Im Bann des Mondes
Das Mondlicht fiel auf seine strengen Gesichtszüge und enthüllte das grausame Lächeln, das seine Lippen umspielte. »Doch es wird Ihnen nichts nützen, wenn Sie tot sind.«
Daisy überwand den ersten Schreck und stürmte voran. »Lassen Sie ihn los, Northrup!« Rücksichtslos hieb sie mit ihrem Täschchen auf Northrups Schulter ein. »Weg von ihm, Sie Trampel.«
Northrup ließ sein Opfer los, und Billy rutschte an der Mauer nach unten, während Northrup sich wütend zu ihr umdrehte. »Himmel, Frau, was haben Sie bloß in diesem mickrigen Täschchen? Steine?« Ärgerlich rieb er sich die Schulter.
»Eine Handfeuerwaffe«, erwiderte sie und wühlte in ihrer Tasche, um eine Pistole hervorzuholen.
Billy, der auf wackeligen Beinen hochkam, spuckte auf den Boden, ehe er sie ebenfalls finster anstarrte. »Na, das ist ja die richtige Stelle, um Ihr Schießeisen aufzubewahren. Wäre es nicht ein bisschen hilfreicher gewesen, die Pistole in der Hand zu halten?«
Northrup ächzte. Sein Blick sank auf ihren aus dem Kleid quellenden Busen, und seine Nasenflügel flatterten. Ein durchtriebener Ausdruck trat in seine Augen. »Ach, ich weiß nicht. Sie hätte sich wahrscheinlich in den eigenen …
Fuß
geschossen.«
Daisy lehnte es ab, diese Bemerkungen auch nur eines Wortes zu würdigen. Stattdessen schob sie die Pistole wieder in ihr Täschchen. Sie war jetzt ohnehin nutzlos. »Im Übrigen … was zum Teufel denken Sie sich eigentlich dabei, einfach so von Hausdächern zu springen? Wollen Sie die Leute zu Tode erschrecken?«
Northrup zog die Augenbrauen hoch. »Ich musste ja wohl vom Dach springen, um nach unten zu kommen, oder?«
»Ist es etwa ungehörig, wie ein ganz normaler Mensch die Straße zu benutzen?« Wieder schlug sie mit ihrer Tasche auf seine Schulter ein. Das Scheusal hatte sie in Todesangst versetzt und bestimmt seinen Spaß dabei gehabt.
»Aua! Und nein, aber es ging nicht anders«, sagte er. »Ich musste schließlich einer Verrückten hinterherjagen.« Er schnaubte vor Abscheu. »Ich hätte nicht übel Lust, Sie für Ihre Dummheit übers Knie zu legen; ganz abgesehen davon, dass Sie mich ohne Unterlass beleidigen. Gütiger Himmel, ich hätte es wissen müssen, dass Sie was vorhaben … so eigensinnig wie Sie sind. Aber auf so etwas Idiotisches wäre ich nie gekommen.«
Daisy brummte den übelsten Fluch, der ihr einfiel, und Northrup verdrehte die Augen. »Ich werde das irgendwann einmal in Erwägung ziehen. Aber jetzt können Sie mir erst mal erzählen, wen Sie hier eigentlich suchen.«
»Den Parfümeur«, erwiderte sie. »Offensichtlich hat der Parfümeur, mit dem ich zusammenarbeite, meine Rezeptur an einen Mann verkauft, der den Duft aus billigeren Essenzen zusammenbraut und dann an Läden und Privatpersonen verkauft.«
Northrup drehte sich zu dem baufälligen Haus um und bedachte es mit einem finsteren Blick. »Natürlich. Ich hatte nicht daran gedacht, direkt zur Quelle zu gehen«, überlegte er laut, um sie dann ärgerlich anzusehen. »Mir wäre viel Ärger erspart geblieben, hätten Sie die Güte gehabt, diese Kleinigkeit mir gegenüber zu erwähnen.«
Daisy unterdrückte das nagende Schuldgefühl, das in ihr hochkommen wollte.
»Sieh mal an«, ertönte eine Stimme. »Ihr beiden scheint euch ja gut zu verstehen. Vielleicht sollte ich Sie lieber allein lassen?«
Billy
, fiel ihr wieder ein. Sie hatte ihn beinahe vergessen. Als sie sich zu ihm umdrehte, wollte er sich gerade langsam rückwärts entfernen. »Oh nein, das werden Sie nicht.« Daisy ließ Northrup stehen und ging Billy hinterher. »Ich habe Ihnen gutes Geld gezahlt.« Sie zeigte mit dem Finger auf Billy. »Und das beinhaltet, dass Sie mich nicht an den erstbesten Mann abwimmeln, der Ihnen in die Quere kommt.«
In Wahrheit beunruhigte sie die Vorstellung, mit Northrup allein zu sein, in mehr als einer Hinsicht. Sie hätte ihn in ihre Pläne einbeziehen müssen und ihm vertrauen sollen, denn sie sah, dass er sich trotz seiner ziemlich bissigen Kommentare wirklich um ihr Wohlergehen Sorgen machte. Die Vorstellung, ihm mit diesem Wissen gegenüberzutreten, ließ sie sich innerlich vor Scham winden.
Northrup griff nach ihrem Arm und zog sie zurück. »Abwimmeln?« Vor Wut zog er die Augenbrauen zusammen. »Sind Sie jetzt völlig verrückt geworden?« Er bedachte Billy mit einem so finsteren Blick, dass der arme Mann zusammenzuckte. »Sie bleibt bei mir. Verschwinden Sie, ehe ich die Geduld mit Ihnen verliere.«
»Ich bleibe nicht
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