Im Bann Des Jaegers
reinkommen.«
Ein ersticktes Knurren stieg in Kanes Kehle auf, und er kauerte sich vor Rose hin und nahm ihr Kinn in seine Hand. »Du hast ihnen mit meinem Baby in deinem Bauch nachspioniert und die Örtlichkeiten ausgekundschaftet?« Er stieß die Worte einzeln durch zusammengebissene Zähne hervor.
»Ja«, sagte sie mit sehr ruhiger Stimme, und ihre dunklen Augen waren nüchtern und sachlich. »Bevor ich den Entschluss gefasst habe, Verstärkung anzufordern. Ich sagte dir doch, dass ich entschieden habe, ich könnte sie nicht allein retten. Dachtest du etwa, zu dieser Einschätzung der Lage sei ich von hier aus gelangt?«
»Verflucht nochmal, Frau. Wenn du so etwas noch einmal tust, bekommst du Schwierigkeiten mit mir.«
Sie sah ihn lange Zeit an. Ihr habt dieselben Augen. Natürlich nicht dieselbe Farbe, aber ihr könnt beide richtig unheimlich wirken.
Es war das erste Mal, dass sie zu dem weitaus intimeren Mittel der telepathischen Verständigung griff. Er wusste, dass Javier ihr Angst einjagte, und er hätte sie gern in seine Arme gezogen und sie eng an sich gedrückt, um sie zu beruhigen. Es dauerte einen Moment, bis er begriff, dass auch er ihr Angst einjagte. Sie zeigte es nicht, aber er wusste es.
»Rose, keiner von uns beiden will dich zu Whitney zurückschicken oder dir in irgendeiner Weise schaden. Du stehst kurz vor der Entbindung, und du wirst Hilfe brauchen. Bleib hier und warte auf uns.«
»Ich sagte doch schon, ich würde nicht fortlaufen.«
Wieder sah sie ihm fest in die Augen. Nichts wies darauf hin, dass sie ihm auswich, und doch … Kane seufzte und stand auf. »Auf mich wartet Arbeit. Ich komme zurück und hole dich.«
Rose nickte. Sie blieb auf dem Stuhl sitzen, als Kane wieder auf das Schlafzimmer zuging. Javier ließ sie keinen Moment lang aus den Augen, auch dann nicht, als er sich zum Schlafzimmer zurückzog, wobei er darauf achtete, dass sein Körper zwischen ihr und Kane war.
Hör auf mit deinen Einschüchterungsversuchen, und lass uns gehen, zischte Kane.
Du gehst voran. Und, nebenbei bemerkt, ich lächele, gab Javier zurück.
Wie eine Schlange, erwiderte Kane und verließ das Apartment auf demselben Weg, auf dem er es betreten hatte. Javier folgte ihm in die Nacht hinaus.
2.
Sowie Kane und Javier gegangen waren, schlug sich Rose beide Hände vors Gesicht und gestattete es sich einen Moment lang, unbeherrscht zu zittern. Sie musste mehrfach tief Atem holen, um zu verhindern, dass sie vollständig zusammenbrach und alberne, dumme Tränen vergoss. Im Vergleich zu den anderen Frauen, mit denen sie aufgewachsen war, war sie immer sehr furchtsam gewesen. Die anderen hatten keine Probleme oder Bedenken bei ihrem Training gehabt, doch sie war immer zaghaft gewesen und hatte sich gezwungen, ihre Furcht nicht zu zeigen, obwohl ihr manchmal gegraut hatte – so wie jetzt.
Kane Cannon. Sie erinnerte sich in lebhaften Einzelheiten an jeden Moment, den sie gemeinsam verbracht hatten. Daran, wie er roch. An seine unglaubliche Kraft. Wie sich seine Haut auf ihrer anfühlte. Sie hatte ihn als Vater ihres Kindes ausgesucht, weil sie wusste, dass die Situation ausweglos war. Whitney hatte die Geduld mit ihr verloren und hätte, wenn sie gerade fruchtbar war, den Mann seiner Wahl zu ihr geschickt. Kane Cannon war skrupellos und gefährlich und von einem Moment auf den anderen zu Gewalttätigkeit fähig. Er war gnadenlos und erbarmungslos, wenn es notwendig war, doch eine ihrer übersinnlichen Gaben bestand darin, zu erkennen, wann jemand sie belog. Kane war der erste Mann gewesen, der nicht gelogen hatte.
Er fand Whitney und seine Experimente widerlich, und als er in das Zuchtprogramm hineingezogen worden war und begriffen hatte, dass es sich bei den Frauen um regelrechte Gefangene handelte – dass sie sich nicht freiwillig gemeldet hatten, sondern zur Teilnahme an dem Programm gezwungen worden waren – , hatte sich alles in ihm dagegen aufgelehnt, so viel wusste sie. Von dem Moment an, als sie das erste Mal mit ihm gesprochen hatte, war ihr klar gewesen, dass er seine Karriere und sogar sein Leben aufs Spiel setzen würde, um den Behörden Whitneys verwerfliche Experimente zu enthüllen. Ihr war die Zeit ausgegangen, und da sie wusste, dass Whitney wild entschlossen war, um jeden Preis seinen zukünftigen Supersoldaten in Form ihres Babys von ihr zu bekommen, hatte sie Kane gewählt.
Sie hatte solche Angst gehabt und war schrecklich traurig gewesen, denn sie hatte sich gewünscht, das
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