Im Bann des Mondes
bei Ihnen, wenn das bedeutet, dass ich nach Hause geschickt werde, Northrup!« Daisy versuchte, sich ihm zu entwinden, doch Northrup zog sie einfach nur noch enger an sich.
»Nennen Sie mich Ian«, fuhr er sie an. »Und Sie gehen auf jeden Fall nach Hause.«
»Versuchen Sie nicht, bei mir den schottischen Lord herauszukehren.« Sie trat nach ihm, verfehlte ihn aber. »Ich entscheide, wo ich hingehe und mit wem, nicht Sie!«
Northrups Nase stieß gegen ihre. »Wovon zum Teufel reden Sie überhaupt, Sie verrückte kleine Hexe?«
»Das wissen Sie sehr gut.« Daisy ignorierte, dass ihr jedes Mal der Atem stockte, wenn er ihr zu nahe kam. »Sie regen sich auf und gehen an die Decke, während Sie einen Tonfall anschlagen, als wollten Sie einen einschüchtern.« Sie senkte die Stimme und ahmte ihn nach. »Sie werden tun, was ich sage, sonst lege ich Sie übers Knie und versohle Ihnen den Hintern!«
Plötzlich war es mucksmäuschenstill, und man hörte nur Billys Gemurmel, das sich über verrückte Frauen ausließ. Northrup zog die Augenbrauen zusammen, und seine Lippen bildeten einen schmalen Strich, der in den Winkeln zuckte. Dann brach er plötzlich in brüllendes Gelächter aus, das wie eine warme Woge über sie hinwegging. In seinen Augenwinkeln bildeten sich Fältchen, als er sich verbeugte und sich einer noch deftigeren Wortwahl befleißigte. »Aber hallo, Mädchen, das können Sie einem Mann wohl nicht übel nehmen, dass er Ihnen an Ihren hübschen runden Hintern will, oder?«
Heiße Röte stieg ihr in die Wangen. »Mistkerl«, zischte sie, was ihn nur wieder in Lachen ausbrechen ließ.
Der andere Gauner wich währenddessen weiter zurück und hob beide Hände, als wollte er Northrup besänftigen. »Tut mir leid, Schätzchen.« Northrup knurrte, als er das Kosewort hörte, und Billy ging schneller. »Aber Macht geht vor Recht, wie es so schön heißt.« Er nickte ihr noch einmal entschuldigend zu, ehe er sich umdrehte und die Flucht ergriff.
»Recht geht vor, Sie miese, kleine Ratte«, brüllte sie ihm hinterher, ehe sie sich wieder zu Northrup umdrehte. »Jetzt sehen Sie sich an, was Sie angerichtet haben. Sie haben ihn verjagt.«
Northrup verschränkte die Arme vor der Brust. »Was geht mich das an?« Wieder trat dieser wilde Ausdruck in seine Augen, und ihr lief ein Schauer über den Rücken. »Stört es Sie, dass er nicht mehr da ist? Das scheinen Sie ja sehr angenehm gefunden zu haben, Seite an Seite mit ihm zu gehen. Wo haben Sie den überhaupt aufgegabelt? Sind Sie in der Gosse über ihn gestolpert?«
Vor Schreck musste sie unwillkürlich lachen. »Sind Sie etwa eifersüchtig auf Billy Finger?«
Um sein Kinn zuckte es, als hätte man ihm einen Schlag verpasst, aber er rückte näher. »Antworten Sie auf die Frage, Daisy.«
»Welche von den vieren?«
Northrups Augen funkelten im Mondlicht. »Wo haben Sie ihn aufgegabelt?«
»Himmel, Sie sind ja neugieriger als zehn Katzen …«
»Das ist bei Wölfen so«, erwiderte er höflich.
Ihr Herz setzte einen Schlag aus, aber ihre hochmütige Haltung gab sie trotzdem nicht auf. »Er ist ein Freund von Miranda.«
Wie erwartet nahm ihm der Name ihrer Schwester den Wind aus den Segeln. Er drehte sich um und blickte nachdenklich die leere Straße hinunter. »Dachte ich’s mir doch, dass er mir bekannt vorkommt.«
»Und woher kennen Sie ihn?«, wollte Daisy wissen.
Northrup zögerte nur einen Moment. »Ich habe ihn einmal mit Miranda in Bethnal Green gesehen. Sie setzte gerade die ganze Straße in Brand«, erzählte er. »Ich nehme nicht an, dass Sie die gleiche Gabe besitzen? Das könnte manchmal nämlich ganz praktisch sein.«
Sie hatte damit gerechnet, trotzdem traf seine Frage sie mit schmerzhafter Wucht. »Nein.« Sie wandte den Kopf ab und blinzelte heftig. »Das stellt wohl eine weitere Enttäuschung dar, nehme ich an.«
Northrup war dabei gewesen, das Haus am anderen Ende der Straße mit finsterem Blick zu betrachten, doch jetzt fuhr sein Kopf herum. »Was?« Als sie nichts sagte, kam er angestapft, packte ihre Hand und zwang sie, ihn anzusehen. Ein fast schon wütender Ausdruck lag auf seinem Gesicht, doch als er sprach, klangen seine Worte überraschend sanft. »Das Einzige, was mich an Ihnen enttäuscht, ist, dass Sie immer genau dort auftauchen, wo ich Sie überhaupt nicht haben will.«
Vor Rührung schnürte sich ihr die Kehle zu, und sie musste sich anstrengen, um überhaupt einen Ton herauszubekommen. »Wo wollen Sie mich denn haben?«
Er
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