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Im Bann des Mondes

Im Bann des Mondes

Titel: Im Bann des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Callihan
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presste die Lippen aufeinander. Einen Moment lang dachte sie, dass er nicht antworten würde. Doch dann wich die Anspannung von ihm und er strich ihr mit dem Daumen über die bloßen Finger. Halbseidene Frauen trugen keine Handschuhe. »Nicht hier.« Er zog sie näher an sich. »Lassen Sie sich von mir nach Hause bringen, Daisy.«
    »Hören Sie, Northrup, entweder diskutieren wir unnötig lange in dieser übelriechenden Gasse weiter und gehen dann in diese Bruchbude rein, oder wir einigen uns jetzt und gehen sofort in die Bruchbude rein.«
    Northrups Lippen zuckten, als wüsste er nicht, ob er nun lachen oder schreien sollte, doch dann holte er plötzlich tief Luft und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. »Na gut. Aber ich gehe hinein, und Sie warten hier.« Er hob einen Finger und bedachte sie mit einem Blick, der jeder Gouvernante Ehre gemacht hätte. »Kein Widerspruch, sonst werfe ich Sie mir über die Schulter und marschiere nach Hause … ob Sie nun wollen oder nicht.«
    »Sie kehren wieder den Schotten heraus.« Sie grinste, als er sie finster anblickte. »Schon gut. Schon gut. Sie haben gewonnen. Können wir jetzt bitte endlich weitermachen?«
    Seine Welt bestand nur aus Schmerz und Dunkelheit. Bilder aus seiner Vergangenheit blitzten vor ihm auf. Erinnerungen, die er nicht verstand. Instinktiv sehnte er sich nach frischer Luft und Wiesen voller Blumen und Kräuter, über die er unbeschwert laufen konnte … und nach der Jagd. Nach dem Geschmack von Blut und Fleisch. Wie sehr es ihn danach dürstete. Sein Magen knurrte vor Hunger und Durst. Ein Schmerz, der ihn ein lautes Heulen ausstoßen ließ.
    Der Lykaner hatte ihn gefasst. Der Mistkerl. Sein Folterknecht. Derjenige, der ihn die ganze Zeit in Aufruhr versetzte.
    Ein heftiger Schmerz erschütterte seinen Körper, sodass er sich auf den feuchtkalten Zellenboden kauern musste. Irgendwo tropfte Wasser, und das Geräusch löste brennenden Durst in ihm aus. Hufgeklapper drang von draußen herein und ließ ihn zusammenzucken. Er spürte die Kraft des Mondes. In jener anderen Nacht hatten ihn die Strahlen gewärmt. Und dann hatten sie ihn wieder aufgespürt. Und wieder eingesperrt. Er knirschte mit den Zähnen.
    Es war wie Balsam für seine Seele, als die Erinnerung zurückkehrte … an hellblaue Augen und einen lächelnden Mund, mit Haar so golden wie Sonnenlicht auf einem Weizenfeld. Er kannte keine Farben. Er konnte sie auch nicht sehen. Nur in seiner Erinnerung. Er winselte, weil die Verwirrung so sehr schmerzte. Tief in seinem Innern ertönte ein Schrei. Der Schrei eines Mannes. Der Mann wollte die Frau. Er sehnte sich nach ihr. Ihr Duft löste ein ständiges, quälendes Verlangen aus. Seine Frau. Die Einzige, die sich je etwas aus ihm gemacht hatte. Wieder blitzte eine Erinnerung auf. Seine Frau, die tot auf einer Bettstatt lag, ihr Körper so übel zugerichtet wie sein menschlicher Leib. Wunden und Schmerzen. Sie konnte nicht tot sein. Er nahm immer noch ihren Geruch wahr. Wie konnte das sein?
    Verwirrung und Zorn ließen alles verschwimmen, bis er aufsprang, den Schädel gegen die Gitterstäbe krachen ließ und seine Zähne nach dem Eisen schnappten.
    Raus.
Er wollte raus. Der Mann in seinem Innern wollte auch raus.
    »Zu ihr«
, flehte der Mann.
»Finde sie, und der Schmerz wird aufhören.«
    Der Wolf musste das glauben. Er und der Mann waren so lange eins gewesen. Seine Erinnerung war auch die des Mannes. Sie mussten beide nur raus. Wieder und wieder warf sich der Wolf gegen das Gitter seines Käfigs. Und jedes Mal verbogen sich die Eisenstäbe ein bisschen mehr.
    Northrup brachte seine schottischen Anwandlungen unter Kontrolle, aber nicht sein Gebrummel. Die ganze Zeit, während er sie wieder durch die stinkende Gasse zum verlassenen Haus des Parfümeurs führte, beschwerte er sich. Daisys Augen fingen an zu tränen, als der Gestank sie mit voller Wucht traf. Sie atmete einmal kurz ein, um vielleicht irgendetwas Nützliches zu erschnuppern. Verborgen unter dem schrecklichen Gestank aus Tod und Verwesung nahm sie eine fast schon schmerzhafte Mischung aus zahlreichen elementaren Duftnoten und blumigen Aromen wahr. Ja, hier war Parfüm hergestellt worden.
    Als er sich zu ihr umdrehte, waren Northrups Lippen vor Widerwillen ganz schmal geworden,. »Sie warten hier. Holen Sie Ihre kleine Pistole heraus, und schießen Sie auf alles, was in Ihre Nähe kommt … ohne zu zögern.« Er sprach abgehackt, als versuchte er, nicht zu atmen oder zu riechen, wenn es

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