Im Bann Des Jaegers
Rhianna war auf der Straße aufgewachsen und hatte ein hartes, brutales Leben geführt. Sie war eine Überlebenskünstlerin. Als Kind hatte sie sich mit allen Mitteln gegen Verbrecher der übelsten Sorte zur Wehr gesetzt. Ihr Körper war eine Mordmaschine, ihr Verstand kühl und brillant. Alle unterschätzten sie auf dieselbe Weise, auf die sie Javier unterschätzten. Sie zogen Rückschlüsse aus ihrem Äußeren. Niemand wäre je darauf gekommen, dass sie eine tödliche Gefahr darstellen könnte. Das war im Allgemeinen der letzte Gedanke ihrer Opfer, bevor sie starben.
Kane ließ Rose nicht aus den Augen, als er hinter ihr über die Straße schlenderte. Sie blieb stehen, und er sah, wie sie strahlte. Sie warf ihren Kopf in den Nacken und holte tief Atem. Hatte er sie gefangen gehalten? Wahrscheinlich kam es ihr so vor. Er hatte sie nicht vorsätzlich eingesperrt und sie von der Welt ferngehalten. Die Sonne war herausgekommen, und in dem strahlenden Sonnenschein schimmerte ihr Haar fast blauschwarz. Er liebte ihren Gang, diese geschmeidigen, fließenden Bewegungen.
Verteilt euch etwas mehr. Macks Stimme ließ ihn aufschrecken. Er hatte sich in Roses Staunen verloren, wie sie es in sich aufsog, draußen und in Freiheit zu sein. Einmal breitete sie tatsächlich die Arme weit aus, als wollte sie die Welt um sich herum umarmen.
Ich hätte sehen müssen, wie sehr sie das gebraucht hat, vertraute er Mack an.
Gelächter wehte zu ihm herüber, und Köpfe drehten sich um. Die drei Frauen zogen viel Aufmerksamkeit auf sich. Seine Augen wurden schmal. Es begeisterte ihn zu beobachten, wie viel Spaß sie hatte, aber das war nicht seine Aufgabe. Für ihre Sicherheit zu sorgen war das Einzige, was zählte. Seine Aufmerksamkeit musste der Menschenmenge gelten, der Umgebung der Frauen, nicht Rose, auch wenn er ihr noch so gern dabei zugesehen hätte, wie sie die Erfahrung genoss, sich frei zu fühlen und ungehindert ihren Spaß mit Freundinnen zu haben.
Rose versetzte Jaimie einen Stoß in die Rippen. »Wann erreicht man den Punkt, an dem man das Team, von dem wir umgeben sind, nicht mehr überdeutlich wahrnimmt?«
»Ehrlich gesagt«, sagte Jaimie, »sind normalerweise nur zwei von ihnen in der Menschenmenge und einer auf dem Dach. So haben sie es schon gehalten, als wir noch Kinder waren. Mack und Kane wollten nie, dass wir ohne Eskorte durch einen Park laufen. Wir haben in einer ziemlich üblen Gegend gewohnt.«
Rhianna nickte. »Damals war es schön zu wissen, dass sich jemand genug aus uns gemacht hat, um auf uns aufzupassen. Jaimie hatte eine Mutter, aber sie hat die ganze Zeit gearbeitet. Wir haben viel Zeit allein verbracht.«
»Wie ist es, eine Mutter zu haben?«, fragte Rose. »Ich hatte nie eine.«
Rhianna zuckte die Achseln. »Das wird dir Jaimie beantworten müssen. Ich hatte auch nie eine.« Sie wandte ihren Blick der Menschenmenge zu, und ihre Augen suchten nach einem bekannten Gesicht.
»Meine Mutter war großartig«, sagte Jaimie. »Sie war meine beste Freundin, als ich klein war. Für ihren Geschmack bin ich zu schnell erwachsen geworden. Manchmal hatte ich das Gefühl, ich hätte sie furchtbar enttäuscht, obwohl ich tief in meinem Inneren weiß, dass dem nicht so war. Es lag nur daran, dass ich die Dinge, an die die meisten Moms denken, nie getan habe.«
Rose lachte. »Ich weiß nicht, woran Moms denken. Ich denke daran, wie schnell ich eine Waffe auseinandernehmen und sie wieder zusammensetzen kann. Ein schönes Vermächtnis, um es an mein Kind weiterzugeben.«
»Dein Kind wird es brauchen«, hob Rhianna hervor. »Du kannst nichts Besseres für Sebastian tun, als ihm beizubringen, wie er überlebt, Rose. Lass dir vom Rest der Welt nichts anderes einreden.«
Rose lächelte sie an. »Danke, Rhianna, es ist nett von dir, dass du das sagst. Ich kann nur von Grund auf improvisieren, wenn es um die Mutterrolle geht.«
»Sebastian ist wunderschön«, sagte Rhianna. »Ich habe vorher noch nie ein Baby in den Armen gehalten. Es war ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte.« Sie sah die beiden anderen Frauen mit einem schmerzlichen Lächeln an. »Ich hatte nie auch nur eine Puppe in den Armen. Wie war das bei dir?«
Rose brach wieder in schallendes Gelächter aus. »Kannst du dir vorstellen, Whitney hätte uns Puppen geschenkt? Nein, zum Teufel. Du bist ihm doch begegnet. Er würde nicht verstehen, warum sich ein Mädchen eine Puppe wünschen könnte. Wir haben Nahkampf gelernt, nicht mit Spielsachen
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