Im Bann des Mondes
Ausdruck trübte kurz seinen Blick, als wollte er ihr gern glauben, es aber nicht konnte, und sofort zog sich Daisys Herz vor Mitgefühl zusammen. Sie sah, dass er die sorglose Miene aufsetzen wollte, die er sonst immer zur Schau stellte, doch es gelang ihm nicht. Mit rauer Stimme sagte er: »Ich könnte mich auch in dich verlieben.«
33
Irgendwann in der Nacht erwachte Ian mit einem Ruck, der ihn taumelnd hochfahren ließ. Er keuchte, als wäre er viele Meilen gerannt, und schaute in die Dunkelheit, ohne etwas sehen zu können. Das Herz schlug ihm schmerzhaft bis zum Hals, und einen Moment lang wusste er nicht, wo er war. Neben ihm regte sich ein weiblicher Körper, und eine weiche Hand strich über seinen nackten Schenkel. Er entspannte sich. Daisy.
Ein Schweißtropfen lief an seiner Schläfe herunter, als er zu ihr herabsah. Die süße, sinnliche Daisy. Bei ihrem Anblick stieg ein solch sehnsüchtiges Verlangen und eine so große Zärtlichkeit in ihm auf, dass er sie am liebsten in die Arme geschlossen und fest an sich gezogen hätte.
Der Wolf in seinem Innern grübelte nicht – er lebte im Hier und Jetzt. Und dieser Wolf rief Ian zu, Daisy in jeder Hinsicht zur Seinen zu machen. Doch der Mann in ihm war noch zu sehr mit der Vergangenheit verbunden.
Ich werde nie wie du sein … dazu verdammt, allein durch diese Welt zu streifen. Kein Wesen der Natur, sondern eine Gestalt aus schrecklichen Mythen
. Es versetzte ihm einen schmerzhaften Stich, als er sich dieser Worte erinnerte.
Himmel!
Sein Magen bäumte sich auf.
Ian schwang die Beine über die Bettkante. Gleich würde ihm schlecht werden. Er griff nach seinem Morgenrock, der auf einem Stuhl lag, und zwängte sich im Laufen hinein. Er keuchte, und das Herz drohte ihm aus der Brust zu springen.
Blindlings rannte er los und stand im nächsten Moment im Garten. Das Gras unter seinen Füßen fühlte sich feucht und kühl an. Der Mondschein wärmte seine Haut. Bei Mondstrahlen empfanden die Angehörigen seiner Art das Gleiche, was Menschen bei Sonnenstrahlen fühlten. Doch trotz der Wärme und der Kraft des Mondlichts blieb sein Inneres ganz kalt. Er fiel auf die Knie und hatte das Gefühl immer weiter zu fallen, ohne sich an irgendetwas festklammern zu können.
Verdammt!
Er war fix und fertig.
Northrup atmete keuchend, während sich seine Finger in die feuchte, duftende Erde gruben. Er wollte glücklich sein. Er wollte es mit jeder Faser seines Seins.
Du weißt genau wie ich: Es ist schon falsch, dass ich überhaupt existiere. Jeder Atemzug, den ich tue, ist an sich schon ein Zeichen reiner Selbstsucht. Ich werde mich meinem Schicksal nicht ergeben.
Ians Arme zitterten und drohten unter ihm nachzugeben. Warum? Warum musste er ausgerechnet jetzt an Maccon denken? Doch Ian kannte die Antwort, und er biss die Zähne fest zusammen, damit ihm kein Schrei entfuhr. Es würde nichts nützen. Schwarze Punkte tanzten vor seinen Augen, während er um Luft rang.
Hinter sich hörte er Schritte und fuhr so schnell herum, dass er das Gleichgewicht verlor und auf dem Hinterteil landete. Himmel, er hatte noch nicht einmal bemerkt, dass sie sich näherte.
Seine Reaktion ließ Daisy abrupt innehalten. Das offene Haar hing ihr voll und lockig bis zur Taille. Das Mondlicht verfing sich in den goldenen Strähnen und verwandelte sie in Silber. Ihre Augen, die im fahlen Licht der Nacht blauschwarz wirkten, waren weit aufgerissen und sahen ihn voller Sorge an. Ian ballte die Fäuste noch fester zusammen. Ihm fehlten die Worte, ihm fiel kein Scherz ein, hinter dem er sich hätte verstecken können.
»Du hast Schmerzen«, sagte sie.
Er atmete schwer. Das Gefühl zu fallen machte ihn ganz benommen.
Ihre nackten Füße versanken im Gras, als sie näher kam. Immer näher. Er zitterte vor Verlangen, aufzuspringen und zu laufen. Doch da war sie schon bei ihm, und ihr Körper strahlte Wärme aus. Als sie vor ihm stehen blieb, kam er auf die Knie hoch. Wortlos schlang sie die Arme um ihn und zog ihn an sich. Er bebte am ganzen Körper, während er sich an den Stoff ihres Morgenmantels klammerte.
»Ian«, murmelte sie, »halt dich an mir fest.«
Ihre Bereitschaft, ihn so zu nehmen, wie er war, schnürte ihm die Kehle zu. Seine Krallen verhakten sich im Satin, und er klammerte sich fester an sie.
»Ich hatte einen Sohn.« Das Geständnis brach aus ihm heraus, ohne dass er darüber nachgedacht hatte. Seine Kehle brannte, als hätte er Säure geschluckt. »Maccon.«
Ihre Finger strichen
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