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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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folg­te.
    Dari­an war be­reits da­bei, das La­ger ab­zu­bre­chen, als die drei bei der Feu­er­stel­le an­ka­men.
    »Ich fürch­te, dei­nen Don­do bist du los!«, rief Ra­vin schon von wei­tem. Dari­an schau­te ver­wirrt hoch und riss die Au­gen auf.
    »O tat­säch­lich!«, rief er und lach­te.
    Ra­vin nahm einen lee­ren Was­ser­beu­tel von Va­jus Sat­tel.
    »Ich ho­le noch Was­ser«, rief er Dari­an zu und mach­te sich wie­der auf den Weg. Der Bach floss still und fried­lich, in der schrä­gen Mor­gen­son­ne war­fen die Bäu­me und Grä­ser lan­ge Schat­ten auf die spie­gel­glat­te Was­ser­flä­che am Ufer. Ra­vin ging zu der Stel­le, an der er das Mes­ser ver­mu­te­te. Er wa­te­te in das Was­ser hin­ein, spür­te die eis­kal­ten Kie­sel un­ter sei­nen Fü­ßen. Schritt für Schritt such­te er das Ufer ab. Ein-, zwei­mal blitz­te et­was Sil­ber­nes un­ter dem Eis auf, von dem er ver­mu­te­te, es sei die Klin­ge des Mes­sers, doch als er die Stel­le er­reicht und das Eis auf­ge­bro­chen hat­te, fand er wie­der nur Fluss­kie­sel. Das Mes­ser war fort, schloss er seuf­zend. Die Strö­mung war viel­leicht doch stark ge­nug um es fort­zu­spü­len.
    In der Mit­te des Ba­ches fiel Ra­vin ein Stru­del auf. Für den Bruch­teil ei­ner Se­kun­de peitsch­te ei­ne Flos­sen­hand über das Was­ser, dann war wie­der Stil­le. Ver­mut­lich war es ein über­mü­ti­ger Naj ge­we­sen. Ra­vin hat­te schon viel von ih­nen ge­hört, doch selbst noch kei­nen ge­se­hen. Es hat­te kei­nen Sinn, den Fluss­be­woh­ner zu ru­fen. Der Naj hat­te ihn schon längst ent­deckt. Wenn er neu­gie­rig ge­nug wä­re, hät­te er sich Ra­vin ge­zeigt. Ra­vin be­schloss sein Mes­ser auf­zu­ge­ben und stieg seuf­zend ans Ufer.
    Am frü­hen Vor­mit­tag bra­chen sie auf.
    »Was meinst du, sol­len wir am Grat ent­lang­rei­ten?«, rief Dari­an über die Schul­ter Ra­vin zu.
    »Frag doch das Mäd­chen«, rief er zu­rück. »Heu­te Mor­gen hat es mich ver­stan­den.«
    »Na­tür­lich ver­steht sie uns. Sie ist nur ver­rückt, nicht dumm.«
    Ra­vin hol­te mit Va­ju auf, bis sie ne­ben­ein­an­der rit­ten. Das Mäd­chen saß auf­recht vor Dari­an im Sat­tel, es dreh­te sich nicht um, als er es an­sprach. »Nun, was meinst du? Wie weit kön­nen wir uns nach Ska­ris wa­gen?«
    Oh­ne zu zö­gern streck­te es die Hand aus und deu­te­te auf den Wald, der sich am Ho­ri­zont als dunk­ler Strei­fen ab­zeich­ne­te. Als Dari­an nicht so­fort rea­gier­te, nahm es ihm die Zü­gel aus der Hand und lenk­te Don­do in die Rich­tung, die es ge­wählt hat­te.
    »Sie weiß an­schei­nend ge­nau, wel­chen Weg wir neh­men sol­len«, lach­te Dari­an. Ra­vin nick­te und wand­te sich an das Mäd­chen.
    »Kannst du uns dei­nen Na­men sa­gen?«
    Das Mäd­chen rea­gier­te nicht.
    »Willst du ihn nicht sa­gen?«
    Es schi­en gar nicht zu­zu­hö­ren. Dari­an wink­te ab.
    »Lass sie. Wir wer­den es schon noch er­fah­ren.«
    »Wenn nicht, wer­den wir einen Na­men fin­den«, ver­kün­de­te Ra­vin.
    Er hat­te die­se Wor­te laut und deut­lich ge­sagt und war­te­te ge­spannt auf ei­ne Re­ak­ti­on des Mäd­chens. Falls es ein Wald­mensch war – und ih­re Er­schei­nung deu­te­te dar­auf hin –, wür­de es sich ge­gen die­sen Vor­schlag weh­ren. Den Wald­men­schen wa­ren Na­men hei­lig, wenn sie ih­re Na­men ver­lo­ren, ver­lo­ren sie ih­re See­le. Doch das Mäd­chen hör­te nichts, es starr­te nur auf den düs­te­ren Wald­strei­fen am Ho­ri­zont. Sei­ne Au­gen glüh­ten. Ra­vin fühl­te sich un­wohl. Das mul­mi­ge Ge­fühl kroch aus dem ver­bor­ge­nen Win­kel her­vor. Viel­leicht hat sie ih­ren Na­men noch, aber ih­re See­le ver­lo­ren, dach­te er.
    Dari­an be­merk­te nichts von der selt­sa­men Stim­mung. Den gan­zen Tag über war er gut ge­launt, er­zähl­te Ge­schich­ten von Aben­teu­ern, die er ger­ne be­stan­den hät­te, und ver­such­te sich an al­len mög­li­chen Ta­schen­zau­be­rei­en, um das ver­rück­te Mäd­chen zum La­chen zu brin­gen. Doch es lach­te nie, es lä­chel­te nicht ein­mal.
    Nun sah es schwei­gend zum Wald hin­über, wäh­rend Ra­vin die letz­ten zwei ge­trock­ne­ten Ja­lafrüch­te auf­brach und das Frucht­fleisch

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