Im Bann Des Jaegers
nicht allein lassen.
Kane fluchte tonlos und gab sich dann große Mühe, sich wieder zu beruhigen. Verflucht nochmal, Rose. Machst du dir eine Vorstellung davon, was passieren könnte, wenn Carlson beschließen sollte, dir heute Nacht einen Besuch abzustatten?
Ich würde ihn töten, erwiderte sie seelenruhig. Ich bin nicht mehr in einer Zelle eingesperrt, und ich bin nicht gefesselt. Er wäre tot, sowie er mir sein Gesicht zeigt.
Sie würde nicht von ihrer Drohung abweichen. Wenn er nicht ins Haus kam und auf das Baby aufpasste, würde sie drinnen bleiben. Angenommen, er beschließt, aus einer größeren Entfernung einen Pfeil auf dich abzuschießen und dich an sich zu bringen, während du bewusstlos bist? So würde ich es anstellen.
Er ist nicht so klug wie du, und du würdest ihn ohnehin verfolgen, ihn töten und mich zurückholen, und daher wirst du, ganz gleich, was geschieht, ins Haus kommen und nach unserem Sohn sehen müssen.
Sie hatte die Karte »unser Sohn« aus dem Ärmel gezogen. Wie reagierte ein Mann darauf? Frauen waren ganz schön raffiniert und hinterhältig. Er hatte alle Logik auf Erden auf seiner Seite, aber das schien keine Rolle zu spielen, solange sie nur wusste, wie sie alles verdrehen konnte, bis es nach ihrem Kopf ging.
Kane seufzte und kapitulierte. Ich komme. Wirst du jede Auseinandersetzung gewinnen? Er war sich ziemlich sicher, dass er ihr diese Frage schon einmal gestellt hatte. Vielleicht auch schon zweimal.
Nur die wichtigen.
Er hätte sich über das typisch weibliche Vergnügen in ihrer Stimme ärgern sollen, doch er liebte ihr Gelächter und würde es nehmen, wie es kam – selbst wenn ihre Belustigung ihm galt.
Er glitt den letzten Hang hinab zu dem Pfad, der zur Tür führte. Als er sich umdrehte, um seine Spuren zu verwischen, entdeckte er Carlson und Fargo. Sie rannten in gebückter Haltung, um ihre Posten vor der üblichen Zeit zu beziehen, zu der sich Rose vor das Haus setzte. Sie hatte einen festen Tagesablauf eingeführt, und die Männer verließen sich darauf, dass nichts diese Routine durchbrach. Ihn hatte das stutzig werden lassen. Rose war zum Soldaten ausgebildet worden. Sie wusste nur zu gut, dass man sich keine festen Gewohnheiten zulegen durfte, und doch hatte weder Carlson noch Fargo ihr Tun infrage gestellt. Kane hatte mit ihr darüber gesprochen, sich jeden Tag um eine andere Uhrzeit vor das Haus zu setzen, doch sie hatte darauf bestanden, sich jeden Abend um dieselbe Uhrzeit vor die Tür zu setzen. Auch das hatte ihm überhaupt nicht eingeleuchtet, bis sie es ihm erklärt hatte.
Whitney erwartete von ihr, dass sie ihr gesamtes Training vergessen und unbedacht handeln würde, weil sie eine Frau und draußen in der weiten Welt war, ohne jemanden, der ihr Befehle erteilte. Er hatte ihnen immer wieder eingeredet, außerhalb ihrer gewohnten Umgebung würden sie scheitern. Sie seien keine Männer und auf Befehle von oben angewiesen. Rose entsprach mit ihrem Verhalten Whitneys Erwartungen.
Sie öffnete die Tür, und während die beiden Wachposten sie im Auge behielten, schlüpfte Kane ins Haus.
8.
Kane ging auf das Sims unter den hohen Fenstern zu, um hinaufzuklettern und sich dort zusammenzukauern, doch sein Sohn stieß einen alarmierenden Klagelaut aus. Nach seiner Lunge zu urteilen, wurde der Junge von Tag zu Tag kräftiger. Kane änderte seinen Kurs und eilte ins hintere Schlafzimmer. Sebastian lag im Brutkasten. Er hatte seine Zudecke von sich getreten und wand sich mit rotem Gesicht und fest zugekniffenen Augen, während er mit den Fäusten in die Luft hieb und mit den Füßen strampelte. Kane fühlte, wie etwas in seinem Inneren schmolz, und er stieß langsam den Atem aus.
»Was fehlt dir, kleiner Mann?« Er sprach in einem beschwichtigenden Tonfall. Mit großer Behutsamkeit hob er den Jungen aus dem Brutkasten und barg ihn aufrecht an seiner Brust, wobei er den kleinen Kopf stützte.
Sebastian war so winzig, dass er sich unglaublich leicht in seinen Händen anfühlte, und Kane wurde die Sorge nicht ganz los, er könnte dem Kind versehentlich wehtun, indem er zu fest zupackte. Jedes Mal, wenn er den Jungen in seine Arme nahm, fühlte er dieses seltsame Schmelzen seines Herzens. Neugeborene Babys besaßen ihre eigenen Waffen – diese reizende Hilflosigkeit und die zarte Haut. Er drückte Sebastian eng an sich und lief mit ihm auf und ab, bis sich der Junge wieder beruhigt hatte.
»Ich bin ein wenig besorgt, kleiner Mann, und deshalb ist es wichtig,
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