Im Bann des Maya-Kalenders
arithmetischen Aberglauben –, warum das Ende der Zeit ausgerechnet im Jahr 2000 kommen sollte? Zieht man in Betracht, dass unsere Zeitrechnung höchstwahrscheinlich falsch ist, erscheint der apokalyptische
Wirbel um die letzte Jahrtausendwende als okkultes Ritual.
Wann beginnt das Wassermann-Zeitalter?
Wie wackelig das Fundament der astrologischen Berechnungen und Prophezeiungen ist, zeigt die Tatsache, dass sich der Übergang vom Fische-Zeitalter zum Wassermann-Zeitalter zeitlich nicht präzis bestimmen lässt. Die Berechnungen der Astrologen und Esoteriker liegen teilweise sehr weit auseinander und erstrecken sich über eine Zeitspanne von rund 1000 Jahren. Das hindert sie allerdings nicht daran, angebliche apokalyptische Anzeichen als Ausdruck der beginnenden Zeitenwende zu interpretieren.
Der lange Übergang zum Wassermann-Zeitalter hängt mit der Schwierigkeit zusammen, die Konstellationen und Sternbilder exakt zu bestimmen. Somit werden die Prognosen über die Auswirkungen des Wassermann-Zeitalters definitiv zur mystischen Spekulation. Laut A.T. Mann gibt es keine einheitliche Angabe über das neue Zeitalter, weil »die Konstellationen der Tierkreiszeichen nicht jeweils den genau gleichen Teil der Ekliptik ausmachen, sondern willkürliche Sternenansammlungen von unterschiedlicher Größe darstellen«.
Die meisten Astrologen und Esoteriker datieren den Beginn des neuen Zeitalters zwischen 1900 und 2070, also in einen Zeitraum von 170 Jahren. Nicht alle haben eigene Berechnungen angestellt, manche geben vor, entsprechende Botschaften aus der geistigen Welt oder in Form von Visionen empfangen zu haben. Es ist erstaunlich, wer sich alles am Wettbewerb beteiligt, das Wassermann-Zeitalter zu ermitteln. Auf der Liste der astrologischen Hellseher findet sich beispielsweise der berüchtigte Schwarzmagier Aleister Crowley (1875–1947). Der Großmeister des okkulten OTO (Ordo Templi Orientis) sagte für April 1904
den Beginn des »Neuen Äons« voraus, der vom Sonnengott Horus beherrscht würde.
Aber auch die theosophischen Großmeisterinnen Helena-Petrowna Blavatsky und Alice A. Bailey orakelten und datierten den Beginn der neuen Zeit auf die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Selbst der Psychologe Carl Gustav Jung glaubte an eine Übergangszeit, die sich von 1997 bis 2000 erstrecken sollte. Der Begründer der Tiefenpsychologie stützte sich dabei wie die japanischen Wissenschaftler auf Nostradamus.
Die Hoffnungen, welche die Esoteriker in das neue Zeitalter setzen, haben einen starken apokalyptischen Aspekt. Ihre Heilslehre beruht auf der Idee, dass ein neuer Erlöser oder Messias erscheinen wird, der die Menschen zum höheren geistigen Bewusstsein führen werde. Die meisten New-Age-Strömungen und esoterischen Heilsideen nennen den erwarteten Meister Avatar, eine Inkarnation des Göttlichen. Oft wird der Avatar auch als der Weltenlehrer oder der neue Christus bezeichnet. Manche »Propheten« scheuen sich auch nicht, sich selbst als Avatar auszugeben und den Übergang ins neue Zeitalter auszurufen.
10. New Age und Theosophie: Endzeit zwischen Mystik und Okkultismus
Zu den apokalyptischen Bewegungen gehören viele esoterische New-Age-Gruppen und okkulte Zirkel. New Age (dt.: Neues Zeitalter) ist der Sammelbegriff für eine vielschichtige spirituelle Bewegung, die in den 1980er-Jahren aus den USA nach Europa kam, das Wassermannzeitalter verkündete und den Paradigmenwechsel beschwor. Die Anhänger befassen sich mit übersinnlichen Phänomenen und betonen mystische Werte und kosmische Aspekte. Die Bewegung war zu einem großen Teil Wegbereiter für die moderne Esoterik. New-Age beruft sich auf ein mystisches
Geheimwissen und behauptet, den Pfad der universellen Weisheit im Sinn der kosmischen Gesetze zu beschreiten.
Ähnliche spirituelle Heilsvorstellungen vertreten auch theosophische Zirkel, mystische Logen, Mysterienschulen, Geheimorden, Rosenkreuzer und die Grals-Bewegung. Ihre geistigen Mittler, spirituellen Meister oder Weltenlehrer öffnen den Suchenden angeblich das Tor zur übersinnlichen Welt. Die Anhänger dieser Gemeinschaften erwarten einen neuen Christus und glauben, durch okkulte oder mystische Rituale die Verbindung zur höheren Geisteswelt herzustellen und nach der End-oder Wendezeit zur kosmischen Götterwelt emporzusteigen.
Die übersinnlichen Ideen der Esoterik und modernen Mystiker gründen zu einem großen Teil auf der theosophischen Lehre der Deutschrussin Helena-Petrowna Blavatsky,
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