Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Bann des Mondes

Im Bann des Mondes

Titel: Im Bann des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Callihan
Vom Netzwerk:
nicht unbedingt nötig sein musste. »Ich werde nicht weit sein.«
    Er wollte schon das Haus betreten, als sie ihm eine Hand auf den Arm legte und ihn zurückhielt. »Nehmen Sie das hier.« Sie reichte ihm ihr parfümiertes Tuch als notdürftigen Schutz.
    Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. »Nett von Ihnen, Mädchen. Aber ich fürchte, ich brauche meine Nase.« Seine Haut wirkte im Mondlicht leicht grau. Daisys Magen zwickte vor Mitgefühl. Sie konnte sich nicht vorstellen, freiwillig herauszufinden, woher der Geruch kam. Der schiefe, doch schicksalsergebene Ausdruck in seinen Augen verriet ihr, dass sie sich beide in dieser Hinsicht völlig einig waren. Er sagte nichts mehr, und Daisy blieb allein in der finsteren Gasse zurück.
    Nichts regte sich. Man hörte nur Northrup, der sich leise durch das Haus bewegte. Der Zugang zur Gasse lag in undurchdringlichem Dunkel. Nur in die Richtung zu schauen, ließ ihr schon das Herz bis zum Hals schlagen. Etwas Kleines, Nagetierartiges huschte an ihr vorüber. Sie zitterte und richtete den Blick auf die offene Tür zum Haus des Parfümeurs, während sie mit reiner Willenskraft Northrup dazu bringen wollte, sich zu beeilen. Umgeben vom Odem des Todes im Dunkel zu warten, ließ eine Minute zu einer Stunde werden.
    Daisy vergrub sich tiefer in ihrem Tuch, als ihr ein Gedanke kam. Northrup versuchte nur, die Witterung des Wolfs aufzunehmen. Doch es musste noch mehr getan werden. Sie zögerte. Im Gegensatz zu dem, was sie zu ihm gesagt hatte, wollte sie nicht in das Gebäude hinein. Aber ihr war klar, dass sie das musste. Sie wappnete sich gegen das, was sie erwartete, drückte das Tuch gegen ihre Nase und stapfte los.
    Das Mondlicht, das durch ein Loch im Dach fiel, beleuchtete den Trümmerhaufen im vorderen Raum, sodass hie und da Scherben zerbrochener Flaschen aufblitzten und die verschwommenen Umrisse umgeworfener Möbel zu erkennen waren.
    Daisy stieß die Luft in schneller Folge aus, während sie sich langsam vorarbeitete und unter ihren Absätzen Glasscherben knirschten. Northrup war nirgends zu sehen, und sie brachte keinen Ton heraus. Die dunklen Winkel des Raumes schienen lebendig zu sein und die Absicht zu haben, ihr zu folgen, während sie von allen Seiten näherrückten, als wollten sie sie verschlingen. Tief im Innern wusste sie zwar, dass Northrup sich in der Nähe befand, aber das hielt ihren Körper nicht davon ab zu zittern, während ihr Verstand ihr immer wieder riet wegzulaufen.
    Der Geruch war fast etwas Greifbares. Er schmiegte sich an ihre Haut und klebte an ihren Haaren. Sie schluckte, um den bitteren Geschmack, der davon ausging, loszuwerden. Ihr Magen bäumte sich auf. Als es zu ihrer Linken knackte, wirbelte sie herum, und das Herz schlug ihr bis zum Hals. Der Anblick, der sich ihr bot, war zu viel.
    Die Lippen waren zu einem makabren Grinsen verzogen, sodass die Tote Daisy zu verspotten schien. Eine fette Fliege summte um hellblonde Locken, ehe sie sich auf einer grauen Wange niederließ. Ein fast schon animalischer Schrei kam über Daisys Lippen, als sich ein Paar warmer Hände um ihre Arme schloss. Sie schrie wieder, und er zog sie an sich.
    »Ich bin’s«, sagte Northrup und drückte sie fest an sich. »Ich bin’s nur.«
    Daisy sank gegen seinen kräftigen Körper und zitterte. »War das … hat das der Werwolf getan?«
    »Nicht mit ihr, aber da liegt ein Mann hinter dem Bett. Höchstwahrscheinlich der Parfümeur. Den hat der Werwolf eindeutig auf dem Gewissen. Nein« – er zog sie wieder an sich, als sie einen Blick in die dunkle Ecke werfen wollte – »nicht hinsehen.« Einen Moment lang lag seine Hand an ihrem Hinterkopf. »Geht es Ihnen gut genug, um zu gehen?«
    Sie nickte, riss sich zusammen und löste sich von ihm, um den Raum mit schnellem, aber trotzdem stockendem Schritt zu erkunden.
    Sofort war Northrup wieder an ihrer Seite. »Was machen Sie da?«
    Sie schob einen umgeworfenen Stuhl zur Seite und öffnete den Mund gerade so weit wie nötig. »Das Buch mit den Rezepturen.«
    Sie führten eine schnelle Suche durch. Dabei hielt Daisy sich so fern wie möglich von den beiden Leichen. Ihre Hände glitten über das Durcheinander von Flaschen mit Duftölen und Essenzen. Ein Vermögen auf dem Parfümmarkt, und das meiste höchstwahrscheinlich gestohlen. Als sie sich umdrehte, stellte sie fest, dass Northrup am Fußende des Bettes der Toten stand. Mit gebeugtem Kopf betrachtete er etwas, das er in der Hand hielt. Doch es war sein

Weitere Kostenlose Bücher