Im Bann Des Jaegers
zu blinken. Es war taktisch unklug, einer Frau zu sagen, sie sei so rund wie ein Wasserball. Dafür würde er sich keine Punkte gutschreiben können. Aber welcher Vergleich passte sonst noch? Ein Fußball? Ein Volleyball? Er musterte ihr erbostes kleines Gesicht. Oh ja. Es gab Ärger, ganz gleich, was er sagte. Eine Beschreibung kam nicht infrage. Hier war Diplomatie gefordert, aber um die war es bei ihm geschehen, wenn er in ihrer Nähe war und sie Wörter wie »Wehen« sagte.
Er hätte nicht gezögert, mitten über feindlichem Territorium aus einem Flugzeug zu springen, und er wollte verdammt nochmal lieber jemanden töten, als hier den Arzt zu spielen. Rose ließ ihn nicht aus den Augen, und ihre finstere Miene verlangte eine Antwort.
Er zerbrach sich verzweifelt den Kopf und fand dann doch noch einen Ausweg. Er zuckte die Achseln und bemühte sich, gelassen und gleichzeitig beeindruckt zu wirken. »Dir ist eine grandiose Illusion gelungen, als du vorhin vorgetäuscht hast, schlank zu sein. Deshalb vergesse ich es immer wieder. Es fällt mir schwer zu glauben, dass es eine reine Illusion war.« Geschafft. Ein Kompliment. Er war nicht ins Fettnäpfchen getreten und darin versunken – noch nicht. Sie hatte die Arme in die Hüften gestemmt und sah ihn weiterhin erwartungsvoll an. Ihm brach der Schweiß aus. Himmelherrgott.
»Du kannst noch gar nicht so weit sein, das Baby zu bekommen. Das ist ganz ausgeschlossen.«
»Genau deshalb war ich noch nicht hier.« Ihr Tonfall besaß eine gewisse Schärfe. »Ich hatte noch einige Wochen Zeit, um Vorräte anzulegen. Gott sei Dank ist alles, was ich für die Geburt zusammengestellt habe, schon hier – gewissermaßen die Grundausstattung einer Hebamme.«
Er kniff seine Augen fest zu und stöhnte jetzt selbst. Die Grundausstattung einer Hebamme. Das gehörte ebenfalls auf die Liste von verbotenen Begriffen, die immer länger wurde. Also gut. Er atmete tief durch. Jemand musste die Situation in die Hand nehmen, und Rose war offenbar zu erschöpft, um es zu tun. Jemand musste sich aufraffen und ihr den Kopf zurechtrücken. Und außer ihm war niemand da.
»Dann hör auf damit. Jetzt sofort. Lass es einfach sein.«
»Aufhören? Es sein lassen? Was soll das heißen?«
»Sieh mal, Rose.« Er sprach in einem besonders vernünftigen und beschwichtigenden Tonfall mit ihr. »Es wäre vollkommen unlogisch, das ausgerechnet jetzt zu tun. Das Baby ist noch nicht ganz fertig, und wir sind zu weit weg von jeder Hilfe. Denk einfach an etwas anderes. Du bist beunruhigt und besorgt, und du musst dich ausruhen.«
Ihr Mund öffnete und schloss sich zweimal hintereinander. Sie sah ihn an, als sei ihm ein zweiter Kopf gewachsen. »Soll das ein Witz sein?«, fragte sie dann. »Dies ist nämlich nicht der richtige Zeitpunkt für Scherze.«
Sie sah aus, als spielte sie mit dem Gedanken, ihm den Bauch mit einem Messer aufzuschlitzen, um ihm etwas zu beweisen. Er trat vorsichtshalber einen Schritt zurück und hob eine Hand, um sie zu besänftigen. Offenbar brachte die Schwangerschaft Frauen um den Verstand.
»Ich versuche dir zu helfen, Rose. Diese … diese … « Verdammt nochmal. Er würde das Wort »Wehen« nicht benutzen; dadurch würde all das zu real. »Diese Schmerzen, die du hast. Vielleicht könnte es ja doch etwas anderes sein. Der Sprung aus dem Wagen könnte sie hervorgerufen haben.« Diese Annahme war sehr vernünftig. Und naheliegend.
»Sie haben schon vor dem Sprung aus dem Wagen begonnen.«
Sein Magen zog sich zusammen. »Warum zum Teufel bist du dann nicht in diesen Hubschrauber gestiegen? Wir hätten dir ärztliche Hilfe besorgen können!«, fuhr er sie mit neu aufflammender Wut an. »Verdammt nochmal, Frau, besitzt du denn gar keinen Verstand?« Jetzt machte sie ihn schon genauso verrückt, wie sie es offensichtlich war.
»Whitney wird dieses Baby nicht bekommen. Ich kenne die Männer nicht, mit denen du mich bereitwillig fortgeschickt hättest. Ich habe einen Plan, und in meinem Plan kommt kein Hubschrauber vor, in den ich einsteige. Und überhaupt – schrei mich nicht an. Ich bin in anderen Umständen.«
Ihm war äußerst suspekt, dass sie jetzt belustigt wirkte. Er hätte sie gern geschüttelt. Stattdessen holte er mit einer Leidensmiene geduldig Atem und stieß ihn wieder aus, um sich zur Ruhe und zur Vernunft zu zwingen. Im Umgang mit einer Frau in ihrem Zustand waren Vernunft und Logik die Schlüsselbegriffe. »Besteht die Möglichkeit, dass du dich bei dem
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