Im Bann Des Jaegers
dass du jetzt ganz ruhig bist. Deine Mutter ist dort draußen. Sie ist dem Feind ausgesetzt, und wir müssen ihr den Rücken decken.«
Sein Sohn gab von einem Moment auf den anderen Ruhe und riss die Augen auf. Sie starrten einander an. Einen seltsamen Moment lang hatte Kane das Gefühl, in die Augen eines intelligenten und aufmerksamen Erwachsenen zu blicken. Kane lächelte Sebastian an. »Wir lassen nicht zu, dass ihr etwas passiert, stimmt’s?« Er sprach mit dem Jungen, während er eilig ins Wohnzimmer zurücklief. Er schmiegte das Baby mit einer Hand an seine Schulter, während er mit der anderen Hand nach seinemGewehr griff.
»Mach dir keine Sorgen, Sebastian. Niemand wird uns deine Mutter wegnehmen. Sie ist durch und durch eine Kämpfernatur und käme wahrscheinlich allein zurecht, aber wir werden trotzdem auf Nummer sicher gehen.«
Rose würde ihm wahrscheinlich eine Strafpredigt halten, weil er das Baby in eine Kampfsituation mitnahm, aber daran ließ sich nichts ändern. Der Junge war in ihre beider Welt hineingeboren worden und würde in dem Wissen aufwachsen müssen, dass er in jedem einzelnen Moment seines Lebens auf der Hut zu sein hatte.
»Ich werde dir alles beibringen, Sohn, was du lernen musst, um am Leben zu bleiben und unseren Feinden nicht in die Hände zu fallen. Und wie du für die Sicherheit deiner Mom sorgst.« Er schmiegte seine Lippen an den Kopf des Jungen. »Dass du auf sie aufpasst, werden wir ihr nie erzählen. Das wird unser Geheimnis sein.«
Er stieß das Gewehr auf das Sims über seinem Kopf. Das Sims war so konstruiert, dass man möglichst gut hinaussah, doch gleichzeitig waren die Mauern dort dicker, um Kugeln von draußen abzufangen. »Ich lege dich nur einen Moment lang hin, während ich raufsteige. Das wird eng für uns beide, aber wir haben nichts gegen beengte Verhältnisse, nicht, wenn es um unsere Sicherheit geht.«
Er gab einen laufenden Kommentar ab und erklärte alles, was er tat, denn er war der Überzeugung, dass es seine Stimme war, die ihm die Wachsamkeit seines Sohnes eintrug und ihn faszinierte, und nicht das Gesprächsthema. Er legte den Jungen auf das Sims und schob ihn dicht an die Wand, damit keine Gefahr bestand, dass er runterfallen könnte. Es dauerte einen Moment, bis er ebenfalls auf das Sims geschlüpft war und so auf dem Bauch lag, dass er die gesamte Umgebung des Hauses sehen konnte. Erst dann platzierte er das Baby dicht neben seiner Brust und zog die kugelsicheren Puffer, die dort oben bereitlagen, als zusätzlichen Schutz um den Jungen.
»Siehst du, so ist es gut. Ich muss dir kleine Ohrenschützer basteln, für den Fall, dass wir dieses Ding abfeuern müssen. Das wird meine nächste Erfindung sein. Und wir sind sehr dankbar, dass die Wände schalldicht sind, denn keiner kann es hören, wenn du weinst, kleiner Mann. Sie dürfen nicht erfahren, dass du schon geboren bist.« Als Nächstes erklärte er ihm die Funktionsweise eines Gewehrs und eines Zielfernrohrs und machte ihm klar, dass er als sein Sohn wahrscheinlich über ein ausgezeichnetes Nachtsichtvermögen verfügte, was sich in nächtlichen Gefechtssituationen als enorm hilfreich erweisen würde. Und sah er Carlson, diesen Dreckskerl, der sich immer näher an Mommy heranschlich? Kane ließ seinen Redefluss abrupt abreißen. Einem Säugling zu erzählen, dass er dem Schurken eine Kugel in den Kopf jagen würde, gehörte wahrscheinlich zu den Dingen, die Rose für unangebracht gehalten hätte. Er sah auf den Jungen hinunter, der ihn mit weit aufgerissenen, intelligenten Augen ansah.
»Hm, vielleicht warten wir besser, bis du ein bisschen älter bist, bevor wir darüber reden, schlechte Menschen zu erschießen und wann das in Ordnung ist und wann nicht.« Er strich mit seiner Fingerkuppe liebevoll über die zarte Handfläche seines Sohnes. Der Junge schloss die Faust um seinen Finger und hielt ihn fest. Kane ertappte sich dabei, dass er lächelte, als er sein Auge an das Zielfernrohr hielt und Carlson ins Visier nahm, während sich der Mann näher an Rose heranschlich.
Rose saß auf ihrem Stuhl, die Beine vor sich ausgestreckt, und blickte zu den Sternen auf, die über den Nachthimmel verstreut waren. Sie schien die Nähe des Feindes, der sich keine sechs Meter von ihr entfernt bewegte, nicht wahrzunehmen. Kane betrachtete sie. Mit einer Hand rieb sie ihren scheinbar schwangeren Bauch. Die andere Hand hing an ihrer Seite hinunter und war für ihn nicht zu sehen.
»Sebastian, deine Mutter
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