Im Bann des Mondes
einem Schnauben. »Mein Ruf war schon ruiniert, ehe Sie aufgetaucht sind. Dafür hat Craigmore gesorgt.« Trotz ihrer energisch vorgebrachten Worte zog sie die Augenbrauen zusammen, als würde eine schmerzliche Erinnerung sie quälen.
Craigmore schien wirklich ein Mistkerl gewesen zu sein.
»Schön«, meinte Ian zufrieden. »Dann müssen wir ja nicht zu komplizierten Ausreden Zuflucht nehmen. Man wird einfach davon ausgehen, dass Sie meine Mätresse in dieser Saison sind.«
Sie rümpfte die Nase, als hätte sie etwas Unangenehmes gerochen. »Auf so etwas kann auch nur ein Mann verfallen. Ist Ihnen denn noch nicht in den Sinn gekommen, dass ich vielleicht nicht als Ihre Mätresse angesehen werden möchte?«
»Sie könnten es viel schlimmer treffen!«
Verflixt und zugenäht!
Diese Frau konnte eine Unterhaltung wirklich in eine völlig andere Richtung drehen. Unwillkürlich griff er wieder nach ihrer Hand. Mittlerweile war es ihm egal, was sie davon hielt, dass er sie immer wieder berühren musste. »Ich würde sagen, wir fühlen uns ganz wohl in der Gegenwart des anderen. Es reicht zumindest, um ein paar Wochen miteinander zu verbringen.« Sie sah ihn so entsetzt an, dass er grimmig lächelte. »Vielleicht auch weniger, wenn wir Glück haben.«
»Na,
das
ist mal tröstlich.« Sie verdrehte die Augen und versuchte, ihm ihre Hand zu entziehen.
»Das sollte es auch«, erwiderte er, ohne sie loszulassen. »Vielleicht sollte ich ein paar Dinge klarstellen. Ich bin ein Lykaner. Das bedeutet, dass mein Geruchssinn, Gehör und Sehvermögen viel besser sind als bei einem normalen Menschen.« Er neigte den Kopf zum Tresen hin. »Deshalb kann ich hören, dass Ihr Clemens mit der Bedienung schimpft, weil sie den Gin nicht verwässert hat.«
Daisys Blick schoss über seine Schulter hinweg, und bestimmt sah sie, dass Clemens sich gerade über eine Frau namens Alice beugte und über entgangene Einnahmen lamentierte. Trotzig presste Daisy die Lippen aufeinander.
»Verletzungen heilen schnell bei mir, und ich besitze die Kraft und Gewandtheit von fünf Männern.« Zehn sogar, wenn er in Höchstform war, und dem näherte er sich allmählich wieder. Mit jedem Tag, an dem er seinem Wolf mehr Freiheit schenkte, wuchs seine Kraft.
Doch Daisy sah ihn nur spöttisch an. Da griff er mit der freien Hand nach dem Zinnkrug und zerquetschte ihn. Der Metallklumpen kullerte über den Tisch, als er ihn losließ. Es verschaffte Ian eine gewisse Freude zu sehen, wie sich ihre Augen weiteten und ihr das Kinn nach unten sackte.
»Es ist meine Pflicht, diejenigen zu beschützen, die durch die Angehörigen meiner Art bedroht werden. Sie, meine Liebe, sind bedroht. So einfach ist das.«
Sie gab einen Laut von sich, der sich verdächtig nach einem Schnauben anhörte. »Ich werde Leibwächter anheuern, bis Sie die Bestie zur Strecke gebracht haben.« Sie verzog das Gesicht. »So wie Sie angeben, werden Sie das ja wohl schaffen, oder?« Ihr Blick glitt zu ihrem Handgelenk, das er immer noch festhielt. Sie zog wieder und dieses Mal fester. »Jetzt lassen Sie mich endlich los, Northrup!«
Zum Teufel!
»
Nein
.«
Sie durchbohrte ihn förmlich mit ihrem Blick. »Das ist Ihre Rache, nicht wahr? Systematisches Quälen im Gewand guter Absichten.«
»Ach, das nennen Sie also Quälen?« Er gab einen verärgerten Laut von sich. »Dass ich dafür sorge, dass Sie weiterleben … Meinen Sie etwa, ich will unbedingt das Kindermädchen für eine Frau spielen, die das gar nicht will? Für jemanden, der eine so schlechte Meinung von mir hat?«
Sie besaß den Anstand zu erröten und den Blick zu senken, doch sie widersprach ihm nicht.
»Lassen Sie mich das klarstellen. Sie wollen lieber weiter trotzig Widerstand leisten und sich ermorden lassen, als auf die Stimme der Vernunft hören und bei mir wohnen? Stimmt das? Tja, verdammt. Warum drehe ich Ihnen nicht einfach jetzt gleich den Hals um und erspare uns beiden damit viel Zeit und Ärger?«
»Sie … Sie … Mistkerl!«
Es war leicht, ihrem Tritt unter dem Tisch auszuweichen. Er grinste breit. »Immer mit der Ruhe. Sie wollen Ihren Beschützer doch nicht verletzten.«
Daisy Craigmore, die eigentlich die engelhafteste Contenance besaß, konnte einen auch mit ihrem Blick erdolchen. »Ich mag Sie nicht.«
Er zog an ihrer Hand, sodass sie sich zu ihm hinüberbeugen musste. »Mögen hat damit nichts zu tun. Ich wache über Sie, bis diese Sache erledigt ist, Daisy-Meg. Sie werden sich nicht dagegen wehren, sonst
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