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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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ernst und wisch­te die Zeich­nung mit ei­ner ge­üb­ten Hand­be­we­gung weg. Graue Schlie­ren blie­ben auf dem Stein zu­rück.
    »Ent­schul­di­ge bit­te«, mur­mel­te Ra­vin be­schämt. »Ich ha­be schlecht ge­träumt. Ich woll­te dich wirk­lich nicht be­lei­di­gen … Sel­la.«
    Sie nick­te oh­ne ein Lä­cheln. Hin­ter dem schwar­zen Wald­strei­fen wur­de der Him­mel be­reits hell.
     
    V
    er­dammt, ver­dammt, ver­dammt!«, schrie Dari­an. »Sie lacht ein­fach nicht! Sie ist wie ein­ge­fro­ren!«
    Ra­vin kann­te die­se plötz­li­chen An­fäl­le von Ver­zweif­lung in­zwi­schen nur zu gut. Das Ver­hal­ten sei­nes Freun­des ver­wun­der­te ihn – Ra­vin zog es vor, sich im frem­den Wald lei­se zu ver­hal­ten, um kei­ne Ran­jögs oder Schlim me­res auf sich auf­merk­sam zu ma­chen. Doch Dari­an schi­en al­le Vor­sicht zu ver­ges­sen. In den ver­gan­ge­nen Ta­gen hat­te er sich mit ei­ner wah­ren Be­ses­sen­heit um Sel­la be­müht. Manch­mal wenn ein An­flug von Är­ger Ra­vin miss­mu­tig stimm­te, kam es ihm vor, als hät­te Dari­an den Grund ih­rer Rei­se völ­lig ver­ges­sen. Er wuss­te, die­se Ge­dan­ken wa­ren un­ge­recht, doch konn­te er nicht an­ders, wenn er be­ob­ach­te­te, wie Dari­an ver­such­te das Mäd­chen da­zu zu be­we­gen, nur ein ein­zi­ges Mal zu lä­cheln. Ra­vin dach­te sich, dass sie selbst auch kei­nen Grund zum La­chen hat­ten. Seit Ta­gen rit­ten sie durch den Wald. Nichts, nicht ein­mal Spu­ren von Wald­men­schen, deu­te­te dar­auf hin, dass sich je­mand im Grenz­ge­biet auf­hielt. Auf die­se Wei­se konn­ten sie Skaard­ja nicht fin­den. Ehe sie sichs ver­sa­hen, wür­den sie mit­ten in Ska­ris sein.
    Wenn der Är­ger zu sehr an ihm nag­te, nahm Ra­vin sei­ne Stein­schleu­der und tauch­te im dich­ten Wald un­ter. Er er­beu­te­te Ha­sen und such­te nach Früch­ten und dem we­ni­gen ess­ba­ren Grün, das so früh im Jahr schon wuchs. Ein­mal hör­te er den dump­fen Ga­lopp von Ran­jögs und war­te­te mit klop­fen­dem Her­zen, in der Hoff­nung, dass sie ihn nicht wit­tern wür­den. Er be­kam sie nicht zu Ge­sicht, doch der Wald­bo­den er­zit­ter­te un­ter ih­rem Ge­wicht. Noch lan­ge nach­dem das letz­te Ran­jög wei­ter­ge­zo­gen war, kau­er­te Ra­vin an­ge­spannt und be­we­gungs­los hin­ter ei­ner Tan­ne.
    Al­lei­ne mit sei­ner Sor­ge um Jo­lon hat­te er es sich an­ge­wöhnt, abends mit Va­ju nach Pfa­den und Hin­wei­sen auf Men­schen zu su­chen, wäh­rend Dari­an und Sel­la am Feu­er blie­ben. Schwe­ren Her­zens be­merk­te er, wie sich sein Freund im­mer mehr um das Mäd­chen küm­mer­te.
    »Sie war nicht im­mer ver­rückt«, hat­te Dari­an ihm er­klärt. »Ein schreck­li­ches Er­leb­nis muss ihr den Ver­stand ge­raubt ha­ben – oder ihn in ir­gend­ei­nen dunklen Win­kel ih­res Be­wusst­seins ge­scheucht ha­ben wie ein Tier auf der Flucht. Be­stimmt kommt sie wie­der zu sich!«
    Manch­mal leg­te Dari­an ihr vor­sich­tig die Hand auf die Stirn – ei­ne Ges­te, die sie sich zu Ra­vins Er­stau­nen ge­fal­len ließ – und sprach ei­ni­ge Wor­te in der Hoff­nung, sie aus ih­rer Ver­wir­rung zu­rück­zu­ho­len. Und jetzt stand Dari­an am Wald­rand und schrie: »Ver­dammt, ver­dammt, ver­dammt!«
    Ra­vin leg­te ihm die Hand auf die Schul­ter.
    »Es hilft ihr nicht, wenn du fluchst.«
    »Ich weiß, ja. Aber ich kann es nicht be­grei­fen. Sie ist so jung – und ihr Ge­sicht so alt und trau­rig. Ich will nur, dass sie wie­der fröh­lich sein kann. In ih­rem In­ne­ren scheint sich ein schreck­li­ches Bild fest­ge­klemmt zu ha­ben, das sie stän­dig vor Au­gen hat, an­statt zu se­hen, wie die Welt wirk­lich ist«
    »Die Welt ist nicht nur schön«, sag­te Ra­vin lei­se. Er hat­te nicht vor­ge­habt sei­nem Freund einen Vor­wurf zu ma­chen, doch nun er­tapp­te er sich da­bei, dass Bit­ter­keit in sei­ner Stim­me mit­schwang.
    Dari­an sah ihn ver­wirrt an. Ra­vin woll­te sich auf die Zun­ge bei­ßen, aber zu sei­ner ei­ge­nen Über­ra­schung spru­del­ten die Wor­te wie von selbst aus ihm her­aus.
    »Kein ein­zi­ges Mal, seit Sel­la bei uns ist, hast du dich nach Jo­lon er­kun­digt. Und dass wir Skaard­ja mit­ten im Wald kaum fin­den wer­den, ist dir

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