Im Bann Des Jaegers
verbarrikadiert werden. Mit der Waffe in der Faust und dem Finger auf dem Abzug übte Kane den nötigen Druck aus.
Die Tür schwang lautlos nach innen auf. Er ging in die Hocke und warf einen Blick ins Innere. Zentimeterweise bahnte er sich einen Weg hinein und nahm eine Bestandsaufnahme des Raumes vor. Er hatte dicke Mauern, und auf einer Seite stand ein Schrank, der mit Schusswaffen jeden Kalibers und mit Munition und Granaten gefüllt war. Alles war vollständig unberührt. Das bereitete ihm Kopfzerbrechen. Wenn der alte Mann seine Wertsachen entfernt hatte, warum hatte er dann die Waffen nicht mitgenommen? Er konnte die Metallstangen sehen, drei Stück, die von diesem Raum aus vor der Tür angebracht werden konnten, um sie notfalls zu verbarrikadieren. Ein bogenförmiger Durchgang führte in den Fluchttunnel.
Kane folgte dem Tunnel bis zum Ausgang und war dankbar dafür, dass sein Nachtsehvermögen hervorragend war. Es war verdammt dunkel, aber der Tunnel war für eine schnelle Flucht angelegt worden, und der Boden war eben. Weiß aufgemalte Markierungen nannten die Entfernung, damit jeder, der durch den Tunnel rannte, klar erkennen konnte, wo er sich zum jeweiligen Zeitpunkt befand. Einfach, aber wirksam. Er begann den alten Mann zu bewundern, der keine Zeit und Mühe auf teuren Schnickschnack vergeudet hatte.
Kane folgte dem gewundenen Tunnel etwa eine Meile weit und kam auf der anderen Seite des Hügels heraus. Von dort aus, wo er war, konnte er das Haus nicht einmal mehr sehen. Direkt im Eingang des Tunnels stand, vor Blicken von außen geschützt, ein Armeefahrzeug, ein Humvee. Kane wusste, dass der Motor blitzblank sein würde. Dieser Humvee war ein M1165 mit beschusshemmender Panzerung und kugelsicheren Scheiben. Dazu kam noch, dass er mit der modernsten Waffentechnik ausgerüstet war, dem CROWS -System, einer fernbedienbaren Waffenstation. Er seufzte. Mit jedem Moment, der verging, sah es übler aus. Wie zum Teufel war es einem Mann wie Jimenez gelungen, dieses Fahrzeug an sich zu bringen?
Er verbrachte einige Zeit damit, den Tunnelausgang mit Sprengladungen zu versehen, nur für den Fall, dass der Alte Rose auf irgendeine Weise reingelegt hatte. Die Frage, weshalb er das hätte tun sollen, konnte Kane nicht beantworten, doch es spielte auch keine allzu große Rolle. Seine Hauptaufgabe bestand darin, für ihre Sicherheit zu sorgen. Er ging zu ihr zurück, da er zu seiner Zufriedenheit sichergestellt hatte, dass sie die Nacht hier verbringen und sich eine Weile ausruhen konnten.
»Ich glaube, uns kann nichts passieren, Rose. Ich habe den Eingang zum Fluchttunnel im Schlafzimmer gefunden. Jetzt lasse ich den Generator laufen, damit du duschen und dich ausruhen kannst.«
»Danke«, flüsterte sie, und ihre Stimme klang fast heiser. Sie stand mit einem Stöhnen auf, krümmte sich sofort, holte mehrfach langsam und tief Atem und stieß ihn vorsichtig wieder aus.
»Bist du verletzt? Belüg mich nicht, Rose. Wenn du dich bei deinem Sprung aus der Limousine verletzt hast, dann musst du es zugeben, statt dich zu schämen. Es war ein blöder Plan, aber wir sind davongekommen.«
Sie biss die Zähne zusammen und atmete durch den Mund. Als sie wieder sprechen konnte, kam ein erstickter Laut tief aus ihrer Kehle. »Ich bin nicht verletzt.«
Er blickte finster auf sie hinunter, und ihm wurde flau im Magen. »Was zum Teufel fehlt dir dann?«
»Mir fehlt nichts. Das, was ich habe, nennt sich Wehen, du Volltrottel«, fuhr Rose ihn an und sah ihn womöglich noch eine Spur finsterer an als er sie.
4.
Wehen. Kane sank das Herz in die Hose. Er starrte auf Rose hinunter und fühlte sich ganz benebelt. Das war eines dieser Wörter wie Menstruation, Tampons oder Intimhygiene, die in männlicher Gesellschaft nicht erwähnt wurden. Wehen gehörten eindeutig auf diese Liste. Gott im Himmel! Das konnte einfach nicht wahr sein. Er zwang sich, einen kühlen Kopf zu bewahren, und ignorierte das Pochen in seinem Schädel und das Rauschen in seinen Ohren.
Er betrachtete Roses Körper sorgfältig. Das Kind war doch erst in vier oder fünf Wochen fällig, oder nicht? Er wusste schließlich, seit wann sie schwanger war. Als er sie wiedergesehen hatte, hatte sie auf den ersten Blick schlank gewirkt, aber das war eine Illusion gewesen. Andererseits hatte ihr Bauch nie so … so dick ausgesehen wie in diesem Moment.
»Was ist?«, fragte Rose schroff und blickte finster zu ihm auf.
In Kanes Kopf begann ein Warnsignal leuchtend rot
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