Im Bann des Mondes
gern wie Sie. Sie scheinen hier ziemlich regelmäßig einzukehren.«
Daisy schob die weichen Lippen vor. »Nicht dass es Sie etwas anginge, aber ich erzähle es Ihnen, weil ich befürchten muss, dass Sie mich sonst nicht in Ruhe lassen.«
»Das Nicht-in-Ruhe-lassen ist meine Lieblingsbeschäftigung.«
»Es war das Stammlokal meines Vaters«, erklärte sie mit etwas zu lauter Stimme, während ihre seidige Haut einen rosigen Schimmer annahm. »Wenn er es sich leisten konnte. Ich komme auch gern her, wenn es mir möglich ist. Es ist sauber, und Clemens hält mir das Gesindel vom Hals … ah, Clemens!« Sie blickte mit einem Lächeln auf, als der finster blickende Clemens mit einem Tablett auf den Tisch zugestapft kam.
Wenig feinfühlig stellte Clemens einen Krug mit Ale auf dem Tisch ab. Seine Augen zogen sich zusammen, während er Ian musterte. »Belästigt dich dieser Nabob, Kleines?« Eine kräftige Faust schwebte drohend neben Ians Kopf. »Soll ich ihn rausschmeißen?«
Ian zog eine Augenbraue ganz leicht hoch. »Belästige ich Sie, Meggy?«, fragte er Daisy, während er den Gastwirt durchdringend musterte. Ian würde dem Mann nichts tun, denn er bewunderte jene, die bereit waren, Frauen vor unbekannten Bedrohungen zu beschützen. Aber es gab keinen Grund, das irgendjemanden merken zu lassen.
Daisy stieß einen leisen Seufzer aus. »Nicht nötig, Clemens.« Sie deutete mit dem Kopf auf Ian. »Mr. Smith wird nicht lange bleiben.«
»Wenn du meinst, Mädchen. Man kann dieser Tage gar nicht vorsichtig genug sein, wo doch ein Mörder frei herumläuft.« Der Mann bemerkte nicht, dass Daisy erbleichte.
»Es ist nett von dir, dass du dir Sorgen machst, Clemens. Aber es ist alles in Ordnung.«
»Solange du dir sicher bist.« Obwohl er Ian nach wie vor mit seinem Blick durchbohrte, stellte er vorsichtig einen Teller mit einem Käsetoast vor Daisy ab. »Du kannst mich jederzeit rufen, wenn du mich brauchst. Ich bin da.« Sein Blick hing an Ian, während er mit dem Kopf zum Tresen wies. »Genau da.«
»Und nicht einen Schritt weiter weg«, fügte Ian leutselig hinzu.
Mit finsterer Miene stapfte Clemens davon und gab ihm damit unmissverständlich zu verstehen, dass er keine Bestellung von ihm annehmen würde. Was Ian nur recht war, denn es schien ihm nicht angebracht, etwas zu trinken, das ihm der gute alte Clemens brachte – der würde wahrscheinlich hineinspucken oder Schlimmeres.
»Mr. Smith?«, fragte Ian, als Daisy ihn nicht weiter beachtete und sich daranmachte, ihren Käsetoast zu verspeisen. Ihm entging nicht, wie ihre Hände dabei ein bisschen zitterten, aber sie schien entschlossen, sich keine Sorgen mehr machen zu wollen. »Warum nennen Sie mich nicht einfach Northrup?«
»Vielleicht ist es besser, wenn Sie anonym bleiben«, erwiderte sie.
Er stützte sich mit einem Ellbogen ab und beobachtete, wie sie anmutig ihren Käsetoast in kleine Stückchen schnitt. »Vielleicht möchte ich aber gar nicht anonym bleiben.«
»Mmm.« Sie nahm einen Bissen und genoss ihn einen Moment lang. »Wer sagt denn, dass es dabei um
Ihr
Zartgefühl geht? Vielleicht will ich einfach nur nicht mit Ihnen in Zusammenhang gebracht werden.«
Er merkte, dass er grinste. »Vielleicht, vielleicht, vielleicht. Ihretwegen dreht sich alles in meinem Kopf, Meggy-Kind, wegen der endlosen Möglichkeiten, die Sie aufzählen.« Sie sah ihn finster an, und er unterdrückte ein Lachen. »Ist es nun Meggy? Oder Daisy? Ich bin ganz verwirrt.«
»So heiße ich. Daisy Margaret Ellis.« Sie nahm noch einen Bissen und machte sich dabei mit einer seltsamen Mischung aus Vergnügen und sparsamen Bewegungen über das Essen her. »Mein Vater nannte mich immer Meggy, ehe er sich auf Daisy verlegte. Clemens hat daran wohl etwas zu großen Gefallen gefunden, fürchte ich. Ehrlich gestanden finde ich beide Namen höchst bedauerlich. Warum nicht Margaret oder Meg?« Sie fuchtelte empört mit ihrer Gabel herum, ehe sie seinen Blick und das breite Grinsen bemerkte. Sofort nahm sie wieder eine betont gleichgültige Haltung an. »Sie sind eine Nervensäge, wussten Sie das? Gehen Sie bitte, ja? Ich bin nicht zu Spielchen aufgelegt.«
Sie sah ihn so traurig und bekümmert an, dass er mit ihr litt. Er kannte dieses Gefühl des Verlustes nur zu gut. Und das war auch genau der Grund, weshalb er blieb. »Ach, kommen Sie. So schrecklich kann ich doch gar nicht sein. Schließlich teilen Sie Ihren Tisch mit mir.«
»Lieber das, als eine Szene in der
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