Im Bann Des Jaegers
Kopf griff, um ihm durch die enge Öffnung zu helfen. »Warte, Schätzchen. Lass mich seinen Mund und seine Nase säubern.«
Sie keuchte und spannte sich stumm an, bis er nickte, und nach einem weiteren Pressen glitt das Baby in seine wartenden Hände. Sein Herz stand still. Tränen brannten in seinen Augen und in seiner Kehle. »Wir haben einen Sohn, Rose.« Er war verdammt klein. Er passte fast in seine Hand, aber es war alles an ihm dran, und nach seiner Lunge zu urteilen, war er gesund. Seine kleinen Finger ballten sich zu Fäusten, und er verzog empört sein kleines Gesicht, weil er die kühle Luft als Zumutung empfand.
»Ist alles in Ordnung mit ihr?«, fragte Rose, und ihre Stimme spiegelte ihre Ängste wider.
»Sieh mal, Süße.« Kane hielt das Baby hoch, damit sie es sehen konnte. »Ich habe von Anfang an Recht gehabt. Wir haben einen Sohn.« Er legte das Baby behutsam auf ihren Bauch. »Hast du ihn?« Es war ihm verhasst, das Baby loszulassen, aber er musste sich jetzt mit der Nabelschnur und der Nachgeburt befassen.
Roses Hände legten sich um das Baby, während Kane die Nabelschnur abklemmte und dann schnell Atem holte und ein stummes Gebet zum Himmel sandte, ehe er sie durchschnitt und damit die lebensnotwendige Verbindung zwischen Mutter und Kind durchtrennte. Er wartete auf die nächste Wehe, die Rose dabei helfen würde, die Nachgeburt auszustoßen. Sie blutete ziemlich stark, genug, um ihm Sorgen zu bereiten. Er wusste nicht, was normal war und was nicht. Rose hatte keinen Dammriss. Das Baby war klein.
Er säuberte das Baby, so gut es ging, und hüllte es in eine Decke. Rose hatte Babykleidung, Windeln und Decken mitgebracht. Wieder einmal war er dankbar für die gründlichen Vorbereitungen, die sie für die Geburt getroffen hatte. Rose war offensichtlich erschöpft, aber sie nahm das Baby bereitwillig entgegen und hielt es, während er sie behutsam wusch, sich dabei um größtmögliche Sterilität bemühte und das Laken mit der gummierten Unterseite gegen ein frisches austauschte. Er legte eine der großen, saugfähigen Unterlagen darauf, die er bei den Laken, Decken und Handtüchern gefunden hatte, ehe er die Zudecke über ihren zitternden Körper zog.
»Er ist so klein, Kane.« Aus Roses Stimme war Ehrfurcht herauszuhören.
»Weinst du?« Jedes Mal, wenn er die beiden ansah, stand er selbst dicht vor den Tränen. Seine Rose. Sein Kind. Das Baby kam ihm in ihren Armen so richtig vor.
Rose streckte die Hand aus und ließ ihre Finger zart über sein Gesicht gleiten. Um ihren weichen Mund spielte ein Lächeln. Ihre Fingerspitzen fuhren den Pfad von Tränen nach, die ihm gar nicht bewusst gewesen waren. Das hehre Erstaunen über diesen Augenblick überwältigte ihn restlos. Dass sie mit ihren Körpern tatsächlich ein neues Leben erschaffen hatten, erschien ihm jetzt, da er den Beweis für ihre Vereinigung mit seinen eigenen Augen sah, ein allzu großes Wunder.
Rose lächelte ihn an und wischte sich ihre eigenen Tränen aus dem Gesicht. »Ich bin sehr froh«, murmelte sie. »Ich habe mir Sorgen gemacht. Er ist zu früh gekommen und sieht trotzdem erstaunlich perfekt aus.«
»Ich habe darüber nachgedacht, Rose. Ich glaube, im Moment können wir nur zwei Dinge für ihn tun – ihn möglichst warm halten und ihn möglichst oft füttern. Versucht er schon zu trinken?«
»Ich verstehe nicht viel davon«, gab sie zu. »Und ich glaube, er bekommt kaum etwas.«
Kane ging um das Bett herum, um ihr zu helfen. Er nahm das Baby und schmiegte es schützend an sich, während Rose versuchte, eine bequemere Haltung zu finden. Das Baby kam ihm federleicht vor. Er sah in das zerknautschte kleine Gesicht hinunter, und ihm ging das Herz auf. Es verschlug ihm den Atem. Sein Sohn. Er hatte sich nie vorgestellt, eines Tages sein eigenes Kind in den Armen zu halten.
»Du bist ein kleines Wunder«, flüsterte er dem Jungen zu. »Sieh dir das an, Rose. Er hat Fingernägel. Sie sind so winzig, dass man sie kaum sieht.« Er schob einen Finger in die winzige Faust, um sich die kleine Hand genauer anzusehen.
Er sah auf Rose hinunter, und ihre Blicke trafen sich. Die Zeit schien stillzustehen, als sie einander anlächelten. Er fühlte sich vor Glück fast überwältigt. Für ihn war das keine natürliche Gemütsverfassung. Er hatte sich nie viele Gedanken darüber gemacht, ob er glücklich war oder nicht. Er war schlicht und einfach zufrieden gewesen. Er hatte eine Ersatzfamilie, die sich auf den Straßen von Chicago
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