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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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zwi­schen den Fel­sen auf der Hin­ter­hand um und ga­lop­pier­te oh­ne zu zö­gern da­von. Lan­ge noch war das Echo sei­ner don­nern­den Huf­schlä­ge zu hö­ren. Ra­vin tat der Ab­schied nicht Leid, im Ge­gen­teil. Er war froh, die­ses un­heim­li­che weiß­äu­gi­ge Pferd los zu sein. Vor­sich­tig klet­ter­te er wei­ter, im­mer en­ger wur­de der Fel­sen­gra­ben, bis er sich schließ­lich hin­durch­zwän­gen muss­te.
    In die­ser Nacht schlief er Schul­ter an Schul­ter mit den kal­ten Fels­wän­den. Über sich sah er einen Strei­fen dun­kelblau­en Him­mels und ei­ni­ge Ster­ne. Er er­in­ner­te sich an die Zeit, als er mit Sel­la und Dari­an un­ter den duf­ten­den Zwei­gen der Ta­ni­stan­nen ge­schla­fen hat­ten, ihr At­men ne­ben ihm. Nie zu­vor hat­te er sich so ein­sam ge­fühlt wie jetzt. Lan­ge such­te er nach Jo­lons Ge­sicht und fand es nicht. Schließ­lich sank er er­schöpft in einen be­un­ru­hi­gen­den Traum:
    Er wa­te­te auf ei­ner nas­sen Wie­se, sei­ne Fü­ße wa­ren klamm, er frös­tel­te. Er­staunt sah er, dass das Gras schwarz war – und auch Gis­lans Burg, die vor ihm auf­tauch­te, schi­en dun­kel und fremd. Er blin­zel­te im Licht ei­ner grel­len Son­ne und sah, dass die Burg aus Glas war. Dar­in stau­te sich Rauch. Eis­re­gen fiel vom Him­mel, doch der grel­le Schein blieb. Schwar­ze Ne­bel­schwa­den trie­ben an ihm vor­bei und ball­ten sich zu stum­men Ge­stal­ten. Ra­vin sah Krie­ger mit lan­gen, wil­den Bär­ten. Laut­los rit­ten sie an ihm vor­bei. Un­ter den Hu­fen ih­rer Wol­ken­pfer­de er­zit­ter­te die Er­de. Die kal­ten Pfer­de­lei­ber dräng­ten sich ge­gen Ra­vin, er hielt die Luft an und schob sich wei­ter – da end­lich sah er Jo­lon. Er saß vor ei­nem Feu­er, das mit­ten auf der Wie­se brann­te. Sei­ne Au­gen wa­ren nicht ge­schlos­sen, der Traum­reif lag nicht mehr um sei­ne Stirn. Am Ran­de sei­nes Blick­fel­des ge­wahr­te Ra­vin wie­der den schwar­zen Schat­ten. Rasch wand­te er den Kopf, doch das dunkle Et­was war be­reits da­von­ge­huscht. Als er den Blick wie­der auf Jo­lon rich­ten woll­te, stand Ami­na vor ihm. Ih­re Au­gen kalt und blau wie Eis, die Haa­re wan­den sich und zuck­ten um ihr Ge­sicht wie schwar­ze Blit­ze. Ih­re Hän­de wa­ren die Hän­de ei­ner Wor­an, dun­kel, grau­sam und zu Fäus­ten ge­ballt. Hin­ter ihr stand Darians Lehr­meis­ter, der al­te Hof­zau­be­rer Lai­os, und blick­te Ra­vin ernst an. »Ra­vin, wach end­lich auf!«, sag­te er.
    Ra­vin schreck­te hoch, die Stil­le zwi­schen den Fel­sen dröhn­te in sei­nen Oh­ren.
    War Jo­lon in Ge­fahr? Ra­vin rief sich das Bild der Kö­ni­gin ins Ge­dächt­nis. Sorg­fäl­tig zeich­ne­te er je­des Fält­chen auf ih­rem Ge­sicht nach, je­de klei­ne Schat­tie­rung, stell­te sich die Far­be und den Aus­druck ih­rer Au­gen vor. End­lich, nach Ewig­kei­ten, strich der Fal­ter ein­mal sacht über sei­ne Stirn. Er ent­spann­te sich. Den­noch blieb ein mul­mi­ges Ge­fühl. Et­was hat­te sich ver­än­dert. Be­un­ru­higt stand er auf und mach­te sich trotz sei­ner Mü­dig­keit auf den Weg. Über ihm leuch­te­te der Nacht­him­mel. Lang­sam tas­te­te er sich wei­ter und wich, so gut er konn­te, den dor­ni­gen Zwei­gen aus. Ge­gen Mor­gen, als der schma­le Spalt Him­mel über ihm sich ro­sa­grau ver­färb­te, stand er er­schöpft vor dem schma­len Höh­len­ein­gang. Be­vor er in den Tun­nel stieg, sam­mel­te er so vie­le der ro­ten Bee­ren, wie in sei­ne Ta­sche pass­ten. Wer wuss­te, wie lan­ge er in der Höh­le un­ter­wegs sein wür­de.
    Im In­ne­ren der Höh­le fühl­te er nas­sen Stein und nach ein paar Schrit­ten stieß sei­ne Hand auf et­was Pel­zi­ges. Er­schro­cken zog er die Hand zu­rück und zerr­te sein Schwert her­vor, im­mer in der be­ben­den Er­war­tung, dass sich je­den Au­gen­blick ei­ne Mar­tis­kat­ze auf ihn stür­zen wür­de. Doch dann wur­de ihm be­wusst, dass es sich um ein zer­fa­ser­tes Seil han­del­te. Er um­fass­te es und spür­te feuch­tes Moos un­ter sei­nen Fin­gern. Am liebs­ten hät­te er einen Freu­den­schrei aus­ge­sto­ßen, doch er dach­te an die Hall­ge­spens­ter, die si­cher noch in der Nä­he wa­ren und be­gnüg­te sich mit

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