihr seht. Bei einigen, wie Tamm, Tana und Lom, wissen wir, wie sie aussehen, bei anderen haben wir uns auf die Aussagen von Jarog verlassen.« Er nickte dem Zauberer zu. »Wir haben lange nachgedacht, welche Verbindungen es zwischen Skaris und Tjärg geben könnte. Seit Urzeiten waren wir dem Skarisland fern und Skaris uns. Was bewegt Badok nun dazu, nach uns zu greifen? Warum erobert er nicht die Ländereien um sein Reich? Wir kamen nur auf eine Lösung: Badok beginnt bei Tjärg. Danach ist Dantar eingekesselt. Wie in Tjärg kann er hier nun von zwei Seiten angreifen: vom Land und vom Meer. Auch die Kriegsschiffe dafür besitzt er bereits, die Dantarianer haben sie ihm selbst gebaut. Und was ist das nächste Ziel in Richtung Steppe? Fiorin! Ich bin sicher, dass ein Teil der Truppen bereits auf dem Weg dorthin ist. Seht selbst!«
Er zeigte auf die modellierten Lehmberge und zog die Grenzen zwischen Tjärg und Tana nach.
»Hier ist Tjärg. Dann kommt Tana. Und dahinter Fiorin. Nun, sie werden Fiorin erobern um danach Tana einnehmen zu können, das dann ebenfalls eingekesselt ist. Und so werden sie weitermachen, von Land zu Land, zwei Schritte vor, einen Schritt zurück. Gleichzeitig bedeutet das, dass Badok nicht Tjärg den Krieg erklärt hat und auch nicht der Hexe, von der er den Horjun erzählte, um die Angst zu schüren und ihnen einen Grund zum Kampf zu geben. Nein, Tjärg hat er aus Zufall gewählt, weil es von Dantar aus das übernächste Ziel ist.«
»Das hieße«, sagte Darian, »wir holen Verstärkung aus Tana im Glauben, dass wir damit Badoks Truppen besiegen können. Inzwischen greifen sie Fiorin an, das als Handelsland ungeschützt ist, während die Bündnistruppen aus Tana noch in Tjärg gegen die Erloschenen kämpfen.«
Ljann sah zu Laios, der aufstand und nickte. »Genau darum geht es. Deshalb darf es nicht die alleinige Strategie sein, nur Tjärg zu verteidigen. Vielmehr geht es darum, dafür zu sorgen, dass auch Fiorin Verstärkung bekommt. Wir werden auf einen Teil der Truppen aus Tana verzichten.«
»Es ist zu spät!«, meldete sich einer der Botschafter aus Tana zu Wort. Er war blass und Schweißperlen glitzerten auf seiner Stirn. »Die Jäger sind bereits unterwegs.«
»Dann werden wir ihnen entgegenreiten und sie warnen. Badok und Diolen werden erst in zwei Tagen bei der Burg sein.« Stimmengewirr erhob sich im Saal, bis die Königin aufstand und um Ruhe bat.
»Bereitet den Zug nach Tana vor«, sagte sie und wandte sich an einen Hauptmann der Wache. »Ich reite selbst und werde unsere Gesandten bis zu ihren Truppen begleiten. Hauptmann Kalib und Hauptmann Sahid werden in meiner
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