Im Bann des Fluchträgers
stehen und sah sich um. Auf Ravin verharrte ihr Blick nur kurz, er war nicht sicher, ob sie ihn überhaupt erkannte. Dann entdeckte sie die Pferde, und Darian, Ravin und das Feuer waren vergessen. Bei Dondolo blieb sie stehen, strich erstaunt über die lange Mähne, die im Feuerschein schimmerte.
»Darian«, flüsterte Ravin. »Was ist mit ihr los? Sie sieht so … verrückt aus. Diese Augen!«
»Ravin, sie ist verrückt. Und sie hat große Angst.«
»Wovor?«
Darian zuckte die Schultern.
»Wir werden auf sie aufpassen müssen.«
»Du willst sie mitnehmen?«
»Sieh sie dir doch an! Wir können sie nicht hier lassen. Sie scheint allein zu sein. Ich vermute, sie hat ihr Lager verloren oder wurde verstoßen.«
»Waldmenschen verstoßen einander nicht!«
»Und wenn sie kein Waldmensch ist?«
»Sie sieht aus wie einer. Hat sie dir gesagt, wie sie heißt?«
Darian schüttelte den Kopf.
»Kann sie überhaupt sprechen?«, bohrte Ravin weiter. Darian zuckte die Schultern. Ein Windstoß fachte das Feuer an und ließ sein Gesicht gespenstisch rot aufleuchten.
Am nächsten Morgen war das Mädchen fort und Dondolo auch. Zumindest war dies Ravins erste Vermutung, als er sich auf seinem Lager aufrichtete, den Tau aus dem Haar schüttelte und um sich blickte. Er beruhigte sich, dass Dondo, sollte sie ihn weggeführt haben, immer wieder den Weg zurück finden würde. Trotzdem war er verstimmt und hatte ein ungutes Gefühl. Er stand auf und ging zum Bach um sein Messer zu suchen, das irgendwo im flachen Bachlauf auf den Kieseln liegen musste.
Das Mädchen stand neben Dondolo am Bach und beobachtete, wie er mit dem Vorderhuf im Wasser wühlte und die dünne Eisschicht zerbrach. Es schien über die Begeisterung, die das Regenbogenpferd für das Wasser hegte, erstaunt zu sein. Ravins mulmiges Gefühl, das er beim Aufwachen verspürt hatte, zog sich bei diesem Anblick tief in einen Winkel seiner Seele zurück.
»Guten Morgen«, sagte er freundlich zu der Fremden. Sie wirbelte herum.
»Gefällt dir Dondo?«
Wieder flackerte die Furcht in ihren Augen auf. Zumindest schien sie sich daran zu erinnern, wer er war. Er bemerkte, wie sie ihn mit ihren Blicken abtastete, offensichtlich auf der Suche nach dem Messer.
»Keine Angst! Das Messer hast du mir gestern selbst aus der Hand geschlagen, weißt du nicht mehr?«
Er streckte die Hände aus, damit sie sehen konnte, dass sie leer waren. Vorsichtig watete er in das kristallkalte Wasser und machte die Freundschaftsgeste der Waldmenschen.
»Ich will dir nichts tun«, sagte er sanft. Offensichtlich erkannte sie die Geste, denn sie entspannte sich etwas. Ravin deutete auf Dondo, der ein Stück den Fluss hinunter stand und nun sein Maul tief ins Wasser senkte. Auf Ravins Ruf hin hob er den Kopf. Eisperlen hingen an den Haaren um sein Maul. Ravin lief am Ufer entlang um ihn zu holen. Verstohlen suchte er dabei das Wasser nach seinem Messer ab. Es musste genau an der seichten Stelle gelandet sein, die er durchwatete, doch er konnte es nirgendwo entdecken. Er bemerkte den misstrauischen Blick des Mädchens und befand, es sei keine gute Idee, weiter danach zu suchen. Bevor sie aufbrachen, würde er noch einmal allein zum Bach gehen. Also griff er in Dondos Mähne. Widerwillig verließ Dondolo das Wasser. Die Fremde kam näher und strich dem Pferd die Stirnfransen glatt.
»Dondo gefällt dir, nicht wahr?«, nahm Ravin sein einseitiges Gespräch wieder auf. »Dondo. Kannst du das sagen?«
Sie antwortete nicht.
»Dondolo«, wiederholte Ravin.
Sie deutete auf das Pferd und nickte. Sie verstand! Ravin lächelte überrascht und zeigte in Richtung des Lagers. Sie nickte wieder und er drehte sich um und ging voraus. Auf halbem Weg schaute er sich um und sah, wie sie ihm, die Hand in Dondos Mähne,
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