Im Bann des Maya-Kalenders
Resultat ist bekannt: Besessen vom rassistischen Kult der Ariosophie schritten Hitler und seine Schergen zur Tat (Ariosophie ist der zur Ideologie oder Religion hochstilisierte Mythos
der »arischen Rasse«). In apokalyptischer Manier sahen sie in den Juden den »Antichrist«, den es zu vernichten galt. Gleichzeitig wollten die Nationalsozialisten das Tausendjährige Reich vollenden und die Weltherrschaft an sich reißen.
Der Nationalsozialismus entwickelte auf dem Fundament einer politischen Ideologie eine klassische apokalyptische Heilslehre. Hitler sah sich als den neuen Messias, er träumte vom biblisch inspirierten Millennium. Die Arier im Gewand der Nazis waren die auserwählte reinrassige Elite, die nach dem Endsieg (Schlacht um Harmagedon) ins »Nazi-Paradies« einmarschieren würden. Hitler wollte alle Länder »befreien«, die sich seiner »Neuen Welt« nicht freiwillig anschlossen.
Damian Thompson behauptet in seinem Buch Das Ende der Zeiten , es sei »eine Ironie der Geschichte, dass die Nazis unbewusst die Strukturen des (christlichen) Glaubens übernahmen«, der von Juden entwickelt worden sei. Schon das Buch Daniel verspreche eine strahlende neue Welt, wenn das auserwählte Volk seine Feinde besiege. Laut Thompson übertreffen allerdings die apokalyptischen Ideen der Nazis die Vorstellungen Daniels bei Weitem. Eine Parallele finde sich nur in der Johannes-Offenbarung. Für Thompson ist der abgrundtiefe Hass der Nationalsozialisten gegenüber den Juden »der deutlichste Hinweis auf die im Grunde religiöse Natur ihres Glaubens«. Für Hitler seien die Juden »eine übernatürliche Streitmacht des Bösen« gewesen. Diese Überzeugung habe den Holocaust erst möglich gemacht.
Umstritten ist allerdings, wie groß ihr Einfluss auf die politische Entwicklung des Dritten Reichs und des Zweiten Weltkrieges war. Es gibt nur wenige historische Dokumente, die diesen dunklen Aspekt der modernen Geschichte erhellen könnten. Um das breite, teilweise ideologisch gefärbte Spektrum der Einschätzungen und Interpretationen darzulegen, soll das Phänomen hier von drei Seiten beleuchtet werden.
Die meisten Historiker schätzen die theosophisch-okkulten Einflüsse auf den Nationalsozialismus oder auf die Entwicklung
des Dritten Reichs als nicht sehr hoch ein. Allerdings haben sich nur wenige Geschichtsforscher die Mühe gemacht, die Einflüsse genauer zu untersuchen. Einzelne Historiker sind aber überzeugt, dass das Dritte Reich sektenhafte Züge aufwies.
Verschiedene Zweige der Esoterik- und New-Age-Szene, die theosophischen Bewegungen und die Neue Rechte messen den magisch-okkulten Aspekten im Dritten Reich eine große Bedeutung zu. Damit versuchen sie teilweise, den Nationalsozialismus zu verklären und als Ideologie zu rehabilitieren.
Okkultisten, Neuheiden und rechtsradikale Ufologen glauben sogar, dass dem Nationalsozialismus eine »astrale« oder »kosmische« Dimension zukommt, weil die »arischen Gottmenschen« teils auf fernen Planeten, teils in unterirdischen Reichen im Himalaya-Gebiet leben würden. Die göttlichen Wesen haben ihrer Meinung nach einst in der sagenumwobenen Hochkultur Thule gewirkt. Um Thule ranken sich ähnliche Mythen wie um die angeblich versunkene, einst von »arischen Übermenschen« bevölkerte Stadt Atlantis. Die Vertreter dieser Hypothese sind überzeugt, dass zumindest ein Teil des Nazi-Kaders nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs mit Flugkörpern ins All geflüchtet sei (Kapitel 12).
Nationalsozialismus und Okkultismus im Spiegel der Geschichtsschreibung
In der Geschichtsschreibung werden die okkulten und mystischen Elemente des Nationalsozialismus oft vernachlässigt. Im Gegensatz zu den meisten Historikern, die den Einfluss der magisch-theosophischen Ideen auf die NS-Führungsspitze und die politische Entwicklung im Dritten Reich als gering betrachten, thematisiert Dietrich Bronder in seinem Buch Bevor Hitler kam die okkulten Aspekte des Nationalsozialismus. Der Autor stützt
sich dabei vor allem auf ein Buch gleichen Titels, das der Okkultist Rudolf Freiherr von Sebottendorf 1932 herausgegeben hat. Als Gründer der Thule-Gesellschaft und Logenbruder verschiedener Weggefährten von Hitler war Sebottendorf ein »Eingeweihter«, der in den 20er-Jahren einzelne Vertreter der späteren NS-Führung für okkulte und rassistische Ideen gewann.
Bronder ist zwar bei vielen Historikern umstritten, verschiedene seiner Recherchen sind jedoch hilfreich, um die okkulten Aspekte
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