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Im Bann des Mondes

Im Bann des Mondes

Titel: Im Bann des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Callihan
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bissen die Luftröhre durch. Er schüttelte den sterbenden Wolf wie eine Stoffpuppe, brach ihm das Rückgrat und beendete sein Leben.
    Blut bedeckte seine Zunge, als er den Werwolf fallen ließ. Den Wolf durchströmte Triumph angesichts seines Sieges, doch im hintersten Winkel seines Geistes schrie der Mann wegen all der Dinge, die er verloren hatte. Die Lykaner fielen vor ihm auf die Knie, doch der Wolf beachtete sie nicht.
    Er rannte bereits über den Rasen, wobei seine Pfoten jedes Mal tief im Gras versanken und ihm das Herz bis zum Hals schlug. Denn er wusste, dass er zu spät kommen würde.
    Es war zu still. Daisy saß im Sessel, hatte die Knie hochgezogen und die Arme darum geschlungen. Eine kindische Haltung, aber das war ihr in diesem Moment egal. Talent war schon viel zu lange fort. Es hatte keine Kampfgeräusche gegeben, keiner hatte ihr Bescheid gesagt, dass sie jetzt herauskommen könnte. Er schien einfach verschwunden zu sein. Fluchend stand sie auf und ging auf und ab. Alles war still. Zu still. Sie konnte nicht bleiben und darauf warten, dass irgendetwas kam und sie holte.
    Sie ging zu den bodentiefen Fenstern, durch die man auf einen kleinen Balkon gelangte, und sah in die dunkle Nacht hinaus. Das einzige Licht spendete der Dreiviertelmond. Die Marmorterrasse schimmerte in einem eisigen Blau, das nur vom dunklen Schatten eingetopfter Büsche unterbrochen wurde. Darunter befand sich eine Rasenfläche bis zum glitzernden Fluss, der hinter einer Reihe imposanter Bäume hervorblitzte.
    Normalerweise hätte sie sich für verrückt erklärt, ein Haus zu verlassen und draußen Schutz zu suchen. Doch jetzt spürte sie das Mondlicht auf ihrem Gesicht, sah das sanfte Wiegen der Äste und vernahm den Ruf der Natur. Da draußen war ihre Kraft. Sie spürte sie wie helles Licht durch ihre Adern strömen. Da draußen würde sie in Sicherheit sein. Entschlossen raffte sie ihre Röcke, trat auf den Balkon und stemmte sich über die Brüstung. Ohne Schwierigkeiten kletterte sie am Rankgerüst nach unten. Das hatte sie früher häufig getan. Die ungezogene Tochter, die sich nachts aus dem Haus schlich, um sich in Schänken herumzutreiben, weil sie sich so sehr nach Heiterkeit und Lebensfreude sehnte und das – auch auf die Gefahr hin, entdeckt zu werden – auslebte. Wie sehr sie es vermisste, dieses Mädchen zu sein. Mit einem Kloß im Hals sprang sie leichtfüßig von der letzten Strebe und landete sicher.
    Sie hatte sich bis zur Mitte der Terrasse geschlichen, als sie merkte, dass irgendetwas nicht stimmte. Der durchdringende Geruch von Blut stieg ihr in die Nase. Mit bleischweren Füßen folgte sie dem Geruch bis zu den Stufen, die in den Garten führten. Abrupt blieb sie vor einer schwarzen Blutlache auf dem weißen Marmor stehen.
    Mit angehaltenem Atem ging ihr Blick über das Blut hinweg. Sie wollte einen Schrei ausstoßen, doch er kam nicht über ihre Lippen. Talent lag zusammengesunken am Fuße der Treppe. Sein rechter Arm endete in einem Stumpf, sein Körper war zerfetzt. Sie dachte, er wäre tot, doch dann bewegte er sich, als hätte er sie gehört. Er öffnete ein grünes, blutunterlaufenes Auge. Seine Lippen bewegten sich, ohne dass ein Laut über sie kam.
    »Weg.«
    Sie konnte sich nicht rühren. Konnte ihn nicht so zurücklassen.
    »Verschwinden Sie!«, knurrte er.
    Als hätte sie plötzlich Flügel bekommen, ließ sein Befehl sie die Treppe hinunter in den Garten fliegen. Ihre schweißnassen Hände konnten kaum den Stoff halten, während sie ihre Röcke raffte. Neben der Terrasse befand sich ein Rosengarten, wo im Juni der süße Blütenduft bestimmt schwer in der Luft hing. Doch jetzt standen da nur knorrig verwurzelte Stöcke, die wegen des bevorstehenden Winters bereits zurückgeschnitten worden waren. Ein leises, aber deutlich vernehmbares Knurren ließ sie abrupt innehalten. Alles in ihr erstarrte. Ihr keuchender Atem und das laute Pochen ihres Herzens wurden durch das Klicken von Krallen auf Marmor übertönt. Sie nahm den wilden und widerlich süßen Geruch von Wolf und Krankheit wahr.
    Er war hinter ihr. Sie schluckte krampfhaft. Auf zitternden Beinen drehte sie sich um.
    Er war so nah, dass sie ihn deutlich erkennen konnte. Der Kopf war deformiert, riesige Geschwüre hatten die Augen weit auseinandergeschoben, und der Kiefer saß schief. In den bernsteinfarbenen Augen lag so viel Schmerz, dass in Daisy nicht nur Entsetzen, sondern auch Mitleid hochkam. Mitleid, das jedoch verging, als der

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