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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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frag­ten nach Skaard­ja. Und je­des Mal trug Ra­vin sei­ne Ge­schich­te vor, die ihm wie ein zwei­tes Ich in Fleisch und Blut über­zu­ge­hen be­gann, bis er nicht mehr Ra­vin, der Wald­mensch, son­dern nur noch Ra­vin, der Rast­lo­se, war.
    Un­merk­lich be­gann das Land sich zu ver­än­dern. Je wei­ter sie in Rich­tung Sü­den zo­gen, de­sto käl­ter und kah­ler wur­de es, die Luft duf­te­te be­reits nach Eis und Win­ter­stür­men. Die Ja­la­bäume wur­den sel­te­ner, im­mer mehr Tan­nen säum­ten die stei­len Berg­pfa­de.
    Als sie die Ber­ge schon bei­na­he hin­ter sich ge­las­sen hat­ten, fiel der ers­te Schnee und blieb lie­gen. Ra­vin und Dari­an mach­ten in ei­nem der Dör­fer Halt, die nur aus vier Hüt­ten be­stan­den, und tausch­ten Tei­le ih­res Räu­cher­fleischs ge­gen De­cken ein, die sie un­ter die Sät­tel leg­ten und in die sie sich nachts ein­wi­ckel­ten. Dari­an hat­te sich in­zwi­schen dar­an ge­wöhnt, auf dem Bo­den zu schla­fen. Ra­vin hat­te ihm ge­zeigt, wie man sich mit Rei­sig und ge­trock­ne­tem Laub auch in kal­ten Näch­ten ein war­mes La­ger er­rich­ten konn­te. Wenn sie kei­ne Ja­lafrüch­te hat­ten, ging Ra­vin mit sei­ner Stein­schleu­der auf die Jagd. Ein­mal er­beu­te­te er so­gar ei­ne stein­graue Ech­se, die er über dem Feu­er briet. Er lach­te über Darians Ge­sicht, als die­ser vom Bach zu­rück­kam und die Mahl­zeit in vol­ler Grö­ße über der Glut rös­ten sah. Doch Dari­an über­wand sich und stell­te fest, dass das Fleisch der Ech­se sehr viel zar­ter und bes­ser schmeck­te als die Wach­teln und Ha­sen.
    Im­mer häu­fi­ger tra­fen sie auf Hall­ge­spens­ter, de­ren Stim­men sie über vie­le Stun­den hin­weg be­glei­te­ten. Sie er­tru­gen das Ge­säu­sel und Ge­win­sel und ver­mie­den es, mit­ein­an­der zu spre­chen, um den sche­men­haf­ten Ge­stal­ten kei­ne Ge­le­gen­heit für ein Echo zu ge­ben. Be­un­ru­higt stell­te Ra­vin fest, dass es vie­le wa­ren, sehr vie­le, und je nä­her sie den Dör­fern und Sied­lun­gen ka­men, de­sto mehr schie­nen sich um sie zu scha­ren.
    Nicht über­all wa­ren die Rei­sen­den will­kom­men. Von ei­ni­gen Hö­fen wur­den sie mit dro­hen­den Wor­ten und Stei­nen fort­ge­jagt. Die Men­schen wa­ren arm und selbst so hung­rig, dass sie mit gie­ri­gen Au­gen auf die Sat­tel­ta­schen der Rei­sen­den blick­ten. An die­sen Or­ten ver­weil­ten Ra­vin und Dari­an nicht und rit­ten, egal wie mü­de sie wa­ren, die Nacht hin­durch.
    Sie wa­ren froh, als sie end­lich das Ge­biet um Tjärg-Tamm er­reich­ten, das dich­ter be­sie­delt war und wo sie in den Dör­fern oder in ei­nem Wirts­haus un­ter­kom­men konn­ten. Die Men­schen in Tamm wa­ren meist freund­lich und ga­ben ih­nen ei­ne Mahl­zeit oder so­gar einen Stall für die Pfer­de. Als Ge­gen­leis­tung ließ Dari­an Don­do­lo Kunst­stücke ma­chen oder zau­ber­te den Leu­ten et­was vor. Ei­ni­ge ein­fa­che Tricks, bei de­nen, wie er sag­te, selbst Dari­an, der Schre­cken von Gis­lans Burg, nicht viel ver­kehrt ma­chen konn­te. Er ließ Kar­ten über den Tisch hüp­fen oder brach­te Tür­sch­lös­ser da­zu, einen Be­cher Wein zu ver­lan­gen und zur Freu­de des Pu­bli­kums so lan­ge da­nach zu heu­len, bis der Wirt sich er­barm­te und den Be­cher auf den Tisch stell­te. Manch­mal ließ Dari­an auch Brot ver­schwin­den und an sei­ner Stel­le ei­ne Mar­ju­la­b­lu­me er­blü­hen. Die­se ein­fa­chen Tricks be­geis­ter­ten sein Pu­bli­kum, lie­ßen sie stau­nen oder beim An­blick der nie ge­se­he­nen Blu­me seuf­zen. Nie­mand be­stand dar­auf, dass Dari­an das Glas Wein be­zahl­te oder die Blü­te wie­der in Brot ver­wan­del­te. Und nie­mand frag­te da­nach, ob das Brot auf wun­der­sa­me Wei­se in ih­rer Sat­tel­ta­sche wie­der auf­tauch­te. Ra­vin mach­te sei­ne Run­de durch das Dorf, klopf­te an große, klei­ne, schä­bi­ge und po­lier­te Tü­ren und frag­te nach Skaard­ja. Die meis­ten Leu­te schüt­tel­ten den Kopf, doch ei­ni­ge schenk­ten ihm ein Glas ver­dünn­ten Wei­nes ein und er­zähl­ten, was sie von Skaard­ja wuss­ten. Man­che hat­ten von ei­ner ih­rer Hei­lun­gen ge­hört, an­de­re hat­ten sie selbst ei­ni­ge Zeit

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